Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)
holte.
»Mir schmeckt es.«
»Schmeckt es sonst noch jemandem?«
»Gute Frage. Das werden wir dann ja sehen.«
Die Wanne war schon halb voll und das Wasser heißer, als sie erwartet hatte. Sie ließ ein bisschen kaltes dazulaufen und wünschte, es gäbe einen duftenden Badezusatz.
Sie zog sich aus und stellte fest, dass ihr die Beine und der Rücken wehtaten. Hoffentlich war sie am nächsten Tag nicht zu steif zum Laufen. Mit dem Weinglas in der Hand stieg sie ins Wasser. Trotz der schlichten Umgebung kam ihr die Situation luxuriös vor.
Es gab eine kleine separate Duschkabine, und Luke hatte sein benutztes Handtuch über die Stange gehängt. Die Vorstellung, dass er nur wenige Minuten vor ihr nackt hier gewesen war, rief ein Kribbeln in ihrem Bauch hervor.
Sie wusste, was an diesem Wochenende möglicherweise passieren würde. Zum ersten Mal würden sie sich nicht am Auto verabschieden; heute würde sie nicht ins Wohnheim zurückfahren. Doch mit Luke zusammen zu sein fühlte sich natürlich an, es fühlte sich richtig an. Obwohl sie zugeben musste, dass sie in solchen Dingen nicht besonders erfahren war. Brian war der erste und einzige Mann, mit dem sie bisher geschlafen hatte. Es war nach dem Weihnachtsball passiert, als sie schon zwei Monate ein Paar waren. Sophia hatte nicht damit gerechnet, aber wie alle anderen amüsierte sie sich und trank ein bisschen zu viel, und hinterher nahm er sie mit aufs Zimmer. Sie knutschten auf seinem Bett. Brian ließ nicht locker, der Raum drehte sich, und eins führte zum anderen. Am nächsten Morgen war sie nicht sicher, was sie davon halten sollte. Und Brian war ihr auch keine Hilfe – sie erinnerte sich vage daran, dass er sich am Vorabend mit einigen Freunden zu Bloody Marys in einem der Zimmer verabredet hatte. Also stolperte sie mit einem Kopf so groß wie Wisconsin in die Dusche, und während der Wasserstrahl von ihrem Körper abprallte, rasten ihr eine Million Gedanken durch den Kopf. Sie war erleichtert, es endlich getan zu haben, weil sie sich natürlich gefragt hatte, wie es wohl wäre, und sie war froh, dass es mit Brian passiert war. Gleichzeitig war sie allerdings auch ein wenig traurig. Sie konnte sich vorstellen, was ihre Mutter denken würde – oder, Gott bewahre, ihr Vater –, und offen gestanden hatte sie selbst gedacht, es sei ... mehr . Bedeutsamer. Romantischer. Denkwürdiger. In diesem Moment wünschte sie sich einfach nur zurück in ihr Wohnheim.
Und jetzt war sie zum ersten Mal seit Brian über Nacht mit einem Mann allein. Sie wunderte sich, dass sie nicht nervös war. Ganz entspannt strich sie sich mit dem Waschlappen über ihre Haut und malte sich aus, was Luke gerade in der Küche machte. Sie fragte sich, ob er an sie dachte, sich vielleicht sogar vorstellte, wie sie ohne Kleider aussah, und wieder spürte sie das Kribbeln im Bauch.
Sie wollte es, stellte sie fest. Sie wollte sich in jemanden verlieben, dem sie vertrauen konnte. Und sie vertraute Luke. Noch nie hatte er sie zu etwas gedrängt, nicht ein Mal hatte er sich nicht wie ein perfekter Gentleman verhalten. Je mehr Zeit sie mit ihm verbrachte, desto überzeugter war sie davon, dass er der mit Abstand attraktivste Mann war, den sie je getroffen hatte. Wen sonst kannte sie, der so handwerklich talentiert war? Wer sonst brachte sie so zum Lachen? Wer war so klug und charmant, selbstständig und zärtlich? Und wer sonst würde mit ihr an einem der schönsten Flecken der Erde reiten gehen?
Als sie so warm und entspannt in der Wanne lag und an ihrem Wein nippte, fühlte sie sich zum ersten Mal richtig erwachsen. Sie trank das Glas aus, und als das Wasser langsam abkühlte, stieg sie aus der Wanne und trocknete sich ab. Sie suchte in ihrer Tasche nach einer Jeans, doch dann fiel ihr ein, dass sie noch nie etwas anderes getragen hatte, wenn sie mit ihm zusammen war. Deshalb überlegte sie es sich anders und zog einen Rock und eine eng anliegende Bluse heraus. Sie stylte sich die Haare und war froh, dass sie daran gedacht hatte, den Lockenstab und den Föhn mitzunehmen. Dann kam das Make-up. Sie trug etwas mehr Wimperntusche und Lidschatten auf als normal, wobei sie immer wieder über den beschlagenen alten Spie gel wischen musste. Vervollständigt wurde das Outfit von einem Paar goldener Creolen, die ihre Mutter ihr im vergangenen Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte.
Zum Schluss musterte sie sich noch einmal von Kopf bis Fuß, holte tief Luft, nahm ihr leeres Marmeladenglas und
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