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Kein Schlaf für Commissario Luciani

Kein Schlaf für Commissario Luciani

Titel: Kein Schlaf für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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der Maschine von der Straße abkam, wusste er, dass es vorbei war. Da nahm er die Pistole und brachte sich um.«
    »Ohne jeden Abschiedsgruß?«
    »Er hatte kein Papier und keinen Stift dabei. Was hätte er außerdem sagen sollen?«
    |331| Giampieri war kein bisschen überzeugt. »Aber was sollte das für einen Sinn haben, von Cannes nach Nizza zu fahren und dann weiter ins Landesinneres? Wollte er wieder nach Italien zurück?«
    »Oh, das dürfen Sie mich nicht fragen. Er wird den Kopf verloren haben, in Panik geraten sein.«
    Der Ingenieur schüttelte weiter den Kopf. »Er hat sich im Hotel unter seinem richtigen Namen angemeldet. Wenn man auf der Flucht ist, tut man so etwas nicht.«
    »Wie gesagt, er hatte den Kopf verloren. Vielleicht hoffte er insgeheim sogar, dass man ihn fasst, und legte Spuren.«
    Küchenpsychologie, dachte Giampieri: »Wenn jemand geschnappt werden will, dann lässt er sich schnappen, und das war’s.«
    Der Kollege machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ach, die menschliche Seele ist nicht so leicht zu ergründen. Und die der Italiener erst …«
    Giampieri spürte auf einen Meter Entfernung, wie es Iannece in den Fingern juckte, warf ihm aber einen schnellen Blick zu, der so viel hieß wie: Vergiss es!
    »Ich habe gehört, dass die Leiche eingetroffen ist. Ich werde ihn identifizieren, wenn Sie nichts dagegen haben.«
     
    »Auf den Abschluss des Falls Ameri.«
    »Prosit.«
    Der Chef trank in einem Schluck das halbe Bier, wurde bleich und stellte den Krug auf den Tisch.
    »Verdammte Scheiße. Die Rauchbombe.«
    »Jetzt sag nicht, du hast sie stecken lassen!«
    »Scheiße. Die solltest du doch mitnehmen.«
    »Ich? Das war deine Idee, mit der Rauchbombe. Für mich wäre das Motorrad im Straßengraben mehr als genug gewesen. Aber du hast ja diese Manie, immer den Großmeister rauszukehren …«
    |332|
»Scheiße, Scheiße, Scheiße! Jetzt zurückzufahren ist zu gefährlich.«
    »Vielleicht finden sie sie gar nicht.«
    »Ja, und vielleicht werde ich demnächst zum Staatspräsidenten gewählt.«
    Belmondo grinste. »Vielleicht finden sie sie nicht,« sagte er, wobei er die Hand öffnete, »weil ich sie mitgenommen habe. Und Staatspräsident werde ich.«
    Dann warf er die kleine rote Rauchbombe seinem Chef ins Bier.
     
    Er hatte ihn vorher nie gesehen, außer auf Fotos oder im Fernsehen, und ihm war nicht klar gewesen, wie sehr er seiner Schwester ähnelte. Er war ohne Vater aufgewachsen, und das, soviel wusste er dank seiner Studien, blieb statistisch gesehen nicht ohne Folgen. Ein Anwalt hätte das als Rechtfertigung angesehen, der Ingenieur dagegen sah es als das an, was es war: eine verstärkte Disposition zu kriminellem Verhalten. Maurizio Merli trug noch immer Motorradstiefel und -overall. Als sie ihn gefunden hatten – ein Bauer hatte das Motorrad am Straßenrand bemerkt und gemeldet –, war er bereits tot gewesen. Man brauchte ihn weder zu entkleiden noch zu waschen, um die Wunde freizulegen, wie es bei Barbara geschehen war. Und der Schauplatz des Selbstmords war kaum kontaminiert worden, nur der Bauer mochte, als er zu Hilfe eilte, die Leiche ein bisschen verschoben und Fußspuren hinterlassen haben. Giampieri würde sich von den Franzosen die Fotos vom Tatort und den Autopsiebericht schicken lassen. Wenn es etwas Auffälliges gab, würden sie es finden.
    Er schaute noch einmal das Gesicht des Toten an. Du warst einer von denen, die sich für knallhart halten, dachte er, bis sie einen finden, der noch viel härter ist. Kein großer Verlust für die Menschheit. Er warf einen letzten Blick |333| auf den Blutklumpen an der linken Schläfe, auf die zertrümmerten Finger der rechten Hand, dann signalisierte er dem Helfer, dass er ihn wieder zudecken konnte.
     
    Merli lebendig zurück nach Italien zu bringen wäre ziemlich kompliziert gewesen, sein Leichnam machte weniger Scherereien. Es musste aber trotzdem abgewartet werden, bis die Franzosen die Autopsie und sämtliche Analysen durchgeführt hatten, und so würden mehrere Tage vergehen, ehe der Leichnam einträfe.
    Der Ingenieur stieg ins Auto und bat Iannece, langsam zu fahren. Er wollte in aller Ruhe über die Geschehnisse der letzten Stunden nachdenken, ohne sich um seine körperliche Unversehrtheit zu sorgen.
    »Es ist jedenfalls besser so, Herr Ingenieur. Wenn man ihn bei lebendigem Leib geschnappt hätte, wäre er in weniger als zehn Jahren wieder auf freiem Fuß gewesen. Es hat keinen Sinn, Leute wie den in den Knast zu

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