Kein Schlaf für Commissario Luciani
stecken.«
»Sinn hätte Zwangsarbeit.«
»Schön wär’s. Aber in unseren Gefängnissen ist die Arbeit eher Muße als Buße.«
Giampieri lächelte über dieses Wortspiel. »Ja. Vielleicht sollte man wieder die christlichen Bußanstalten einführen.«
Sie waren noch auf der Autobahn, als Giampieris Handy klingelte. Auf dem Display erschien »Savonarola«, einer der Spitznamen, die er Luciani verpasst hatte.
»Hallo Nicola. Ich habe eben die Nachricht im Fernsehen gehört. Ich wollte dir nur meinen Glückwunsch aussprechen.«
Giampieri spürte, dass er errötete. Wie albern, Luciani war nicht einmal mehr sein Vorgesetzter. »Danke. Und entschuldige wegen meines Anrufs neulich. Ich war ein bisschen im Stress.«
|334| »Nicht der Rede wert. Du hattest recht. Wenn ich nicht dazwischengefunkt hätte, wäre Merli vielleicht nicht abgehauen, und dann würde er jetzt vielleicht noch leben.«
»Hypothesen, Hypothesen, Marco. Ermittlungsarbeit kann man nicht mit Hypothesen leisten. Inzwischen haben wir Fakten. Wie auch immer, womöglich war es eine unserer Beamtinnen, die ihn aufgescheucht hat.«
»Blondie?«
»Ja.«
»Ist die neu?«
»Ja.«
»Eine unserer, Verzeihung, eurer Spitzenkräfte, dem Augenschein nach zu urteilen.«
»Ja.«
Giampieri war allzu lakonisch. Der Kommissar merkte sofort, dass er, was das Mädchen anging, nicht zu Scherzen aufgelegt war.
»Wie auch immer: Ende gut, alles gut, oder? Der Fall ist gelöst, und du stehst kurz vor dem großen Karrieresprung.«
»Na ja … ich würde nicht meinen Kopf darauf verwetten.«
»Worauf? Auf die Lösung des Falles oder die Beförderung?«
»Auf beides nicht. Ich weiß nicht, ist nur so ein Gefühl, aber irgendetwas passt da nicht zusammen … Na ja, lass uns von etwas anderem reden. Entschuldige, ich habe dich nicht einmal gefragt, wie es deinem Vater geht.«
Marco Luciani seufzte: »Auch hier ist es fast vorbei, zum Glück. Ich sollte jetzt besser los, ich glaube, er ist aufgewacht.«
Gegen zehn sah der Ingenieur auf dem Display die soundsovielte Nachricht blinken. Aber diesmal war es die Nachricht, auf die er gewartet hatte.
|335|
»Fall gelöst. Du schuldest mir Abendessen.«
Stefania wollte kein Zeit mehr verlieren.
Er tippte rasch in die Tastatur:
»Gern, aber wir sollten nicht zu siegessicher sein.«
»???«
»Erklär ich dir morgen.«
»Okay.«
Er sagte sich, dass er die Sache jetzt durchziehen musste, denn am nächsten Tag würde er nicht einen ruhigen Moment mehr finden.
»Passt dir morgen Abend für das Essen?«
»Okay. Wo?«
Der Ingenieur wollte sich mit der Beamtin lieber nicht in der Öffentlichkeit zeigen. Zumindest vorerst nicht. Außerdem, warum sollten sie Zeit in einem Restaurant vergeuden, wenn sie beide wussten, worauf die Sache hinauslief?«
»Besser kein Restaurant. Ich bereite ausgezeichnetes Abendessen, falls du mir traust.«
Er erfreute sich sehr an diesem Doppelsinn: ihm als Koch oder als Gentleman zu trauen. Was für ein Fehler. Als Koch war er eine Niete, er würde etwas in einer Rosticceria besorgen. Und als Gentleman verdiente er noch weniger Vertrauen.
Das Handy schwieg eine unendlich scheinende Weile, aus Giampieris Gesicht verschwand nach und nach das triumphierende Grinsen. Er begann sich zu fragen, ob er nicht alles als viel zu selbstverständlich aufgefasst hatte. Hatte der Riesendusel der letzten Woche dafür gesorgt, dass er die Bodenhaftung verlor? Vielleicht war er kein unwiderstehlicher Verführer, sondern ein prätentiöser Dämlack. Keine Antwort. Er hielt den Atem an, sein Herz blieb stehen. Aber Stefania Boemi hielt in beiden Händen den Defibrillator, der ihn wieder ins Leben zurückholen konnte. »Spannung 220 Volt! Los!« Es herrschte noch ein |336| Augenblick Stille, dann traf die SMS ein: »Biep, biep«, Giampieris Herz fing wieder zu schlagen an.
»Warum habe ich das Gefühl, dass ich der Hauptgang bin?«
Sie war nicht sauer, sie fühlte sich geschmeichelt.
»Ab übermorgen lebe ich vegetarisch ☺ «
Das Telefon schwieg wieder, aber diesmal war der Ingenieur nicht beunruhigt. Die Antwort, auf die er wartete, kam kurz darauf.
»Habe seit heute Wohnungsschlüssel. Bring Champagner mit, Rest besorge ich.«
Es folgten Adresse und Uhrzeit, wie bei einer offiziellen Einladung.
Stefania wollte auf heimischem Terrain spielen. Das war okay. Im Grunde war es ihr erstes Treffen.
Er tippte nur
»großartig«
ein und schickte es ab.
Als er nach Hause kam, kontrollierte der
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