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Kein Schlaf für Commissario Luciani

Kein Schlaf für Commissario Luciani

Titel: Kein Schlaf für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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war, oder ob man sie nach Genua geschickt hatte, um Nicola auf eine falsche Fährte zu locken. Und dafür gab es nur eine Methode.
    Er trat an sie heran, schaute ihr in die Augen, fuhr ihr mit einer Hand durchs Haar und versuchte, sie ein wenig an sich heranzuziehen. Stefania wurde stocksteif und stoppte ihn vehement.
    »Was machen Sie da?«
    Marco Luciani sagte nichts.
    »Was soll dieser verdammte Scheiß?«, schrie sie und schubste ihn weg. »Schämen Sie sich denn nicht? Nicola … er … du warst sein bester Freund.«
    Sie ging rückwärts Richtung Küche, dann ließ sie sich auf den Boden gleiten und blieb so sitzen. Wunderschön. Hinter ihrem langen blonden Haar heulte sie wie ein Schlosshund.
    Sie spielt mir nichts vor, dachte der Kommissar. Sie spielt mir nichts vor. Das war keine Berechnung gewesen, keine Mausefalle mit Speck, kein Wolf, der auf der Lauer lag. Nicola war gegenüber Frauen nicht so naiv wie er.
    Der Kommissar wollte ihr erklären, warum er sie angemacht hatte, aber als er sie so auf dem Boden sah, zusammengekauert und heftig schluchzend, hielt er es für besser, schnellstens das Feld zu räumen.
    |417| Er sagte nur: »Entschuldige«, stand auf, schloss die Tür hinter sich und trat hinaus auf die Straße.
     
    Sie hatten die Lieferung einem armen Schwein abgenommen, das achtunddreißig Heroinkapseln geschluckt hatte und am Flughafen kollabiert war – fast wäre er hops gegangen dabei. Insgesamt waren vier Beamte an der Operation beteiligt gewesen. Ruggeri händigte Calabrò Fotos und Personalien aus, aber der wusste schon, wer die Kapseln neununddreißig und vierzig eingesteckt hatte.
    »Davide Risi«, dachte der Inspektor. »Warum bin ich da nicht viel früher drauf gekommen?« Er hatte ihn ein paarmal mit Giampieri vom Mittagessen kommen sehen. Wer weiß, ob das samstags gewesen war, und wohin sie zusammen essen gegangen waren.
     
    Marco Luciani zog Joggingschuhe an, außerdem T-Shirt und Shorts, die im Auto gelegen hatten. Dann begann er zu laufen. Er wollte dieses Schamgefühl loswerden, ihm einfach davonlaufen. Er schaltete den neuen Discman an, und ganz allmählich beruhigte er sich. Die Musik, die er ausgesucht hatte, gab den idealen Laufrhythmus vor, weder zu schnell noch zu langsam, und diese anheimelnde, zuversichtliche Stimme war die eines Mannes, der tat, wozu er Lust hatte, wozu er geboren war:
    Häuser aus Brot
    Froschkonferenzen
    Rentnerinnen, die in Cadillacs tanzen
    Goldene Muskeln, Lorbeerkränze
    Liebeslieder für Kinder im Frack
    Er war geboren, um Polizist zu werden, was auch immer er sich einreden wollte. Nur an vorderster Front fühlte er sich als Gleicher unter Gleichen, und dennoch besser als |418| seine Zeitgenossen. Er konnte Mitleid mit dem Schmerz anderer Menschen fühlen und für ein klein wenig Ordnung sorgen in einer Welt ohne Spielregeln, wo die Schlauen und Brutalen sich immer die Filetstücke schnappten.
    Herrenlose Hunde
    Kamele und Drei Könige
    Vielleicht ist das schädlich, aber es gefällt mir
    Im Netz zu sein
    In einem Atemzug zu leben
    Mich über der Schlucht auszustrecken
    und hinunterzublicken
    Schwindel kommt nicht
    Von der Angst vor dem Absturz
    Sondern von der Lust zu fliegen
    Er dachte an Nicola, der über dem Abgrund hing, immer bereit, sich ins Leben zu stürzen, es an sich zu reißen. Er probierte seine Salti mortali ohne Netz und doppelten Boden und pfiff auf die Höhenangst. Für Luciani dagegen war die Höhenangst immer die Rettung gewesen, Höhenangst und die Angst, sich gehenzulassen. Er war in Sicherheit dank seiner Regeln, der mönchischen Disziplin, die er sich auferlegt hatte, und er wusste genau, wie teuer es einen manchmal zu stehen kam, wenn man den Kontakt zur Realität verlor.
    Er begann zu weinen, dachte aber nicht daran, den Lauf abzubrechen, die Tränen quollen hervor und mischten sich mit den Schweißtropfen, die von seinen Schläfen rannen.
    Wölfe auf der Lauer
    Das Schlimmste ist überstanden
    Ich vertraue dir
    Ich vertraue dir
    Ich vertraue dir
    |419| Nicola hatte vor irgendetwas Angst gehabt, dachte er, und trotzdem hatte er sich aufs Kreuz legen lassen. Jemand hatte seine Achillesferse gefunden und erbarmungslos zugeschlagen. Wem hast du vertraut, mein Freund? Wem hast du vertraut?
     
    »Also, dann bleibt es bei morgen.«
    »Ja, bis morgen.«
    »Aber niemand darf davon erfahren. Weder der Polizeichef noch die Serra oder die Jungs. Nur du, ich, Venuti und Iannece.«
    Vitone schnaubte: »Na klar. Wofür hältst du

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