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Kein Schlaf für Commissario Luciani

Kein Schlaf für Commissario Luciani

Titel: Kein Schlaf für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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allen voran die nächsten Angehörigen, seit Kain und Abel, oder Freunde, die Liebhaber sein wollen, oder Liebhaber, die keine Freunde mehr sein wollen. Vielleicht ist die Phantasie ein Nachteil, für einen Polizisten ebenso wie für einen Tennisspieler. Im entscheidenden Satz sollte man lieber auf spektakuläre Aktionen verzichten und nur den Sieg einfahren.
    Er kam gegen elf nach Rapallo. Er hatte sich Zeit gelassen und war zwischen die Mailänder geraten, die übers Wochenende an die Riviera fuhren, aber jetzt kam es auf eine Stunde hin oder her nicht mehr an. Er klingelte an der Gegensprechanlage: keine Antwort. Dann klingelte er nebenan, und das Glück war ihm hold: Es war eine Nachbarin wie aus dem Bilderbuch, schon etwas betagt und ausgesprochen neugierig. »Endlich habt ihr euch herbequemt«, sagte sie und bot dem Kommissar einen Sitzplatz an. »Ich wusste, dass da irgendetwas nicht stimmt. Ein zwielichtiger Umgang, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Ich meine, gut, die jungen Leute machen heutzutage, was sie wollen, auch schon vor der Ehe, aber dann sollen sie es wenigstens zwischen Mann und Frau tun.«
    Der Kommissar saß auf dem Sofa und ließ einen Pfefferminztee |447| und einen mindestens zwanzigminütigen Erguss über den Niedergang des Abendlandes über sich ergehen, aber am Ende wusste er, dass es zwecklos war, vor dem Haus zu warten.
    »Ich glaube, dieses Wochenende macht der Verein einen Ausflug in die Berge. Normalerweise brechen sie am Samstagmorgen zeitig auf und kommen Sonntagabend zurück. Als ich noch jünger war, ging ich auch manchmal mit. Aber jetzt, was können Sie schon erwarten …«
    »Wissen Sie, wo sie hinwollten?«
    »Das weiß ich wirklich nicht. Fragen Sie doch einmal im Büro nach, das ist nicht weit.«
     
    Davide Risi öffnete die Sporttasche und verwünschte im Stillen seine Frau, die dumme Kuh, die alle großen Koffer mitgenommen hatte. Aber selbst in denen hätte er nur einen Bruchteil von seinen Sachen untergebracht.
    Da konnte er gleich alles zurücklassen, nur Unterhosen, Hemden und den Rasierer einpacken und dann geradewegs nach Rom fahren. Er würde bei der dummen Kuh vorbeischauen, so viel war sicher, und dann würde er seine Freunde um Hilfe bitten, damit er untertauchen und irgendwo neu anfangen konnte, womöglich auf Sizilien.
    »Fährst du weg?«
    Er hob die Augen und sah sie in der verspiegelten Schranktür. Sein Rückgrat wurde sofort steif. Sie waren vollkommen lautlos in die Wohnung gelangt, so finster und unsichtbar wie ihre Augen hinter den Ray-Ban-Brillen. Ich habe nichts zu befürchten, dachte er und schaute besorgt auf die Waffe, die noch auf dem Nachtkästchen lag. Zu weit weg, als dass er sie hätte greifen können.
    »Gut, dass ihr gekommen seid. Ich wollte euch schon suchen«, sagte er, ohne sich umzudrehen.
    »Warum?«
    |448| Risi packte weiter. »Ich muss alle Brücken hinter mir abbrechen. Ich brauche Hilfe.«
    Der Grauhaarige setzte sich in einen Sessel und schlug die Beine übereinander, wobei er Risis geschwollenes Gesicht mit all den Veilchen betrachtete: »Deine Kollegen haben dich hübsch zugerichtet. Jetzt sag doch mal: Warum sollten wir dir helfen?«
    »Nun, ich habe etwas gut bei euch, wenn ich nicht irre. Wenn ich nicht gewesen wäre, würde Giampieri seine Nase immer noch in heikle Angelegenheiten stecken.«
    »Was soll das heißen? Von einem Giampieri ist uns nichts bekannt«, sagte der Chef laut. Auf sein Zeichen hin begann der Jüngere, der Belmondo ähnelte, hinter die Vorhänge, unter die Lampenschirme, in den Schrank und das Nachtkästchen zu schauen. Die Waffe verschwand in seiner Tasche.
    »Hey, ich versuche nicht, euch zu linken. Hier sind keine Wanzen.«
    Belmondo trat auf Risi zu und durchsuchte ihn.
    »Er ist sauber«, sagte er schließlich.
    »Mach die Tasche zu und komm mit. Unser Auto steht vor der Tür.«
    »Meine Waffe.«
    »Die wirst du hierlassen müssen. Wo du hingehst, darfst du sie sowieso nicht tragen.«
    Risi spürte, wie ihm ein Schweißtropfen an der Schläfe hinabrann.
    »Und wo werde ich, eurer Meinung nach, hingehen?« Gabin zog ein Flugticket aus der Innentasche seines
    Sakkos: »Rio de Janeiro. Erster Klasse.«
     
    »Eiger, Mönch, Jungfrau«. Das Büro von Rapallo Quattromila war geschlossen, aber an der Tür hing ein Flugblatt, das die Tour dieses Wochenendes anpries. Ziel war die Gegend um Grindelwald, in der Schweiz, laut Beschreibung |449| ein Traum für alle Alpinisten und Trekkingwanderer. Es gab sogar

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