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Kein Schlaf für Commissario Luciani

Kein Schlaf für Commissario Luciani

Titel: Kein Schlaf für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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einen Zug, der sich in die Bergflanke bohrte, und von dem aus man »die wunderbare Trias Eiger, Mönch, Jungfrau bewundern« konnte.
    Auf dieses Wunder ist geschissen, dachte Marco Luciani. Die Vorstellung, in die Berge zu fahren, schmeckte ihm gar nicht. Ich könnte wieder nach Hause gehen und bis Sonntagabend auf sie warten, dachte er. Aber diese Namen schienen ihm von besonderem Symbolgehalt: Der ganze Fall drehte sich um eine Jungfrau, auch Kleriker waren involviert gewesen. Und er musste nun los, um die schlimmste aller Wände zu bezwingen: die Nordwand.
     
    Davide Risi dachte an die Beziehung zu Marina, die sich so erfolgversprechend angelassen hatte – vorbei. Und seine Töchter würde er auch auf unbestimmte Zeit nicht sehen. Okay, er musste hier in Genua die Zelte abbrechen, aber Rio de Janeiro …
    »Ich kann nicht so weit weg«, sagte er, »meine Töchter …«
    Der Chef starrte ihn an: »Deine Töchter sind in Rom. Bei der Mutter. Und bei einem anderen Mann. Ist vielleicht besser, wenn du sie eine Weile im eigenen Saft schmoren lässt. Außerdem warst du nie ein vorbildlicher Vater.«
    Risi ballte die Fäuste, sie hatten seinen empfindlichen Punkt getroffen.
    Gabin schien das alles ermüdend zu finden, er griff in seine Jacketttaschen und zog zwei Bündel Hundert-Euro-Scheine heraus. »Hier ist ein bisschen Kleingeld für die ersten Ausgaben. Und sobald du drüben bist, helfen wir dir, dich einzuleben.«
    Risi hatte ein Auge für Bargeld entwickelt. Er sah auf den ersten Blick, dass jedes Bündel mindestens hundert Scheine enthielt. Und in Brasilien gab es Gegenden, wo |450| zwanzigtausend Euro immer noch eine Stange Geld waren. »Warum tut ihr das?«
    »Weil du uns gesehen hast. Und wir wollen ruhig schlafen können.«
    »Ihr habt selbst dafür gesorgt, dass wir euch sehen, als ihr uns das Mittagessen bezahlt habt.«
    Sein Gegenüber zuckte mit den Achseln. »Das war unbedacht. Aber da glaubten wir schon, die Sache wäre ausgestanden.«
    »Wer sagt mir, dass ich euch trauen kann? Dass ihr mich nicht umlegt, sobald ich euch den Rücken zukehre?«
    »Bring mich nicht in Versuchung. Ich würde dich gern liquidieren, aber noch einen Toten können wir uns nicht leisten. Ein Selbstmord und eine Überdosis sind schon das höchste der Gefühle, alles Weitere würde auffallen. Und wenn Kommissar Luciani auch nur der leiseste Verdacht kommt, dann geht der uns bis ans Ende aller Zeiten auf die Nüsse.«
    »Das heißt Merli … und Nicola … Wie habt ihr das angestellt?«
    »Wie hast
du
das angestellt?«
    »Ich habe nichts getan.«
    »Eben. Wir auch nicht. Ich behaupte nicht, dass wir nicht eventuell ein bisschen nachgeholfen hätten, aber das war gar nicht nötig. Das Schicksal hat es gut gemeint mit uns. Mit uns und mit dir. Und die anderen hat es richtig über den Löffel barbiert.«
    Davide Risi schwieg einen Moment. Sollte er ihnen das glauben? Sein Stoff war gut, das wusste er, aber irgendjemand konnte ihn später noch gestreckt haben. Wie auch immer, egal was passiert war – es ging ihn nichts mehr an. Nicola war inzwischen unter der Erde, er dagegen war am Leben, und das wollte er bleiben. »Amen«, sagte er, wobei er Geld und Flugticket nahm.
    |451| »Du bist eine linke Bazille, Risi«, sagte Gabin, »und deshalb gefällst du mir. Du hast das Porzellan zerschlagen, ohne es zu wollen, und dann hast du die Scherben noch gewinnbringend verkauft. Steig ein, wir bringen dich nach Malpensa.«
     
    Die Fahrt dauerte viel länger als erwartet. Obwohl er nicht einmal zum Essen hielt, nur zum Tanken, brauchte Marco Luciani fast zwei Stunden bis Mailand, und dann geriet er wieder in den Wochenendverkehr der Großstädter, die an die Seen fuhren. Er passierte die Schweizer Grenze, und bis Lugano meinte er, es gehe jetzt in einem angenehmen Tempo weiter, aber dann kamen die Baustellen und die Staus. Bei Brünigen, als er schon Licht am Ende des Tunnels zu sehen meinte, hatte es einen Unfall gegeben, und er verlor fast noch eine Stunde. Er bereute, dass er nicht den Dienstwagen genommen hatte, aber in einem anderen Land hätte er sowieso nicht gewagt, das Martinshorn anzustellen, und schon gar nicht in der Schweiz.
    Als er endlich nach Grindelwald kam, suchte er auf dem Flyer, der an der Tür zum Vereinssitz gehangen hatte, den Namen des Hotels, wo die Gruppe aus Rapallo abgestiegen war. Die Jagd war zu Ende.
     
    »Varig. Letzter Aufruf für den Flug 815 nach Rio de Janeiro. Die Passagiere Risi und Bianchi werden

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