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Kein Schlaf für Commissario Luciani

Kein Schlaf für Commissario Luciani

Titel: Kein Schlaf für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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den Ehemann zu betrügen war, statistisch gesehen, gefährlicher, als für die Mafia den Drogenkurier zu spielen.
    Giampieri lächelte bei diesem Gedanken, dann wurde er wieder ernst und konzentriert, denn er wusste auch, dass 44,8% der Mordfälle ungesühnt blieben. Er gab die für ihn interessanten Daten in die Suchmaschine ein: Geschlecht |87| des Opfers: weiblich. Alter: fünfundzwanzig Jahre. Beruf: Sekretärin. Tatwaffe: schwerer Gegenstand. Motiv: unbekannt. Dann klickte er auf »Suche Täter«. Der Computer begann blitzschnell Zehntausende von Daten zu überprüfen, die zu Abertausenden Verbrechen gehörten, und glich sie ab, um Analogien und Unterschiede herauszufiltern. Der Ingenieur wusste, dass es sich nur um Statistik handelte und dass die Antwort vor allem davon abhing, wie er die Frage stellte. Er hätte zum Beispiel die Region eingeben können, in der die Tat geschehen war (Nord-, Mittel- und Süditalien mit Inseln), oder den Wochentag (Freitag war der Lieblingstag der Mörder, gefolgt vom Sonntag), und so weiter, und das hätte das Ergebnis nicht unwesentlich verändert. Die Fähigkeit des Ermittlers zeigte sich gerade darin, zwischen wesentlichen und unwesentlichen Details zu unterscheiden, während die Gaben des Computers zwei waren: Geschwindigkeit und totaler Mangel an Affekten.
    Er wartete noch einige Sekunden, und am Ende gab der Computer seine Lösung preis: Die Wahrscheinlichkeit, dass der Täter männlich war, lag bei fünfundneunzig Prozent. Giampieri ging noch weiter ins Detail: Zu fünfzig Prozent war der Täter der Ex-Mann oder ein Ex-Partner, zu fünfzehn Prozent ein anderer Verwandter, zu fünfundzwanzig Prozent ein Freund oder geheimer Liebhaber, zu zehn Prozent ein Unbekannter. Da es im Fall Barbara weder Ehemänner noch Ex-Partner gab, ließ Giampieri diese Tatvariante vom Computer aussondern; nun stieg, nach neuerlicher Kalkulation, die Wahrscheinlichkeit, dass der Täter aus der Verwandtschaft kam, auf achtzig Prozent. Er fragte weitere Einzelheiten ab: Zu siebzig Prozent war dieser Verwandte ein Onkel. Giampieri ging noch weiter: Wenn es sich um einen Onkel handelte, dann zu achtundfünfzig Prozent um einen Onkel mütterlicherseits. Der |88| Ingenieur lächelte. Das war für ihn ein göttliches Vergnügen. Wenn in dieses Programm wirklich alle Morde der Geschichte eingespeist wären, dachte er, dann würde uns die Statistik in neunundneunzig Prozent der Fälle schnurstracks ins Haus des Täters führen. Und bei den restlichen Fällen? Nun, da würde man um Verzeihung bitten und mit der Ermittlung neu anfangen. Aber neunundneunzig Prozent der Fälle zu lösen, oder auch nur neunzig oder achtzig, wäre ein Traum.
    Er ging wieder zurück und überprüfte die Wahrscheinlichkeitswerte der anderen Verwandten. Die wahrscheinlichsten Mörder waren die Geschwister, dann Cousins, Stiefvater und Vater. Aber im Fall Barbara gab es keine Geschwister, ebenso wenig einen Stiefvater, und der Vater kam nicht in Frage. Wenn man diese drei Kategorien ausschloss, dann stieg der statistische Wert für den Onkel immer weiter, aber auch für die Cousins. Das war die Richtung, in die er sich bewegen musste. Er holte aus seiner Brieftasche den Zettel mit Pietro Garaventas Nummer hervor. Er konnte sich noch gut an dessen wutrotes Gesicht erinnern, und an die Schläge, mit denen er drohte; wie er sich dann den Ermittlern zur Verfügung stellte, wie er von seinem Konfrontationskurs abwich, um sich zum Wortführer der Familie aufzuschwingen. Ziemlich typische Verhaltensweisen, wie aus dem Lehrbuch der Kriminologie.
    »Es war Oberst Mustard, im Arbeitszimmer, mit dem Schürhaken«, sagte er laut, in Erinnerung der Weihnachtsabende, die sie mit »Cluedo« zugebracht hatten.
    Zu einfach, murmelte er und wandte sich wieder der Anfangsgraphik zu, um die Suchparameter zu ändern. Er ließ den Computer Ehegatten, Ex-Gatten und Ex-Partner ausschließen und fügte den bereits gespeicherten Daten noch den Tatort hinzu: Arbeitsplatz. Es dauerte eine Weile, bis |89| das Programm sein neues Suchergebnis ausspuckte: In dreiundsiebzig Prozent der Fälle war der Täter der Arbeitgeber oder ein Kollege, während die Verwandten auf zwanzig Prozent abrutschten, die Onkel gar auf vier.
     
    Gegen halb ein Uhr nachts schloss er auch die zweite Arbeit dieses Tages ab: Er ordnete alle Faxe mit den Aussagen von Nachbarn und Zeugen, die er sich aus Rapallo hatte schicken lassen, und dann tauschte er die jüngsten (nutzlosen)

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