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Kein Schlaf für Commissario Luciani

Kein Schlaf für Commissario Luciani

Titel: Kein Schlaf für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Sie mal einen Urlaub im Wohnwagen aus, mit Frau und drei Kindern. Dann wissen Sie Bescheid.«
     
    Sich wieder hinzulegen und auf Schlaf zu hoffen, war aussichtslos. Marco Luciani schob Pistole und Patronen in das übliche Versteck, dann las er ein bisschen, merkte aber bald, dass er sich nicht konzentrieren konnte. Er schaltete kurz den Fernseher ein, dann hörte er zur Hälfte eine CD von Filippo Gatti und warf die Waschmaschine an.
    Er hasste diese vertrödelten Tage, an denen er nichts zu Ende führte. Das einzig Richtige wäre im Grunde gewesen, zu seinem Vater zu gehen, aber er konnte sich nicht dazu durchringen. Er gammelte noch eine Weile in der Wohnung herum und überlegte, ob er am Nachmittag laufen sollte, aber das wäre über den Trainingsplan hinausgegangen, und zu viel Training konnte genau so schädlich sein wie zu wenig.
    Gegen sechs raffte er sich zu einem kleinen Spaziergang auf, er kaufte ein Kilo Kartoffeln, vier Bananen und zwei Tomaten. »Alles vollbiologisch«, sagte die Gemüsehändlerin |93| lächelnd, während sie sechs Euro einstrich. Auf dem Heimweg sah er im Fenster einer Rosticceria 2 eine Crostata mit Aprikosen, der Anblick traf ihn völlig unvorbereitet . Was mache ich bloß? dachte er, wobei er die Augen nicht von den goldenen, perfekt geflochtenen Mürbeteigstreifen lassen konnte, von dieser absolut idealen Dosierung der Marmelade: nicht zu viel und nicht zu wenig.
    Angesichts eines russischen Salates oder eines Putenfrikassees wäre er nie schwach geworden. Ravioli ließen ihn kalt, und Kaninchen mit Pinienkernen und Oliven schlugen ihm auf den Magen. Aber die Crostata war ein Sesamöffne-dich: Idealgericht für den Sportler, vor körperlicher Anstrengung absolut angezeigt, denn sie lieferte Energie, ohne den Magen zu belasten. Er trat bedächtig ein, ließ sich die Hälfte eines normalen Stückes geben, und da er sich ein bisschen schämte, nahm er auch noch hundert Gramm gekochten Schinken und ein wenig Stracchino-Käse.
    Lautstarke Verwünschungen ausstoßend, ging er nach Hause. »Sieben Euro. Die haben sie doch nicht alle. Vierzehntausend Lire. Obst und Gemüse mitgerechnet: sechsundzwanzigtausend.« In Lire übersetzt, kam ihm die Summe noch astronomischer vor. »Warum bin ich auch so blöd, hier einzukaufen?«
    Der Neapolitaner beobachtete ihn vom Fenster aus.
    »Was ist los mit dir, Commissario? Führst Selbstgespräche?«
    »Man hat mich eben ausgeraubt.«
    Der Nachbar riss die Augen auf, schaute sich um:
    »Wer? Wer war es?«
    »Gemüsehändler und Konditor.«
    Der andere machte ein zerknirschtes Gesicht. »Och, du |94| hast aber auch den Verstand verloren. Hier in der Gegend«, sagte er im Flüsterton, »kaufe ich gar nichts mehr, nur Milch und Brot. Alles andere hole ich mir aus dem Discount-Markt. Dem in Carignano. Im Vergleich zum Supermarkt spare ich mindestens dreißig Prozent. Zum Supermarkt!«, wiederholte er. »Die kleinen Läden, die kommen mir überhaupt nicht in die Tüte.«
    »Und ist die Ware dort ordentlich?«
    »Hervorragend. Wenn du willst, lasse ich dich mal eine Flasche Öl probieren, oder Wein. Du wirst staunen.«
    »Nein, ist schon okay. Vielleicht fahre ich morgen selber hin.«
    Er kam in die Wohnung, wollte sich an den Tisch setzen und sah, dass auf dem Stuhl ein dicker Stapel mit Fotokopien lag. Den musste Iannece vergessen haben. Aus Neugier warf er einen Blick hinein und merkte schnell, dass es sich um die Akten zum Fall Ameri handelte. Kriminaltechnische Untersuchungen, Autopsiebericht und Vernehmungsprotokolle.
    »Was für ein Schweinehund«, sagte er laut. »Du bist ein Schweinehund, Iannece. Aber ich werde das sowieso nicht lesen.«
     
    Er machte sich einen Tee mit Zitrone, stark gezuckert, setzte sich an den Tisch und fing an, sein Budget durchzurechnen. Er wollte sehen, ob er seine Ausgaben beschneiden konnte. Es gab nicht viel zu kürzen, er führte ein Leben wie ein tibetanischer Mönch, und kostspielige Laster hatte er nie gehabt. Aber jetzt, da er kein Einkommen mehr hatte, musste er versuchen, mit seinen Ersparnissen und der Abfindung möglichst lange auszukommen, bis er entschieden hätte, was er mit sich anfangen sollte.
    Er nahm einen Stift und fing an, die wichtigsten Posten aufzulisten. Abgesehen von der Miete, verursachten die |95| größten Kosten die Rechnungen, das Auto und, zu einem geringen Teil, Kleidung und Nahrung. Miete dreihundertfünfzig Euro, Gas, Strom, Wasser, Telefon rund einhundertfünfzig Euro im Monat; aber die

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