Kein Schlaf für Commissario Luciani
und Fürsprecher war, schon ab heute Nachmittag Verstärkung bekommen wirst.«
Eines der Telefonate, die in die Rubrik »eigene Verdienste herausstreichen« fielen, dachte Giampieri.
»Ich danke Ihnen, Dottore. Wen schicken Sie mir?«
»Zwei fähige junge Frauen, aufgeweckt und engagiert, Leute, die nicht murren, wenn Überstunden gemacht werden müssen.«
»Entschuldigen Sie. Haben Sie ›junge Frauen‹ gesagt?«
|82| »Ja, zwei ausgezeichnete Kräfte. Eine hat letztes Jahr die Auswahlprüfung bestanden und verfügt über beste Referenzen. Die andere ist schon erfahrener, aus Apulien, vierunddreißig Jahre alt. Sie hatte ihre Versetzung beantragt, sollte nach Pisa, aber wir konnten sie denen wegschnappen.«
»Und warum wollte sie versetzt werden?«
»Was hat das schon für eine Bedeutung, Ingegnere? Wichtig ist, dass sie kommt und dich unterstützt, meinst du nicht?«
Die Antwort bestätigte den Verdacht, der sofort in Giampieri gekeimt war. Die Verstärkung bestand aus einem Grünschnabel, der noch nicht einmal einen Strafzettel geschrieben hatte, und einem Feuerteufel, den man aus disziplinarischen Gründen in die Wüste geschickt hatte.
»Ich werde Ihnen die Wahrheit sagen. Ich hatte auf ein paar Leute gehofft, die ein wenig … verlässlicher sind. Der Fall ist wirklich kompliziert, und ich weiß nicht, ob ein blutjunges Ding …«
»Diese Mädchen haben mehr auf dem Kasten, als du glaubst. Außerdem bist du selber noch jung, du musst deinen Altersgenossen mehr zutrauen. Die können Englisch, kennen sich im Internet aus, wissen alles über Mobiltelefone und Technologie … Die Zeiten haben sich geändert, das sagt dir jemand, der schon zum alten Eisen gehört: Das sind die Leute, die wir heute brauchen. Sie werden ihre Feuertaufe haben, wie wir sie im Übrigen alle hatten, und du wirst sehen, dass sie sie bestehen. Ich muss mich jetzt verabschieden, tut mir leid, aber ich habe in zehn Minuten einen wichtigen Termin.«
Ja, bei dieser weißrussischen Masseuse aus der Via XX Settembre, die du montags, mittwochs und freitags bumst, dachte Giampieri, zu hundertfünfzig Euro die Nummer, Polizeirabatt schon eingerechnet. Das macht zweitausend |83| Euro im Monat, und eines Tages wirst du jemandem erklären müssen, wo du die hernimmst.
»Ach, Ingegnere, ich erinnere dich noch einmal daran: Ich warte auf Ergebnisse. Enttäusch mich nicht.«
»Wir werden unser Bestes tun, Dottore. Auf Wiederhören.«
»Und lassen Sie sich ins Knie ficken«, fügte er hinzu, nachdem er aufgelegt hatte.
»Er schickt zwei Frauen. Das ist der Hammer. Einen Grünschnabel und eine Zimtzicke. Was soll ich mit denen anfangen?«
»Du versetzt sie«, sagte Calabrò in aller Gemütsruhe.
»Wie, ich versetze sie? Sie sind ja noch nicht einmal da.«
»Eben. Du schickst sie irgendwo anders hin und lässt dir dafür jemand Vernünftigen geben. Nur auf Leihbasis, für zwei Wochen.«
Giampieri rieb seine Brillengläser mit einem Hemdzipfel blank, dann strich er über seinen Kinnbart. Wenn ich ihn abrasiere, wer weiß, ob ich dann überhaupt noch denken kann! Apropos, er musste unbedingt noch bei Amalia vorbei.
»Keine schlechte Idee. Kümmerst du dich darum?«
Keine zwei Stunden später hatte Calabrò, nach langen Telefonaten und schwierigen Verhandlungen, eine perfekte Besetzungsliste für alle Dienstgruppen gebastelt. Die Kleine aus der Sonntagsschule kam ins Archiv, ersetzte Isaia, der dafür zur Mordkommission wechselte. Die Zimtzicke – inzwischen hatte sie diesen Namen weg – ging statt Barzagli auf Streife, der die Stelle von Coco bei der Drogenbekämpfung einnahm, der seinerseits für zwei Wochen zur Gerichtswache wechselte, die wiederum Citro an die Sitte abtrat; und von der Sitte schließlich würde für Giampieri Molteni abgestellt. »Wenn alle einverstanden sind, wird sich |84| der Polizeichef nicht querstellen«, sagte Giampieri mit zufriedenem Lächeln. »In zwei Wochen müssten wir den Fall sowieso gelöst haben.« Calabrò nickte, er war zufrieden, dass das Verhältnis zu seinem Chef fürs Erste wieder im Lot war. Zur Feier des Tages gingen sie in die nächste Bar, um einen echten Espresso zu trinken, mit einem Schoko-Müsliriegel als Sahnehäubchen.
Barbaras Onkel rief an diesem Tag zweimal an, wollte wissen, ob es Neuigkeiten gebe und ob er sich nützlich machen könne. Er erzählte, er habe einmal, vor etwa drei Wochen, einen jungen Burschen mit seiner Nichte gesehen, er wusste weder Namen noch sonst
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