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Kein Schlaf für Commissario Luciani

Kein Schlaf für Commissario Luciani

Titel: Kein Schlaf für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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legte.
     
    Offensichtlich herrschte Flaute in dieser Nacht, denn er hörte den Dealer nicht seine Mitternachtsrunde drehen, vielleicht hatte er auch den wohlverdienten Familienurlaub |120| angetreten, und nach dem Eisenrollo um eins schlief er recht gut bis um Viertel nach zwei, als ihn das Klirren platzender Flaschen hochschrecken ließ. Wenn der Glaspalast der UNO eingestürzt wäre, dann hätte er dies mit mehr Diskretion erledigt als die beiden Angestellten der Stadtreinigung, die klugerweise beschlossen hatten, den Altglascontainer um diese Uhrzeit zu leeren. Scheiß Ökos, dachte er, wenn alle es so machen würden wie ich, nämlich den Müll ungetrennt in eine Tüte packen, dann würde vielleicht die Welt früher untergehen, aber nachts käme nur ein LKW unter meinem Fenster vorbei, nicht vier.
    Er schlief wieder ein und träumte von seiner Gemüsehändlerin: Nach ein wenig Geplauder über das Wetter und die Qualität der Trauben wurde der Traum immer obskurer, die Birnen und Melonen bekamen eine ambivalente Note. Er hatte es geschafft, die Frau ins Hinterzimmer zu lotsen und das Thema Gurken anzuschneiden, als ihn ein langer Schrei aus dem Bett fahren ließ. Das heißt, eigentlich war es kein richtiger Schrei, sondern eine unverständliche Serie gebrüllter Worte, eher ein Bellen als Sprechen. Er brauchte eine Weile, ehe er verstand, dass ein neuer illegaler Einwanderer eingetroffen war, und dass er dies in der Heimat verkünden wollte, wozu er natürlich die öffentliche Telefonzelle benutzte, die vor dem Mietshaus stand. Er schrie, als ob man ihn bis in den Kongo hören sollte, und zwar ohne Fernsprechleitung.
    Der Typ machte eine ganze Weile weiter, er schrie und schrie, wahrscheinlich war auf der anderen Seite ein Cousin, dem sie bei einem ihrer formidablen Stammeskriege die Ohren gestutzt hatten. Die Zunge hätten sie euch abschneiden sollen, dachte Luciani.
    Dann ging das Fenster der Alten auf, und ein Eimer Wasser prasselte auf den Afrikaner nieder, der zu fluchen anfing und Todesdrohungen gegen das ganze Viertel ausstieß. |121| Der Kommissar wusste aus Erfahrung, dass der verbale Schlagabtausch noch mindestens eine halbe Stunde dauern würde, er setzte sich resigniert aufs Sofa, schaltete den Fernseher an und stieß auf einen alten Maigret-Film mit Gino Cervi. Er hatte ihn nicht so lahm in Erinnerung gehabt, und nach einer Weile glitt er, ohne es zu merken, in einen unruhigen Schlaf, wo ihn, statt der Gemüsehändlerin, deren Mann bediente.

|122| Freitag
    Giampieri
    Der Wecker katapultierte ihn brutal in den Tag. Er hatte nur mit Mühe in den Schlaf gefunden, und gegen vier hatte er einen erotischen Traum gehabt, mit Stefania Boemi in der weiblichen Hauptrolle. Kurz vor dem Höhepunkt war er erwacht, wodurch er sich das Finale versaut hatte, und war dann noch zwei Stunden im Bett geblieben, unbefriedigt und ruhelos, böse Vorahnungen in Sachen Ermittlungsverfahren gegen Mantero ausbrütend. Er duschte sich, trimmte seinen Kinnbart und verwarf die Idee, ihn abzurasieren. Auf dem Weg ins Büro musste er unbedingt bei Amalia vorbeischauen und das Treffen auf einen anderen Abend verschieben. Er trank einen dreifachen Kaffee und würgte ein paar Schokoladensnacks hinunter. Kaum war der Zucker in seinen Stoffwechsel gelangt, fühlte er sich besser, er fragte sich sogar, ob dieser erotische Traum nicht auch einmal eine Weissagung darstellen konnte.
     
    Kaum hatte er die Schlagzeilen der Zeitungen gesehen, wusste er den Grund für seine böse Vorahnung. Er hatte mit einer Jubelorgie angesichts des Ermittlungsverfahrens gerechnet, mit Vorverurteilungen, wie sie in solchen Fällen immer schnell kursierten. Nach vier Tagen, wo die Gefahr bestand, dass das Medieninteresse an dem Fall erlahmte und die Aufmacher sich wieder anderen Meldungen widmeten, hätte die Eröffnung des Ermittlungsverfahrens den Mediendruck erneut auf Mantero lenken sollen. Stattdessen übten die Zeitungen sich, von ein paar Ausnahmen abgesehen, in vorsichtiger Zurückhaltung. Sie räumten gar den Aussagen |123| des Anwalts mehr Platz ein als denen der Staatsanwältin. Über das Lokalblatt von Rapallo verkündeten der Bürgermeister und der Gemeindepfarrer Don Guido, noch am selben Abend werde, im Beisein des Bischofs, eine Solidaritätskundgebung mit Fackelzug stattfinden.
    Wirklich merkwürdig, dachte Giampieri. Dieses kleine Arschloch muss über bedeutende Beziehungen verfügen. Wenn sogar die Kirche aufmarschiert, die sonst so

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