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Kein Schlaf für Commissario Luciani

Kein Schlaf für Commissario Luciani

Titel: Kein Schlaf für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Schreibtisch und Fotokopiergerät, die Augen waren geöffnet, und sie gab … eine Art Röcheln von sich, als ob sie mir etwas sagen wollte, es aber nicht schaffte.«
    »Und Sie, was taten Sie?«
    |26| »Ich sah, dass sie voller Blut war, der Kopf, das Gesicht. Ich sagte ihr, sie solle ruhig bleiben. Ich würde Hilfe holen. So nahm ich das Telefon, das auf dem Schreibtisch steht, und wählte den Notruf.«
    »Der Anruf ging genau um neun Uhr dreizehn ein, Herr Kommissar«, intervenierte ein Beamter. Giampieri warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Verrate einem möglichen Verdächtigen nie Details!
    »Ja, etwa zu dieser Zeit ging ich nach unten, um die Zeitung zu holen und zu sehen, ob Barbara schon da war. Montags kam sie immer relativ früh. Ich wollte sie bitten, schon einmal eine bestimmte Arbeit in Angriff zu nehmen, während ich frühstückte und mich fertig machte. Normalerweise bin ich um neun im Büro, aber heute war ich ein bisschen später dran. Es ist eben sehr praktisch, wenn man das Büro im selben Haus hat«, sagte er mit einem müden Lächeln.
    »Der Zeitungshändler kann also bestätigen, dass er Sie gesehen hat?«, sagte Giampieri, sein Gegenüber fixierend.
    »Eigentlich … war ich noch gar nicht am Kiosk gewesen.«
    »Sie haben doch eben gesagt, Sie seien die Zeitung holen gegangen.«
    »Nein … ich sagte, ich wollte gehen … aber …«
    Die Mutter intervenierte sofort. »Verschwenden Sie Ihre Zeit nicht mit meinem Sohn. Er könnte keiner Fliege etwas zu Leide tun. Und der armen Barbara, die ihn vergötterte, schon gar nicht. Er hat ihr alles beigebracht, wissen Sie? Die kommen von der Schule und halten sich für wer weiß wen, dabei können sie gar nichts. Überlegen Sie mal, ich musste ihr erklären …«
    »Mama, bitte.«
    »… nein, aber ich sage doch nichts Böses. Ich war jahrelang die Sekretärin deines bedauernswerten Herrn Papa …«
    »Herr Ingenieur, hier sind wir.«
    |27| Die Männer der Kriminaltechnik aus Genua warfen einen vorwurfsvollen Blick auf die Menschenansammlung vor dem Tatort. Giorgio Solari, der Chef, gab Giampieri die Hand, während zwei Assistenten hinter ihm bereits Überschuhe, weiße Overalls und Hauben anlegten.
    »Wir haben nichts angefasst, du kannst beruhigt sein«, empfing Giampieri ihn, »die Kollegen verstehen ihr Handwerk. Leider hatte die Dame des Hauses sich schon um die Spuren gekümmert.«
    Die Frau schaute ihn böse an. »Ich sagte Ihnen bereits, dass ich nicht wissen konnte …«
    Solari kratzte sich zwischen den graumelierten Haaren und setzte eine verständnislose Miene auf.
    »Sie hat alle Blutspuren weggeputzt«, sagte der Ingenieur.
    Der andere hob die Augen gen Himmel, dann senkte er sie wieder, um der Frau einen vernichtenden Blick zuzuwerfen. Sie revanchierte sich, indem sie das Kinn reckte und die Hände in die Seiten stemmte.
    Giampieri folgte der Spurensicherung ins Vorzimmer, er wartete, bis sie Türrahmen und Klinken kontrolliert hatten, um sich dann der kleinen Toilette zuzuwenden, die klinisch sauber war. Eisenhart die beiden, dachte er, Mutter wie Sohn, sie brauchen ja nicht gleich in Tränen auszubrechen, aber ein wenig Betroffenheit könnten sie schon heucheln. Und warum hatte keiner der beiden die Ärmste ins Krankenhaus begleitet?
    Das Büro, in dem Mantero arbeitete, war luxuriöser, als Giampieri erwartet hatte. Offenbar legte der Broker Wert darauf, seine Kunden zu beeindrucken. Der Schreibtisch auf dem wunderschönen, spiegelblank polierten Terrazzoboden in Gelb-, Braun- und Orangetönen war eine Antiquität, ebenso der wuchtige schokoladenbraune Ledersessel. Zwei moderne Stühle fügten sich gut in die Einrichtung; riesige |28| Bücherregale bedeckten drei Wände, an der vierten hing, zwischen hohen, hellen, von schneeweißen Vorhängen verhüllten Fenstern, ein großes Landschaftsgemälde, das die Riviera zeigte. Giampieri näherte sich einem gerahmten Porträt hinter dem Schreibtisch, um es genauer zu betrachten. Der Mann trug das Gewand eines Klerikers, eines Bischofs vielleicht, und Giampieri kam er, mitsamt seiner kleinen, schwarzgefassten Brille und dem vertrauenerweckenden Blick, bekannt vor. Er näherte sich dem Platz des Anwalts und versuchte etwas über ihn zu erfahren, indem er die Gegenstände betrachtete, die er dort angesammelt hatte, aber viele Anhaltspunkte gab es nicht. Ein Bild aus Kindertagen: er mit seinem Vater, damals bereits in den mittleren Jahren, mit schütterem Haar und todernster Miene, und mit der

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