Kein Schwein bringt mich um

Sie sich vorstellen, dass er hinter den Anschlägen steckt?«
    Luna überlegte, aber nur kurz: »Durchaus möglich, der ist zu allem fähig.«
    Â»Und er war wie Menke auf Ihrem Konzert.«
    Â»Und mein dritter Ex auch.«
    Â»Christian Kramszik?«
    Â»Ist das nicht rührend? Alle drei wollen nichts mehr mit mir zu tun haben, aber zu meinen Auftritten kommen sie immer noch.«
    Â»Gibt es denn irgendetwas in Ihrem Verhältnis zu Ihren Exmännern, das ich wissen müsste?«
    Â»Die einzige Verbindung neben den gelegentlichen Konzertbesuchen sind ihre monatlichen Schecks. Ansonsten herrscht absolute Funkstille.«
    Â»Ich würde gerne mit Ihrem Manager reden. Können Sie mir sagen, wo er steckt?«
    Â»Marc ist auf dem Weg nach Coesfeld. Er betreut nämlich auch Christian, und der hat heute Abend einen Auftritt in der ›Fabrik‹. Als er gehört hat, dass ich mein Konzert abgesagt habe, ist er kurz entschlossen dorthin gefahren.«
    Â»Herr Kaiser managt weitere Künstler?«
    Â»Na klar, aber nur skurrile Typen oder abgehalfterte Ex-Sternchen. Ich bin mit Abstand sein bestes Pferd im Stall.« Wer’s glaubte.
    Â»Dann werde ich mir Herrn Kramszik gleich mal vorknöpfen. Bin schon lange nicht mehr in der ›Fabrik‹ gewesen. Ehrlich gesagt hatte ich gedacht, der Schuppen hätte schon längst dichtgemacht.«
    Â»Ich glaube, der läuft besser denn je. Christian ist auf jeden Fall sehr aufgeregt vor dem Auftritt, hat Marc gesagt. Sonst spielt der ja nur auf Geburtstagen und Hochzeiten.«
    Â»Wie sind Sie denn mit Ihrem Leibwächter zufrieden?«, fragte ich und nickte in Gurkennases Richtung, der trotz Stummschaltung gebannt auf den Bildschirm starrte.
    Â»Peter ist ein Ass und so süß …«
    Â»Das bedeutet, ich kann euch ohne schlechtes Gewissen allein lassen?«
    Â»Ja sicher, Dieter«, schaltete Gurkennase sich ein. Offensichtlich hatte er das Gespräch genau verfolgt. »Wir machen uns einen richtig netten Abend. Wir werden zusammen kochen, und eine Flasche Weißwein ist auch schon kalt gestellt. Und jetzt such das Weite, damit ich den Ton wieder anstellen kann.«
    Â»Zu Befehl, mein Freund.«
    Als ich draußen auf das Pflaster trat, überkam mich ein plötzlicher Anfall von Wehmut. Grabowski amüsierte sich mit Luna, während ich wegen eines drittklassigen Alleinunterhalters zu dieser Dorftrottel-Disco zuckeln musste. Andererseits wollte ich es ja nicht anders. Ich brauchte nur Karin mitzuteilen, dass ich den Schnüfflerjob an den Nagel hängte, und dann wäre mit Sicherheit mehr drin als ein romantisches Essen und eine Flasche Wein. So ein verdammter Mist. Beinahe wäre ich zurückgegangen, um den Auftrag zu stornieren, aber irgendetwas hielt mich davon ab, und so sauste ich wenig später durch die Münsterländer Flora und Fauna zurück in Richtung Coesfeld.

Der König von Coesfeld
    Was hatte ich hier für tolle Konzerte erlebt? Type O Negative während ihrer »Bloody Kisses«-Tour, Danzig mit seinem dritten Album, The Cassandra Complex zu ihren besten Zeiten und die Einstürzenden Neubauten, als sie noch richtig Krach gemacht hatten. Die Disco hatte ich jedoch nie besucht, denn das Publikum hatte mir damals einfach nicht zugesagt.
    Es war mittlerweile neun – unterwegs hatte ich mir noch eine Mantaschale einverleibt –, und für einen Dienstagabend um diese Uhrzeit war der Parkplatz ordentlich gefüllt. Wenn Kramszik rief, strömten die Massen.
    Am Eingang studierte ich das Plakat und musste meine Meinung revidieren. Das Gros der Gäste dürfte wegen der Achtziger-Jahre-Party hier sein, wohingegen Christian im Club, einem vermutlich hühnerverschlaggroßen Raum, für die Schlagerfans auflegte. Allerdings schimpfte sich Kramszik auf dem kitschigen Plakat » DJ Love Injection«. Leichter Schüttelfrost überkam mich.
    Am Eingang musste ich fünf Euronen abdrücken, dann ging es vorbei am großen Saal, aus dem Madonnas »Like a Prayer« dröhnte, zu dem doch nicht so kleinen Club. Überraschenderweise waren um die hundert Leute versammelt, und das Durchschnittsalter betrug nicht wie vermutet siebzig, sondern dreißig.
    Und Kramszik rockte wirklich die Hütte! Er präsentierte zwar mit seinem Gemisch aus Ballermann-Hits und deutschem Schlager nicht unbedingt meine bevorzugte Musikrichtung, aber das