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Kein Schwein bringt mich um

Kein Schwein bringt mich um

Titel: Kein Schwein bringt mich um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Michael; Springenberg Bresser
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wenige Meter von der »Fabrik« entfernt wohnte.
    Während der Fahrt musste ich mir anhören, dass meine Gesangsleistung bei »Disco Pogo« allererste Sahne gewesen war. Hatte ich mich tatsächlich zu Chris aufs Podium gestellt und einen auf den Rapper Frauenarzt gemacht? Konnte ich mich gar nicht mehr dran erinnern. Als Marc dann noch meine Limbo-Performance lobte, wusste ich, dass er mich auf den Arm nehmen wollte. Oder etwa doch nicht?
    In Dülmen schmissen wir Marc raus, dann ging es weiter. Ich versuchte, ein Gespräch mit dem Taxifahrer anzuzetteln, aber er stand leider auf Kriegsfuß mit der deutschen Sprache. Vielleicht hatte er aber einfach keinen Bock auf Besoffski-Gebrabbel. So wurde es eine ruhige Fahrt zur Nannen-Villa.
    Genauso ruhig war es im Innern. Ich putzte flugs die Zähne, erschrak über das, was den Abend über hinter der Sonnenbrille verborgen gewesen war, und dann hieß es, die Bettdecke hochzuziehen und tüchtig zu schnarchen.

Musikalische Früherziehung
    Satan, Teufel, Beelzebub, Schaitan und der große Widersacher. Sie alle hatten sich zusammengerottet und den Alkohol erfunden. Da hatte Kollege Mohammed völlig recht. Und jetzt feierten die Manifestationen des Bösen zusammen mit Slayer und Slipknot ein Metal-Festival in meinem Kopf, das Wacken. Mit gefühlten zweitausend Marshall-Verstärkern. Nun wäre ich für ein paar Takte Mozart dankbar gewesen oder noch besser John Cages Konzert »4’33”«, in dem nur der Klavierdeckel geöffnet und geschlossen wurde, ohne dass ein einziger Ton erklang. Leider wechselten sich die Schwermetaller mit Jürgen Drews ab. Bei gleichbleibender Dezibelstärke. Hatte ich gestern wirklich zu deutschem Schlager abgefeiert? Ich konnte es nicht fassen, aber die Quittung präsentierte mir mein zermatschter Schädel. Mit dem Nachttisch als Stütze erhob ich mich.
    Müde und verkatert tappte ich ins Wohnzimmer. Mist. Die ganze Bagage hatte sich dort eingefunden. Die Heisterkamps, Arabella und Karin futterten Brötchen und waren bester Laune.
    Â»Dieter«, kreischte meine bessere Hälfte, sprang auf, rannte zu mir und küsste mich. »Wir haben dich extra schlafen lassen. Soll ja gestern spät geworden sein.« Dabei zwinkerte sie Günter verschwörerisch zu. Super, die Stasi im eigenen Haus.
    Â»Bin noch nicht ganz fit«, umschrieb ich meine Lage euphemistisch.
    Â»Mein armer Schatz«, sprach Karin ihr Beileid aus und klopfte mir auf den Hinterkopf, was meinen elenden Zustand exponenziell verstärkte.
    Â»Die Tiere brauchen Futter«, konstatierte ich, um mich geschmeidig vor der lästigen Veranstaltung zu drücken.
    Â»Nichts da«, fuhr mir Stiefmütterchen in die Parade. »Wir haben ein ernstes Problem.«
    Die Heisterkamps nickten simultan.
    Â»Tiere schon gefüttert.« Siehe da, Stefan hatte den Raum betreten. Da die Hosenbeine seines blauen Overalls mit frischer Schweinekacke garniert waren, schien er die Wahrheit zu sagen. Arabella rümpfte ihr hübsches Näschen.
    Â»Ich habe keine Lust auf Probleme«, stöhnte ich. »Könnt ihr das nicht lösen?«
    Â»Stefan auch kein Problem haben tun«, erklärte mein streng riechender Freund.
    Bevor jemand etwas sagen konnte, klingelte es an der Tür.
    Â»Ist offen«, verkündete Karin. Hinein trat Reverend George Jones, der Pfarrer von St.   Pankratius.
    Â»Guten Morgen«, begrüßte er uns freudestrahlend. Mein langjähriger Chef Pfarrer Wilpert war vor einem halben Jahr in den wohlverdienten Ruhestand getreten. Bei ihm hatte ich ab und an die Kirchenorgel gespielt. Anfangs hatte es noch gewisse Kommunikationsschwierigkeiten gegeben, aber in seinem letzten Jahr waren wir fast so etwas wie Freunde geworden. Nee, ein Wilpert hatte keine Freunde, aber zumindest tolerierten wir uns. Aus Ermangelung an Alternativen hatte der Bischof den dunkelhäutigen Reverend Jones zum Nachfolger berufen. Ein gewagtes Experiment, da die Westfalen alles Neue prinzipiell skeptisch betrachteten. Ein deutscher Priester hätte es schon schwer genug gehabt, aber ein Afroamerikaner? Hatten alle gedacht. Doch Georges überbrodelnde Lebensfreude hatte ein spirituelles Feuer in den Buldernern entzündet, dass selbst Papst Franziskus vor Neid erblasst wäre. Die Bauern brachten ihm ihre Kühe zur Segnung, der FC Dülmen ließ ihn vor jedem Heimspiel den Ball bebeten, die

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