Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Schwein bringt mich um

Kein Schwein bringt mich um

Titel: Kein Schwein bringt mich um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Michael; Springenberg Bresser
Vom Netzwerk:
Seniorinnen der Frauenhilfe vergötterten ihn. Alle liebten den unkomplizierten Reverend Jones.
    Ich spielte ab und zu mit dem Geistlichen Basketball auf dem Kirchhof. Da George wie ich die Hardboiled-Krimis der Achtziger liebte, tauschten wir uns gerne über Estleman und Parker aus. Zudem spielte ich zur Sonntagsmesse die Orgel, im Gegensatz zu früheren Zeiten jedoch freiwillig. George bevorzugte Gospelgesang und Elektrogitarre, die er selbst bediente. War zwar nicht unbedingt die Lieblingsmusik der Kirchgänger, aber wenn George diese Klänge mochte, mussten sie gut sein. Mir ließ er bei der Musikauswahl für die Orgelstücke vollkommen freie Hand. War schon was anderes, als jede Woche »Großer Gott, wir loben dich« zu intonieren.
    Â» Well , wir wollen noch mal den Ablauf des Gottesdienstes durchsprechen, meine Lieben.« Der Reverend setzte sich.
    Â»Stefan spielen doch nicht Vuvuzela, sondern Mundharmonika«, triumphierte mein Kumpel und zog eine Bluesharp aus der Tasche.
    Â»Gerne, my son . Du bist fest in den Gottesdienst eingeplant.« George strahlte, und auch Stefan grinste breit und blies – sagen wir mal: etwas unkoordiniert – ins Metallteil. »Ist Metallica. Dieters Lieblingsmusik.«
    Wir alle nickten wohlwollend, obwohl die Kakofonie ebenso gut die Eruption einer verstopften Toilette hätte sein können.
    Â»Das ist der Punkt«, erklärte Arabella. Alle schauten sie verwundert an. Fast alle, denn Karin blickte nur genervt und drückte ihre Kaffeetasse, als wollte sie diese zerquetschen.
    Â»Ich habe mit Dieters Vater gesprochen, und er hat seine eigene Meinung dazu.«
    Â»Aha?« George runzelte die Augenbrauen.
    Arabella zog eine DVD aus ihrer Handtasche und steckte sie in den Player.
    Nach kurzem Flimmern erschien Klaus Nannen auf dem Monitor. Natürlich in den üblichen Armani-Klamotten, in der Hand einen farbenfrohen Cocktail, auf der Nase eine Cartier-Sonnenbrille. Im Hintergrund schaukelten Palmen seicht im Wind vor der Mittelmeerkulisse.
    Â»Sind wir auf Sendung, Dieter? Gut.« Mein alter Herr ruckelte an seiner Krawatte. »Herr Wedel kann jetzt nicht«, brüllte er in den Hintergrund, wo eine edel gekleidete Frau verschreckt durch das Bild huschte.
    Â»Also.« Er räusperte sich. »Dieter, mein lieber Junge.« Er nestelte einige Blätter aus der Jacketttasche. »Sorry, das fällt mir schwerer als jede Vorstandsrede, deshalb lese ich lieber ab. Ähm, ja …« Er räusperte sich erneut. »Wollen wir jetzt starten?«
    Mendelssohns »Hochzeitsmarsch« ertönte und wurde dann langsam ausgeblendet.
    Â»Dieter, mein lieber Junge«, las Klaus vom Blatt. Klang hölzern, aber das passte perfekt zu unserer Vater-Sohn-Beziehung. »Am Freitag findet der wichtigste Tag deines Lebens statt, deine Hochzeit mit Karin. Ich gebe zu, dass wir nicht immer mit deinem Lebenswandel einverstanden waren. Die Qualmerei, der Alkoholkonsum« – an dieser Stelle richteten sich alle Augenpaare strafend auf mich – »deine Arbeit oder wie man es nennen soll. Aber in diesem Punkt hat Karin einen guten Einfluss auf dich. Es ist, wie es ist, wie Goethe schon sagte. Nun, deinen Entschluss, Karin zu heiraten, unterstützen deine Mutter und ich und meine große Liebe Arabella von ganzem Herzen.«
    Die Angesprochene warf eine Kusshand in Richtung Mattscheibe, und Vater tupfte sich mit einem grünen Seidentuch die Augen. Kam mir ziemlich surreal vor.
    Â»Aber dazu später einige Worte. Zunächst freue ich mich, mit meinem Sohn und seiner Zukünftigen diesen wunderbaren Tag feiern zu können.« Kurzes Schluchzen. Mein Gott, als Bankvorstand hatte er ohne mit der Wimper zu zucken Tausende Angestellte ins kalte Merkeldeutschland entlassen und abends mit seinen Schlipsträgerkumpanen Schampus gesoffen und Kaviar durchs Hilton-Foyer geworfen. Und der heulte vor Rührung, weil sein missratener Sprössling dem Singledasein Lebewohl sagte?
    Â»Freitagmorgen werde ich einen Charterjet Richtung Münster besteigen, und bereits beim Betreten der Gangway möchte ich wissen, dass dieser Tag optimal verlaufen wird. Aus diesem Grund wende ich mich per Videobotschaft an dich, mein lieber Sohn.«
    Eine Frau huschte ins Bild, puderte sein Antlitz und verschwand wieder.
    Â»Filmen ist nichts für deinen alten Herrn«, presste er gequält hervor. »Weiter im Text. Arabella

Weitere Kostenlose Bücher