Kein Sex ist auch keine Loesung
wird ja vermutlich gar nicht nötig sein, denn ich würde garantiert den Etat an Land ziehen
und so die Agentur retten und dafür ein tolles Auto und viel Geld bekommen und …
|46| «Na ja, ich könnte natürlich auch Marc fragen», unterbrach Rolf meine Vision einer neuen, besseren Welt.
Klar. Und ich könnte natürlich auch Klaus heiraten. Das rangiert auf der Skala meiner beliebtesten Zukunftsszenarien nämlich
auf einem ähnlich unterirdischen Platz.
«Aber gut, ein Wagen sollte natürlich drin sein, falls du den Pitch gewinnst.» Anstatt angebrachte Bedenken zu äußern, quälte
ich mich, im Geiste eine Entscheidung zu treffen: Porsche Cayenne, Chrysler Crossfire oder doch lieber den Audi TT?
Es wäre also kein Wunder, wenn ich aufgrund dieser Aussichten schlecht geschlafen hätte. Aber – und das beunruhigt mich nun
wirklich – ich habe von Elisa geträumt. Unzählige Variationen eines Werbespots für köstlichen, cremigen Pudding durchliefen
mein verkorkstes Werberhirn, allesamt mit Elisa in der Hauptrolle: Elisa, wie sie nackt in Vanillepudding badete oder nur
mit einer Schürze bekleidet das neueste Puddingrezept nachkochte. Oder wie sie ihre Bluse aufknöpfte und dabei zwei wunderschöne
Wackelpuddinge (wie lautet eigentlich die Mehrzahl von Pudding?) zum Vorschein brachte. Leider bin ich in dem Moment, als
sie mir eine Kostprobe davon in den Mund schieben wollte, aufgewacht.
Aus reiner Neugierde, wie der Traum weitergehen würde, wälze ich mich noch bis acht Uhr im Bett herum, dann gebe ich auf und
verschwinde mit der Morgenzeitung auf der Toilette. Eine äußerst wirtschaftliche Angewohnheit, so kann man zwei Geschäfte
zugleich abwickeln.
Nach einem kurzen Blick auf die Schlagzeilen und einem noch kürzeren auf die Börsenberichte lande ich schließlich |47| im Sportteil. Unglaublich, was der HSV sich wieder geleistet hat. Ich entscheide spontan, mich in Zukunft nur noch für Eishockey
zu interessieren.
Vor lauter Empörung vergesse ich fast, wonach ich eigentlich suche, doch dann finde ich den entsprechenden Hinweis im Veranstaltungsteil:
«Newton und die Frauen. Bisher unveröffentlichte Werke des Meisters der Schwarzweißfotografie. Heute nur für geladene Gäste,
dann bis zum 22. September, täglich 10 bis 21 Uhr, im Stilwerk.»
Bingo. Genau das Richtige für mein erstes Date mit Elisa. Ich könnte mir mal wieder nach Herzenslust nackte Frauen anschauen,
während sie mir als Kenner der Moderne und Besitzer einer Premierenkarte grenzenlose Bewunderung zollen würde.
Perfekt eingefädelt, würde ich sagen. Es fehlen nur noch die Eintrittskarten.
Während ich mich rasiere und zwischen drei getragenen und sieben ungebügelten Hemden – verdammt, für die Präsentation nächste
Woche muss ich unbedingt noch zur Reinigung – nach einem T-Shirt stöbere, kommt mir die Erleuchtung: Nadja!
Nadja ist so etwas wie eine gute Freundin. Genau genommen meine beste. Ganz genau genommen meine einzige. Mit der ich noch
nicht geschlafen habe, meine ich.
Dabei ist Nadja der Traum aller Männer – meiner auch. Beine bis zum Hals, Topfigur, lange dunkle Haare, gebildet, charmant.
Kurz: Man sucht nach einem Haken.
Hier ist er: Als knallharte Geschäftsfrau, die genau weiß, was sie will und wen sie will und, noch entscheidender, was und
wen sie nicht will, ist sie dummerweise nicht an mir interessiert. Sie arbeitet in der Wertpapierabteilung der |48| Commerzbank. Halbtags natürlich nur – mehr Zeit kann sie beim besten Willen nicht erübrigen, schließlich sucht sie hauptberuflich
einen Mann. Deshalb verbringt sie auch den Rest der Woche mit knochenharter Arbeit an ihrer privaten Karriere. Jeden Tag joggt
sie zehn Kilometer, spielt Golf mit Handicap eins, kennt alle Stammbäume reicher Familien mit männlichen Erben im heiratsfähigen
Alter, sieht immer aus wie aus dem Ei gepellt und ist dazu noch ein prima Kumpel.
Leider ist sie aus irgendeinem verrückten Grund der Meinung, dass sich Affären mit Männern für sie lohnen müssen, sonst würden
sie nur schaden. Aus welchem Grund ich in ihren Augen zur zweiten Kategorie zähle, ist mir schleierhaft. Aber solange sie
es sich nicht anders überlegt, werden wir eben nur Freunde sein. Ich kann warten.
Das Praktische an Nadja ist außerdem, dass man sie zu jeder Zeit anrufen kann, da sie so gut wie nie schläft.
«Spinnst du?», schnauft sie, als ich sie auf einem ihrer drei Handys endlich beim
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