Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One
hatte mit seinem Späher gesprochen. Beck ging mit seinem Hund spazieren. Allein. Angesichts der Beweise, die Wu ihm unterschieben würde, war das ein furchtbar schlechtes Alibi. Die FBI-Agenten würden sich kringeln vor Lachen.
Larry Gandle trat an den Tisch. Rebecca Schayes blickte auf und stieß ein unheimliches Geräusch hervor, eine Mischung aus einem erstickten Stöhnen und einem hysterischen Lachen.
Er presste ihr die Waffe auf die Stirn. Wieder stieß sie diesen Laut hervor. Er drückte zwei Mal ab, und es wurde still in der Welt.
Ich machte mich auf den Heimweg, doch dann fiel mir die Warnung wieder ein:
Sie beobachten dich .
Warum sollte ich das Risiko eingehen? Nur drei Blocks weiter war ein Kinko’s-Internetcafé. Es war rund um die Uhr geöffnet. Als ich zur Tür kam, wusste ich, warum. Es war Mitternacht und der Laden war voll. An den Computern saßen jede Menge erschöpfte Geschäftsleute mit Papieren, Overheadfolien und Präsentationspostern.
Ich stellte mich in ein Labyrinth aus Samtkordeln und wartete, dass ich an die Reihe kam. Das Ganze erinnerte mich an einen Besuch bei der Bank vor Einführung der Geldautomaten. Die Frau vor mir trug ein Kostüm - um Mitternacht - und hatte so große Tränensäcke unter den Augen, dass man sie für einen Gepäckträger hätte halten können. Hinter mir zog ein lockiger Mann im dunklen Trainingsanzug ein Handy aus der Tasche und fing an, die Tasten zu traktieren.
»Sir?«
Ein Mann in einem Kinko’s-Kittel zeigte auf Chloe.
»Mit dem Hund können Sie hier nicht rein.«
Ich wollte bereits erwidern, dass ich schon drin sei, überlegte es mir dann aber doch anders. Die Frau im Kostüm zeigte keinerlei Reaktion. Der lockige Typ im dunklen Trainingsanzug sah mich mit einem Da-kann-man-nichts-machen-Achselzucken an.
Ich ging raus, band Chloe an eine Parkuhr und ging wieder hinein. Der lockige Mann ließ mich wieder auf meinen Platz in der Schlange. Anständige Manieren.
Nach zehn Minuten war ich dran. Der Kinko’s-Bedienstete war jung und sehr agil. Er zeigte mir ein Terminal und erläuterte äußerst langatmig das minutengenaue Abrechnungssystem.
Nickend ließ ich seinen Vortrag über mich ergehen und loggte mich ein.
Kusszeit .
Mir wurde klar, dass darin der Schlüssel liegen musste. In der ersten E-Mail hatte Kusszeit gestanden, nicht 18:15 Uhr. Wieso? Die Antwort war einfach. Es war ein Code - für den Fall, dass die E-Mail in die falschen Hände geriet. Dem Absender war bewusst, dass die Möglichkeit bestand, E-Mails abzufangen. Er wollte sichergehen, dass nur ich mit dem Begriff Kusszeit etwas anfangen konnte.
Da hatte ich es.
Erst den Namen des Kontos: Bat Street. Als Elizabeth und ich klein waren, waren wir auf dem Weg zum Little League- Softballplatz mit unseren Fahrrädern meist die Morewood Street entlanggefahren. Dort wohnte eine unheimliche alte Frau. Von ihrem gelben Haus blätterte die Farbe ab. Sie lebte allein und schimpfte unentwegt mit den spielenden Kindern. In jedem Viertel oder jeder Kleinstadt gibt es solche keifenden alten Frauen. Meist haben sie einen Spitznamen. Unsere nannten wir:
Bat Lady.
Ich rief wieder die Bigfoot-Site auf. In das Username-Feld gab ich Morewood ein.
Neben mir wiederholte der agile, junge Kinko’s-Bedienstete seinen Internet-Sermon für den lockigen Mann im dunklen Trainingsanzug. Ich drückte die Tabulator-Taste und klickte in das Passwort-Feld.
Der Teenage- Hinweis war einfacher. In unserem vorletzten Jahr auf der Highschool waren wir an einem Freitagnachmittag zu Jordan Goldmans Haus gegangen. Wir müssen ungefähr zu zehnt gewesen sein. Jordan hatte herausgefunden, wo sein Vater ein Porno-Video versteckt hatte. Keiner von uns hatte je eins gesehen. Wir sahen es uns an, lachten beklommen, machten die üblichen abfälligen Bemerkungen und kamen uns herrlich unanständig vor. Als wir einen Namen für unser universitätsinternes Softball-Team suchten, schlug Jordan vor, den albernen Filmtitel zu nehmen:
Teenage Sex Poodles.
Ich gab Sex Poodles ein. Dann schluckte ich und klickte auf das Login-Icon.
Ich sah zum lockigen Mann hinüber. Er blickte konzentriert auf das Ergebnis einer Yahoo!-Suche. Ich sah zum Empfangstisch. Die Frau im Kostüm stand mit gerunzelter Stirn vor einem weiteren der Für-Mitternacht-viel-zu-fröhlichen Kinko’s-Mitarbeiter.
Ich wartete auf die Fehlermeldung. Dieses Mal jedoch kam keine. Eine Willkommen-Seite baute sich auf. Oben auf dem Bildschirm stand:
Hi,
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