Kein Tod wie der andere
dem Weg, den der luxemburgische Polizist zuvor gegangen war. Der Kies unter seinen Schuhen knirschte, doch er glaubte nicht, dass er vorsichtig sein musste. Am Rand des großflächigen Rasens sah er den aufmerksam wartenden Kollegen. Sie nickten sich kurz zu, und Buhle ging weiter auf die Terrasse. Die großen Fenster waren von innen mit Vorhängen zugezogen. Buhle schaute durch die Lücken zwischen den einzelnen Bahnen, konnte aber im Dämmerlicht im Innern nur die Einrichtung eines ansonsten augenscheinlich leeren Wohnzimmers wahrnehmen. Vor den Seitenfenstern waren Beete mit Ziersträuchern angelegt, die es nur schwer möglich machten, durch die höher gelegenen Fenster zu schauen. Es gelang ihm nur mühsam, ohne dass er irgendeine Person oder etwas Auffälliges sehen konnte.
Er hörte Ducard seinen Namen rufen. Auch der andere Polizist lief bereits Richtung Straße.
»Schnell, Christian, Reno ist gerade wie von der Tarantel gestochen raus aus seiner Tiefgarage. Die Kollegen haben einen Funkspruch abgesetzt. Er rast Richtung Süden, vielleicht Richtung Autobahn. Offenbar will er uns abhängen. Los.« Ducard war schon an der Fahrertür, als er den beiden anderen noch zurief: »Ihr bleibt hier, falls Dardenne sich noch blicken lässt.«
Kaum saß Buhle auch im Auto, fuhr Ducard mit quietschenden Reifen los.
»Wo willst du jetzt hin?«, fragte Buhle, der wilde Verfolgungsjagden nicht ausstehen konnte.
»Erst mal raus hier zur Autobahnauffahrt. Dort können wir warten, bis wir Weiteres erfahren.«
Es dauerte nicht viel länger als zwei Minuten, als sie in der Nähe eines Baumarktes in Sichtweite der Autobahnauffahrt wieder hielten. Ducard hatte den Polizeifunk eingeschaltet und hörte mit, wie die Polizisten berichteten, dass sie Reno zweimal um einen Kreisel und dann in Richtung Hollerich gefolgt waren; dort hatte er sie durch die Wohnstraßen gescheucht, wo sie ihn verloren hatten.
Ducard stieß einen Fluch in seiner Heimatsprache aus, den Buhle lieber nicht übersetzt haben wollte.
»Und was jetzt?«
»Keine Ahnung. Reno kann von da aus überallhin fahren. Da ist direkt das doppelte Autobahnkreuz Gasperich in der Nähe, dass die südliche Autobahnumgehung mit der Autobahn nach Thionville verbindet. Wo kann er jetzt nur hinwollen?«, überlegte Ducard laut, bis der nächste Funkspruch ihn aus den Gedanken riss.
»Wir haben ihn wieder. Er ist tatsächlich zurück und auf die A 3, wie ich es mir gedacht habe.« Buhle hatte zwar nicht alles verstanden, aber an dem Tonfall deutlich gehört, dass der junge Polizist ausgesprochen zufrieden über seinen Instinkt war. »Jetzt fährt er ab auf die A 6 Richtung Strassen. Wir bleiben mit Abstand an ihm dran.«
Ducard wirkte deutlich angespannt, als er zum Funkgerät griff. »Hier Ducard. Wir stehen direkt an der Auffahrt Helfent. Wenn er am Kreuz Cessange vorbei ist, sagt Bescheid, dann übernehmen wir.« Ducard startete wieder und lenkte seinen Wagen vom Standstreifen auf die Fahrbahn zurück. Langsam unterquerte er die Autobahnbrücke und wartete wieder. Es dauerte nur noch wenige Minuten, bis die Meldung über Funk kam, dass Reno das zweite Autobahnkreuz passiert hatte und auch keine Anstalten machte, die Autobahn an der nächsten Abfahrt zu verlassen. Ducard steuerte sofort den Wagen auf die Autobahn. Reno überholte sie mit seinem schwarzen TT nur wenige hundert Meter danach. Sie folgten ihm in größerem Abstand, wobei Ducard ihre Position fortwährend über Funk durchgab.
Dann wurde er von einer neuen Durchsage unterbrochen. Offenbar war Dardenne von zu Hause losgefahren. Die Kollegen hatten erst drehen müssen und konnten ihm so nicht rechtzeitig folgen. Als sie auf der Hauptstraße angelangt waren, war er schon nicht mehr zu sehen gewesen.
Buhle schätzte, dass mittlerweile alle an einem Sonntag verfügbaren Einsatzkräfte der Hauptstadt des Großherzogtums in ihren Autos an der Verfolgung beziehungsweise Suche nach Reno und Dardenne beteiligt sein mussten. Sie selbst konnten jetzt nur Reno weiter folgen, auch wenn der Gedanke, dass ihnen Dardenne entwischen könnte, schwer zu ertragen war.
In einer weiten Linkskurve führte die A 6 nach Westen. Sie fuhren an der Ausfahrt Bridel vorbei, bis Reno vor Mamer den Blinker setzte. Sie folgten ihm die Ausfahrt hinunter Richtung Stadt und dann in einem Kreisel wieder unter die Autobahn durch Richtung Norden. Die Straße war hier lang gezogen, und Ducard vergrößerte den Abstand zu dem vor ihnen fahrenden
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