Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa
alleine.«
Ich sah nur das hektische Nicken. »Gut. Kommen wir zum Geld.«
Mit finsterem Gesichtsausdruck stand Ines im Wäschekeller und sortierte Handtücher. Sie hatte meine triumphierende Mitteilung:
»Wir haben einen Koch!« überhaupt nicht kommentiert, sondern warf wütend Handtuch um Handtuch in verschiedene Körbe.
»Sag doch mal was dazu. Das ist nämlich echt super! Wir haben jetzt ein Problem weniger. Ines!«
Sie hielt in ihrer Bewegung inne, dann schmiss sie das Handtuch neben den Korb und funkelte mich aufgebracht an.
»Weißt du, was mich tierisch nervt? Nein? Soll ich dir das sagen?«
Gleichmütig sah ich sie an, vermutlich hatte sie von Adelheid den Anpfiff ihres Lebens bekommen. Das war sie eben nicht gewöhnt.
»Lass dich doch von Adelheid nicht fertigmachen.« Ich hob das Handtuch vom Boden auf und legte es in den Korb. »Ich glaube,
sie meint es gar nicht so.«
Meine Schwester holte Luft, dann presste sie die Lippen zusammen, griff nach dem Handtuch und schmiss es wieder auf den Boden.
Jetzt wurde sie kindisch. Ich seufzte übertrieben und drehte mich zur Tür. Aber Ines hielt mich mit hartem Griff am Arm fest
und rief mit vor Wut zitternder Stimme: »Ich sage es dir: Deine Freundin hat ein ernsthaftes Problem, das ist Pech. Sie bittet
dich, ihr zu helfen, das musst du auch machen. Du hast seit Monaten schlechte Laune und lehnst jede Hilfe und Ablenkung von
uns ab, das musst du selbst wissen. Ich biete dir an, mit dir nach Norderney zu kommen, damit wir dieses Chaos hier zusammen
hinkriegen, das ist natürlich meine Entscheidung. Aber dass du jetzt die große Schwester und Chefin gibst, dass du so tust,
als hättest nur du den Stress und den Durchblick, dass du nicht einmal Danke sagst oder wenigstens mal besser gelaunt bist
oder vielleicht mal etwas mit mir besprichst, bevor du etwas entscheidest, das geht mir echt auf den Geist. Dauernd kommt
nur: ›Ines, die Spülmaschine‹, ›Ines, der Kaffee muss rein‹, ›Ines, siehst du das nicht?‹ Ich kann auch gerne meine Sachen
packen und nach Hause fahren, dann darfst du das alles allein machen. Was habe ich mit Marleen zu tun?«
Ich schluckte. Und überlegte, über was genau sie sich jetzt so aufregte. Dass ich einfach schwieg, brachte sie noch mehr in
Rage.
»Du guckst schon wie Mama. Wenn du jetzt noch sagst: ›Kind, reg dich doch nicht so auf!‹, dann flippe ich aus!«
Aber genau das tat sie ja gerade. Ich schlug einen versöhnlichen Ton an, nicht, weil ich sie verstand, sondern weil ich befürchtete,
dass man ihre Schreierei bis nach oben hörte.
»Komm, Ines, ich entscheide doch gar nichts allein. Und wenn ich mich dir gegenüber falsch verhalten habe, tut es mir leid.
Und …«
»Du hast doch gerade den Koch eingestellt.« Sie schnappte nach Luft. »Ich habe den noch nicht mal gesehen. Adelheid hat gesagt,
dass das so ein pickeliges Bübchen ist, das uns nur noch mehr Arbeit macht. Die behandelt mich übrigens auch, als wäre ich
der Volltrottel vom Dienst. Genau wie du.«
Jetzt wurde ich ebenfalls langsam sauer. »Adelheid. Die hat ihn nur ganz kurz gesehen, außerdem war sie geladen, weil wir
die Waschmaschine nicht angestellt haben. Sie findet es doch sowieso blöd, dass ich hier bin.«
Ines tippte mit ihrem Zeigefinger auf meine Brust. »Genau das meine ich: Dass
du
hier bist.
Wir
sind hier, meine Liebe, vergiss mich nicht andauernd. Bis ich zehn Jahre alt war, hast du mich dauernd überall stehen lassen
und vergessen, diese Zeiten sind aber vorbei.«
»Dauernd!« Ich schob ihren Finger weg und schüttelte ungeduldig den Kopf. »Vielleicht zweimal. Einmal in der Karstadt-Toilette
und einmal in der Sporthalle. Das war nur aus Versehen.«
»Und was war am Bahnhof? In Altona?«
»Christine? Ines?« Gesa stand plötzlich in der Tür und sah uns fragend an. »Was macht ihr denn hier?«
»Nichts.« Wir antworteten im Chor.
»Das könnt ihr vielleicht auch in der Küche machen. Da steht ein Hans-Jörg, der keinen Plan hat. Sagt er jedenfalls. Er soll
kochen, weiß aber nicht, was. Ich habe den noch nie gesehen. Kennt den jemand?«
»Da musst du meine Schwester fragen.« Ines sprach sehr langsam und laut. »Die kennt nämlich alles und jeden. AuchKinder namens Hans-Jörg. Ich muss hier noch die niederen Wascharbeiten verrichten, anscheinend bin ich für andere Dinge noch
zu klein.«
»Meine Güte, Ines!«
Ich drehte mich auf dem Absatz um und ging nach oben. Im Weggehen
Weitere Kostenlose Bücher