Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa

Titel: Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
Vom Netzwerk:
hörte ich Gesas mitleidige Stimme: »Dicke Luft?«
    Ich beschleunigte meine Schritte, Ines’ Antwort wollte ich überhaupt nicht hören.
    Während ich in Richtung Küche ging, überlegte ich, warum meine Schwester eigentlich so sauer war. Gut, mich regte manchmal
     ihre lässige Art auf, aber das war schon immer so gewesen. Früher musste ich mit ihr Schularbeiten machen, das dauerte oft
     ewig, weil sie, statt nachzudenken, die karierten Seiten mit Buntstiften ausmalte, sobald ich wegguckte. Oder dauernd aufstand
     und weglief, weil ihr gerade etwas ganz Wichtiges eingefallen war. Ab und zu schlief sie sogar beim Vokabellernen einfach
     ein, nur weil sie keine Lust mehr hatte. Und ich bekam anschließend Ärger mit meiner Mutter. »Es ist doch wohl nicht zu viel
     verlangt, wenn du
ein Mal
deiner Schwester bei den Hausaufgaben hilfst. Und dafür sorgst, dass sie die fertig bekommt.«
    Klar, nur leider durfte ich sie nicht dabei anketten.
    Natürlich war ich froh, dass sie mitgekommen war. Aber umgekehrt hätte ich das ja auch für sie gemacht. Eine böse Stimme meldete
     leise Zweifel an, ich wischte sie weg und nahm mir vor, aufmerksamer zu sein. Wenn Ines bloß nicht abreiste.
     
    In der Küche empfing mich Hans-Jörg, der mit hängenden Armen vor dem Kühlschrank stand.
    »Es ist nichts da«, sagte er mit trauriger Stimme, »was soll ich denn kochen? Hier sind nur Eier und Wurst und Käse und Quark,
     aber das ist ja alles nur fürs Frühstück und nicht fürs Abendessen, und ich weiß gar nicht, was ihr auf dem Buffet haben wollt,
     und   …«
    »Hans-Jörg!«
    Es war ein Phänomen, der Junge holte beim Reden überhaupt keine Luft. Jetzt schloss er langsam den Mund und sah mich an.
    »Kannst du eine   … ähm   … Kartoffelsuppe machen? Und vielleicht eine Fischplatte?«
    Hans-Jörg dachte nach. »Kartoffelsuppe kann ich. Für zwanzig Personen braucht man vier Bund Suppengrün, Kartoffeln, Möhren,
     Gemüsebrühe, Speck   …«
    »Ja, ja«, unterbrach ich ihn, »und dann eine Fischplatte?«
    »Fischplatte? Da braucht man Räucherfisch und Krabben und ein bisschen Aal und Matjes und zum Dekorieren Salat und   …«
    Kraftlos schloss ich die Kühlschranktür und lehnte mich erschöpft dagegen. »Gut, Hans-Jörg. Dann machen wir jetzt schnell
     einen Einkaufszettel und Ines   … Ich meine, ich fahre schnell einkaufen. Ich hole was zu schreiben.«
    Auf dem Weg zum Auto fiel mir ein, dass ich Pierre meinen Schlüssel gegeben hatte. Er wollte irgendwelche Dinge erledigen.
     Das also auch noch. Tief durchatmend drehte ich um und ging zum Fahrradschuppen. Es gibt Tage, die es einem nicht ganz leicht
     machen.

Mit dem rechten Oberschenkel stemmte ich mich gegen den Fahrradrahmen, mit dem linken Schienbein drückte ich gegen die Plastiktüte,
     die umzufallen drohte, meine rechte Hand zog den Lenker gerade und mit links versuchte ich, zwei Bund Suppengrün in die Fahrradtasche
     zu stopfen.
    »So wird das doch nichts.«
    Kallis sonore Stimme ließ mich derart zusammenzucken, dass meine gesamte Körperspannung wich und das Fahrrad kippte. Bei meinem
     Sturz auf die Einkaufstaschen entluden sich Kartoffeln, Möhren, Speck, Petersilie, Schlagsahne und Zwiebeln auf den Gehweg.
     Alles um mich herum. Mitfühlend half Kalli mir beim Aufstehen und klopfte Zwiebelschalen von meinem Hintern.
    »Kann ich dir helfen? Du kriegst doch gar nicht alles rein. Hast du dir wehgetan?«
    »Hallo, Kalli.« Ich schob seine Hand weg. »Das geht schon, danke. Dieser blöde Fahrradständer hält nicht.«
    Fachkundig ging Kalli in die Knie und begutachtete den Metallfuß. »Da sind nur die Schrauben lose, das kann ich dir reparieren.
     Wieso musst du überhaupt mit dem Rad so viel einkaufen? Ich denke, du machst mit deiner Schwester hier Ferien. Hat Heinz mir
     doch erzählt. Und? Ist es schön?«
    Der Griff des Einkaufsbeutels war gerissen. Ich stellte das Fahrrad wieder auf und hielt Kalli den Lenker hin.
    »Hier, halte bitte mal, dann kann ich die Tasche umpacken.«
    »Das geht nicht alles da rein. Sehe ich doch so. Gib mir einfach die Tüte, ich lade sie in meine Gepäcktasche, meinRad steht da vorn. Wenn du mir eine Tasse Kaffee anbietest, komme ich mit dir zu Marleen.«
    Kalli ließ das Rad los, es kippte wieder um, der Lenker knallte gegen mein Schienbein.
    »Oh, entschuldige. Jetzt gib mir aber wirklich die Tasche, ich bringe sie zur Pension.«
    Mit zusammengebissenen Zähnen und Schmerzenstränen in den Augen sah ich mich

Weitere Kostenlose Bücher