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Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa

Titel: Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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eingeschlafen, ich setzte mich auf die Bettdecke und schüttelte es vorsichtig aus. Eine leichte Panik überfiel
     mich. Wie waren wir denn hier gelandet? So etwas nannte man wohl Filmriss. Schwerfällig rappelte sich meine erste Liebe hoch
     und stützte sich auf. An Toms verdattertem Gesichtsausdruck erkannte ich, dass wir beide gleichermaßen betrunken gewesen waren.
    »Morgen«, brachte er mühsam heraus. »Das war ja dann wohl eine wilde Nacht.«
    Ich hatte einen kleinen Bewusstseinsvorsprung. »Wild nicht, eher warm.«
    »Wie?« Er konnte nur krächzen.
    Betont langsam zupfte ich dunkelblaue Wollfäden von meiner violetten, zu engen und jetzt völlig verknautschten Bluse.
    »Beates Pullover war zwischen uns. Du musst ordentlich geschwitzt haben in dem Ding.«
    Mein Blick wanderte durch das Zimmer. »Dafür haben wir die Schuhe an der Tür ausgezogen.«
    Sie standen sogar wie ausgerichtet nebeneinander.
    Tom hatte sich aufgesetzt und hielt seinen Kopf. »Sag mal, was war das bitte für ein Abend. Habe ich mich danebenbenommen?«
    Beim Aufstehen ging es mir nicht so schlecht, wie ich erwartet hatte.
    »Ich glaube nicht. Ich weiß nur noch, dass wir uns gegenseitig alle unsere Liebesgeschichten erzählt haben. Aber wir haben
     uns noch nicht mal geküsst. Glaube ich.«
    Tom schüttelte den Kopf. »Eine Schande. Dass wir uns nicht geküsst haben, meine ich. Wie spät ist das denn?«
    Meine Uhr lag auf dem Tisch. »Viertel nach sieben. Ich muss rüber. Wir sehen uns ja gleich beim Frühstück.«
    Als er an der Tür stand, küsste er mich flüchtig auf die Wange und sagte: »Wir haben doch auch darüber gesprochen, wie wir
     damals zusammengekommen sind, oder?«
    Ich nickte.
    Erleichtert sagte er: »An den Teil des Abends kann ich mich noch erinnern. Das war auf der Klassenfahrt nach Braunschweig,
     nicht?«
    Es wurde nicht besser. Ich musste die langweiligste Freundin gewesen sein, die er je gehabt hatte. Zum dritten Mal innerhalb
     von zwölf Stunden legte ich ihm die Hand auf den Arm.
    »Ich war noch nie in Braunschweig. Ich war auch nie in deiner Klasse oder Parallelklasse, sondern zwei Jahre unter dir. Du
     hast mich mit deinem gelben Rennrad vor der Turnhalle über den Haufen gefahren. Und mich anschließend zum Arzt gebracht. Und
     dann zu einer Cola eingeladen.«
    »Mehr grün«, antwortete er und tippte mir zum Abschied auf die Nase. »Ich hatte nie ein gelbes Rennrad. Bis später.«
    Als ich die Tür hinter ihm schloss, kam Ines aus dem Badezimmer.
    »Guck mal an.« Sie lehnte sich grinsend an den Türrahmen. »Das ging ja schnell mit der Wiederbelebung. War es schön?«
    »Du brauchst gar nicht so zu schauen.«
    Ich ging an ihr vorbei in die kleine Küche und sah erfreut, dass sie Kaffee gekocht hatte. Sie folgte mir und nahm zwei Becher
     aus dem Regal.
    »Jetzt erzähl doch mal.«
    »Da gibt es nicht viel zu sagen. Wir hatten zusammen ungefähr fünf Promille und sind beim sentimentalen Geschwätz in einen
     bleiernen Schlaf gefallen. Im Gegensatz zu dir habe ich noch nicht einmal geknutscht.«
    Ines reichte mir ungerührt einen Kaffeebecher. »Aber es hört sich doch nach einem fidelen Abend an.«
    »Fidel?« Ich pustete in die heiße Tasse und plötzlich fiel mir wieder ein, wie der Abend begonnen hatte. »Bevor ich losgegangen
     bin, habe ich Johann angerufen. Eine Frau hat abgenommen. Gunilla Hagestroem. Super, oder?«
    Sofort bekam ich wieder schlechte Laune. Ines lehnte sich an die Spüle und musterte mich nachdenklich.
    »Ich bin heute Morgen in dein Zimmer gekommen, und da lagst du mit einem anderen Mann im Bett.«
    »Wir waren angezogen.« Immer noch ärgerlich hob ich den Kopf. »Da war ja nichts.«
    »Ach, war Frau Hagestroem nackt am Telefon?« Die Ironie troff aus jedem Wort. »Oder wo ist dein Problem?«
    Gereizt schwenkte ich den Kaffee, ein paar Tropfen schwappten raus und landeten auf meiner Bluse.
    »Wieso geht eine fremde Frau an Johanns Telefon? Und als ich noch einmal angerufen habe, sprang die Mobilbox an. Das ist doch
     seltsam.«
    »Ach, Christine.« Seufzend stellte Ines ihre Tasse auf den Tisch. »Du bist immer so schnell mit deinen Schlüssen undMeinungen. Nur
du
machst nie etwas falsch. Das nervt. Außerdem solltest du dich noch umziehen, deine Bluse ist fleckig. Und wir müssen rüber.«
    Erstaunt sah ich ihr nach. Früher hätte sie sich nie getraut, ihre große Schwester so zu kritisieren. Irgendetwas passierte
     hier mit uns.
     
    Ich musste nicht nur eine andere Bluse

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