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Kein zurueck mehr

Kein zurueck mehr

Titel: Kein zurueck mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swati Avasthi
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studiert.«
    »Was ist passiert, als er dich in New York gefunden hat?«, frage ich Christian.
    Sein Kiefermuskel zuckt. »Verletzung von Regel Nummer eins.«
    Plötzlich wird mir bewusst, wie sehr meine bloße Anwesenheit alles zunichtezumachen droht, was er getan hat, um zu fliehen: der Aufenthalt bei der Familie Costacos, die Zeit allein in New York, die Reise über den Atlantik und zurück. Und wie ihn das dazu gebracht hat, alle Familienbande zu kappen, wie er diese Gefühle wahrscheinlich ausblenden musste, um durchzukommen. Den Appell an seine Bruderliebe bekomme ich nicht mehr über die Lippen.
    »Nach mir wird er jedenfalls nicht suchen«, sage ich.
    »Darauf würde ich mich nicht verlassen.«
    »Nein, bestimmt nicht. Es ist nicht wie mit dir. Ich meine, du hast ihn verlassen. Das musste ihm ja ein Dorn im Auge sein. Aber mich wollte er loswerden.«
    Er wird still und ich kann die Frage hören, die er nicht stellen wird: Was hast du getan? Aber gemäß Regel Nummer eins kann er nicht fragen und von mir aus werde ich nichts sagen. Wenn ich ihm erzählen würde, dass ich meinen Vater geschlagen habe, sogar als Erster zugeschlagen habe, würde Christian mir auf die Schulter klopfen oder mich für zu gewalttätig halten, ein zu großes Risiko, und mich rausschmeißen?
    Er lehnt sich zurück und schließt die Augen und jetzt verstehe ich, warum er die ganze Zeit so kühl war. Er dachte, Dad wäre mir auf den Fersen und ich hätte ihm nach fünf Jahren Davonrennen alles vermasselt.
    »Wenn das wirklich stimmt«, sagt er, »wäre das großartig. Aber ich will trotzdem nicht, dass er erfährt, wo ich bin. Also, keine Telefongespräche mit Mom. Und gib ihr nicht die Nummer.«
    »Was, wenn sie uns erreichen muss?«
    Ich habe das Gefühl, er reicht mir einen Spaten – schaufle du das Grab. Auf ihrem Grabstein wird stehen:
    H IER L IEGT
    J ENNIFER W ITHERSPOON
    M ISSHANDELTE E HEFRAU UND VERLASSENE M UTTER
    » Fahr los «, hatte sie gesagt, ohne meine Hand zu berühren. » Ich komm dann nach .«
    Ich blicke in Christians blaue Augen. Er beugt sich vor, die Handflächen aneinandergelegt, und mustert mich. Jetzt hab ich mich endgültig ins Aus bugsiert.
    »Okay, in Ordnung.« Die Schaufel senkt sich in den Boden, der erste Spatenstich für ihr Grab, und ich werfe die Erde zur Seite. Wusch.
    »Das meiste Geld, das ich Mom geschickt –«, beginnt Christian.
    »Holla! Du hast ihr Geld geschickt?«
    »Kannst du dich nicht wenigstens für dieses Gespräch an die Regeln halten?«
    »Sorry«, sage ich.
    »Ich habe ihr Geld geschickt, damit sie ihn verlassen kann …«
    Ich höre nicht mehr zu. Sie hatte Zugang zu seiner Adresse, seinem Geld und sie ist trotzdem da geblieben? Das raff ich nicht. Warum ist sie nicht einfach mit mir ins Auto gestiegen?
    »Was?«, sage ich, als ich wieder aus meinen Gedanken auftauche.
    »Ich hab ihr Bargeld geschickt, damit es Dad nicht auf dem Konto auffallen würde. Ich hab es von einem Postfach ohne meine Adresse geschickt. Und ich hab einen falschen Namen für sie verwendet, damit es aussah, als hätte sich jemand in der Adresse geirrt. Egal, wenn du ihr also unbedingt schreiben willst, können wir das deichseln.«
    »Du schickst ihr Bargeld?«
    Christian nickt.
    Ich schlucke und frage mich, ob sie wohl ihre ganze Reserve für mich geopfert hat oder nur eine monatliche Sendung. »Moment mal. Wie hat sie dann … Sie hat mir doch einen Briefumschlag mit deiner Adresse gegeben.«
    »Der, den du unter meiner Tür durchgeschoben hast? Ja, das eine Mal hab ich riskiert, ihr einen Brief zu schicken. Ich hab irgendeinen falschen Brief reingelegt, aber unseren Codenamen darin versteckt, der übrigens ›Henry Higgins‹ lautet.« Er lächelt vor sich hin und ich bin sicher, es ist eine Anspielung auf einen Jux zwischen den beiden, über den ich nicht Bescheid weiß.
    »Ich wollte, dass sie meine Adresse hat, wenn ich umziehe, wollte ihr sagen, wohin sie kommen sollte, wenn sie ihn verlassen würde.«
    »Was ist mit E-Mail?«
    »Jetzt hör aber auf, Jace.«
    Ich nehme die Amex-Karte in die Hand und presse meinen Finger gegen die Kante.
    »Keine E-Mails.« Mein Magen dreht sich um. »Mit Ausnahme …«
    Er zieht die Stirn kraus und starrt mich an. Es ist keine schlechte Möglichkeit, die Lage zu sondieren, zu sehen, ob ich ihm von dem Anruf erzählen kann.
    »Mit Ausnahme … der Mail, die ich schon geschrieben habe.«
    »Jace! Verdammt.«
    Ich drücke die Kreditkarte so fest, wie ich kann, in meinen

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