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Kein zurueck mehr

Kein zurueck mehr

Titel: Kein zurueck mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swati Avasthi
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dass du das behalten hast. Wie oft seid ihr umgezogen, seit ich weg bin?«, fragt er.
    »Nur zweimal. Mom war klar geworden, dass er uns immer wieder verpflanzte, sobald sie Freundschaften geschlossen hatte. Er hat das schlau gemacht, die Arbeit in der Nähe und Freunde weit weg. Ein Dreiecksnetz, wahrschein…«
    »Zweimal«, sagt er und starrt immer noch auf meine Hände, »und du hast das Prisma mitgenommen?«
    Ich stutze und richte den Blick auf das geschliffene Glas in meiner Hand. »Ja. Ich hab es mitgenommen.«
    Es war vielleicht albern, mag sein. Als Christian gerade abgehauen war und wir umzogen, bekam ich Panik, dass er uns nicht mehr wiederfinden würde. Ich nahm sein Prisma und hängte es in mein Fenster. Wenn er zufällig an unserem Haus vorbeikommen würde, dachte ich, würde er es wiedererkennen und wissen, wo wir waren. Jetzt reiche ich ihm das Prisma.
    »Nein«, sagt er, »lass es hier. Er soll nicht rausfinden, dass wir hier waren.«
    Ich zögere, aber ich schätze, ich brauche es nicht mehr. Ich bringe es zurück zum Fenster und versuche, es zurück in den staubfreien Kreis zu kleben.
    »Tja …«, sage ich.
    »Sollen wir warten?«
    »Ich denke schon.«
    Für eine Minute sitzen wir schweigend da.
    »Hunger?«, frage ich. »Komm mit.«
    Wir gehen in die Küche und Christian steht da, ohne zu wissen, wo irgendwas ist, während ich auf den Kühlschrank zusteuere. An der Tür sehe ich unsere Notiztafel. Darauf steht mit blauem Stift gekritzelt:
    10 : 00 Einkaufen für Party
    12 : 00 Torte fertig, abholen um 13 : 00
    14 : 00 Truthahn würzen, Kartoffeln kochen …
    Ich zeige Christian die Tafel.
    »Vor zwei wird sie also nicht zurück sein«, sagt er.
    Die Uhr an der Mikrowelle zeigt 10 : 15 .
    »Tja«, sage ich, »was nun?«
    Wir klopfen an die Tür des winzigen Sandsteinhauses, in dem die Familie Costacos wohnt. Durch das grüne Buntglasfenster sehe ich eine Gestalt auf uns zukommen. Ich werfe einen Blick zu Christian, der weniger als zehn Zentimeter vor der Tür steht. Ich bleibe zögernd vor der »Welcome«-Fußmatte stehen.
    Ein kleiner, weißhaariger Mann öffnet die Tür und Christian wirft seine Arme um ihn. Er drückt Christian langsam an sich und schließt die Augen.
    »John«, sagt Christian, als er sich befreit hat. »Das ist mein Bruder, Jace.«
    John kommt auf mich zu und schüttelt mir die Hand. »Wie schön, euch beide nach so langer Zeit wiederzusehen.« Er dreht sich um und brüllt: »Effie!«
    Ich mache einen Schritt zurück, während er etwas auf Griechisch ruft. Das einzige Wort, das ich aufschnappe, ist das unübersetzte »Christian«.
    Eine rundliche Frau kommt zur Tür geflitzt und schließt Christian in ihre Arme. Er lacht und drückt ihr einen Kuss auf die Wange. Sie gehen zusammen ins Haus. Ich folge ihnen und bleibe zögernd in der Küchentür stehen. Christian setzt sich an den Tisch, während Effie hinter der Kühlschranktür verschwindet und drei Fleischspießchen und einen Teller mit gefüllten Weinblättern hervorholt.
    »Was kann ich euch anbieten? Was kann ich euch machen? Ist ein Resteessen okay? Alles andere im Kühlschrank ist fürs Dinner morgen, aber euch einfach unsere Reste anzubieten, kommt mir doch ein bisschen, na ja …«, sagt sie.
    »Ein Resteessen ist perfekt.«
    »Wirklich? Magst du griechisches Essen?«, fragt sie mich. »Komm rein, komm rein. Setz dich doch.«
    Christian lässt den Blick durch die Küche schweifen und strahlt. In den fast drei Monaten, die ich schon in Albuquerque bin, habe ich ihn nicht einmal strahlen sehen. Das, begreife ich, ist der Unterschied zwischen dem Bruder, den ich kannte, und dem Bruder, den ich jetzt kenne.
    »Ihr habt die Gardinen erneuert«, sagt er.
    Effie geht zu Christian hinüber, legt eine Hand unter sein Kinn und mustert sein Gesicht wie eine Mutter, die sehen will, ob sich ihr Sohnemann schmutzig gemacht hat.
    »Ich bin in Ordnung. Mir geht’s gut.«
    »Na gut«, sagt sie und bohrt nicht weiter nach. Jetzt weiß ich, woher Christian das hat.
    Sie beginnt etwas gelben Reis auf Christians Teller zu füllen und wendet sich ihm dabei die ganze Zeit zu. Sie haben ihn sofort mit offenen Armen empfangen und keine einzige Frage gestellt. Ich kann verstehen, warum er sich hier so zu Hause fühlt.
    John rückt einen Stuhl ab. »Soll ich Paul und Henry anrufen, ob sie zum Abendessen kommen? Wie lange kannst du bleiben?«
    Effie macht fast einen Luftsprung. »Oh, wäre es nicht wunderschön, mal wieder alle zusammen zu

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