Kein Zurueck nach Oxford
Ereignis, das mit einem Knoten zu tun hatte? Der Gordische Knoten! Richtig! Niemand war in der Lage gewesen, ihn zu lösen, bis der Held kam – Herakles oder Odysseus oder wer auch immer – und ihn mit einem Schwerthieb in der Mitte teilte. Vielleicht war es das, was sie brauchte. Einen griechischen Helden. Mensch, Kate, mahnte sie sich, solche Geschichten solltest du lieber in deinen Romanen verarbeiten, anstatt dummen Träumen nachzuhängen.
»Ich gehe wieder runter und kümmere mich um die Briefe«, verkündete Kate. »Und anschließend jogge ich eine Runde.«
»Um acht Uhr gibt es Abendessen«, erinnerte Andrew sie. »Ich habe eine richtig leckere Suppe gekocht.« Er warf einen grimmigen Blick in Richtung Harley, der bei der Erwähnung selbstgemachter Suppe so tat, als müsse er sich auf den Teppich übergeben.
»Willst du wirklich bei diesem Nebel laufen?«, fragte Paul.
»Natürlich.«
» Soll ich lieber mitkommen?«
»Nein danke, ich laufe lieber allein. Ach übrigens, weiß einer von euch, wer den Gordischen Knoten durchgeschnitten hat?«
»Alexander der Große«, erwiderte Andrew. »Zumindest wird es ihm zugeschrieben, ohne dass es gesicherte Quellen gäbe. Warum? Brauchst du es für ein Kreuzworträtsel?«
»Nein, nein. War nur so ein Gedanke!«
In einer der besseren Gegenden Londons saß Aisling Furnavent-Lawne mit einem ihrer Autoren zusammen in der Bar eines kleinen, ruhigen Restaurants. Das Lokal war sehr beliebt bei Kunden, die über ein großzügig bemessenes Budget für die Bewirtung ihrer Gäste verfügten.
»Möchten Sie noch einen Whisky?«, fragte sie.
»Lieber einen dreifachen«, antwortete der Autor. »Die Drinks fallen hier ziemlich knickrig aus. Und bloß kein Wasser.«
»Bringen Sie uns bitte einen dreifachen Bushmills für meinen Bekannten und einen frisch gepressten Orangensaft für mich«, wandte sich Aisling an den Kellner. Sie würde sich hüten, auch nur den Versuch zu wagen, mit den Trinkgewohnheiten ihres Autors mitzuhalten. Wahrscheinlich läge sie schon unter dem Tisch, ehe sie dazu kämen, ihr Essen zu bestellen. Hoffentlich war Kate Ivory einigermaßen trinkfest. Ging sie nicht ab und zu mit Freunden in ein Weinlokal?
Aisling wartete, bis die Drinks serviert wurden, ehe sie sich an ihren Gesprächspartner wandte. »Ich hoffe, Sie freuen sich auf Ihre Lesereise, Devlin.«
»Das tue ich. Allerdings frage ich mich, warum wir uns heute noch einmal treffen. Ich dachte, alle Details stünden seit langer Zeit fest. Oder ist vielleicht etwas schief gelaufen?«
»Aber nein!«, antwortete Aisling viel zu schnell. Dabei errötete sie, wie immer, wenn sie nicht ganz ehrlich war.
Devlin wandte den Blick nicht ab, bis sie schließlich hinzufügte: »Na ja, nicht wirklich schief gelaufen. Es ist nur so, dass wir unsere ursprünglichen Pläne ein wenig ändern müssen. Leider sieht sich Rhea nicht in der Lage mitzufahren.«
»Zehn Tage im trauten Tête-à-tête mit dieser blonden Zuckerschnecke wären ja auch zu schön gewesen.«
Genau diese Haltung hatte Rhea letztlich dazu gebracht, die Tour abzusagen. Aisling fuhr fort: »Wir haben jedoch eine andere Autorin für die Reise gewinnen können. Sie ist übrigens ein großer Fan von Ihnen.« Auf keinen Fall durfte sie vergessen, Kate darüber zu informieren, dass sie Devlin Hayle zu bewundern hatte. »Außerdem ist sie jung und sieht sehr gut aus.« Hoffentlich trug Kate nicht ihre Doc Martens oder ein schlecht gelauntes Gesicht zur Schau, wenn sie Devlin zum ersten Mal traf.
»Und wer zum Teufel ist diese Frau Tausendsassa?« Devlins Augen waren unstet und rot geworden. Aisling hoffte, dass er nicht zu den Männern gehörte, die nach einigen Drinks aggressive Anwandlungen bekamen.
»Kate Ivory«, antwortete sie.
»Nie von ihr gehört«, säuselte Devlin. »Warum muss ich mit einer völlig Unbekannten losziehen?«
»Sie ist durchaus nicht unbekannt.« Aisling setzte ihr herzlichstes Lächeln auf und winkte dem Kellner. »Bitte noch einen Bushmills. Oder bringen Sie uns besser gleich zwei.« Sie fühlte sich, als könne sie jetzt ebenfalls eine künstliche Stimulans brauchen. »Ist unser Tisch schon frei?«
Und dann begann sie damit, Devlin Hayle die Idee schmackhaft zu machen, Kate Ivory als Reisegefährtin mitzunehmen. Morgen stünde ihr die mindestens ebenso schwierige Aufgabe ins Haus, Kate an die Vorstellung zu gewöhnen, mehrere Tage mit Devlin zu verbringen. Sie konnte nicht behaupten, dass sie sich darauf
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