Kein Zurueck nach Oxford
einen ziemlichen Wirbel. Ehe ihr aufgetaucht seid, war ich schließlich auch in der Lage, mein Leben zu organisieren. Und ohne diese Besserwisserei könnte ich es ebenfalls ganz gut aushalten.«
Erstaunlich, wie viele Kleider man für eine zehntägige Tour durch England braucht, dachte Kate am Montagmorgen. Paul hatte versucht, ihr klarzumachen, dass es in den Städten, in denen sie lesen würde, sicher sowohl Wäschereien als auch Reinigungen gab und es daher genügt hätte, zwei oder drei schicke Outfits und ein paar Jeans und Sweatshirts einzupacken. Andrew hatte sie darauf hingewiesen, dass sie jeden Tag vor unterschiedlichen Leuten lesen würde und daher ohne Bedenken jeden Tag das Gleiche tragen könne.
»Und was ist mit Devlin Hayle?«, hakte sie nach.
»Was sollte mit ihm sein?«, fragte Andrew zurück.
»Warum sollte er sich darum kümmern, was du anhast?«, sagte Paul.
Nachdem Kate eine Antwort auf diese Fragen zu schwierig erschien, betrachtete sie sie als rein rhetorisch und hüllte sich in würdiges Schweigen.
Der Kofferraum füllte sich mit Koffern, Reisetaschen und Plastiktüten.
»Ich sollte meine Wanderschuhe mitnehmen«, überlegte Kate. »Und vielleicht eine Regenjacke.«
»Du spinnst«, erklärte Andrew. »Du hast bestimmt keine Zeit zum Wandern!«
»Und vielleicht solltest du wenigstens ein bisschen Platz für Devlins Gepäck lassen«, schlug Paul vor.
»Ach was, Männer nehmen nie viel mit!«
»Na, hoffentlich behältst du Recht. Jedenfalls sehe ich schwarz, dass dein Auto es bei diesem Gewicht auch nur bis zum Ende der Agatha Street schafft – geschweige denn fünf Mal rund um das ganze Land.«
»Außerdem solltest du allmählich losfahren«, sagte Andrew mit einem Blick auf die Uhr.
»Dabei fällt mir ein: Wieso seid ihr beiden nicht auf der Arbeit?«
Verlegen sahen Paul und Andrew sich an. »Also ich habe mir ein paar Stunden freigenommen, um dir Auf Wiedersehen sagen zu können«, rückte Andrew schließlich mit der Sprache heraus.
»Ja, und ich hatte die gleiche Idee«, sagte Paul.
Kate knallte den Kofferraum zu, legte den Straßenatlas auf den Beifahrersitz und verstaute das Handy in der Türablage auf der Fahrerseite. Dann gab sie Paul und Andrew einen Abschiedskuss, umarmte beide und stieg ein.
»Passt mir gut auf Harley auf!«, rief sie.
»Fahr vorsichtig!« und »Viel Erfolg!«, riefen sie zurück.
Das Letzte, was Kate von ihnen sah, waren ihre kleiner werdenden Gestalten im Rückspiegel, ehe sie um die Ecke bog und die Straße nach Swindon einschlug. Paul sah so formell aus wie immer, doch Andrew lächelte und winkte eifrig.
Später war sie froh, sich so an sie zu erinnern.
Kapitel 5
Februar war vermutlich nicht eben der günstigste Monat für einen Besuch in Swindon, mutmaßte Kate, als sie durch die Stadt fuhr und Ausschau nach den von Devlin angegebenen Orientierungspunkten hielt. Langweilige Straßenzüge, grauer Himmel, leichter Nieselregen. Autowerkstatt zur Linken, rechts eine Kneipe. Nächste Straße links. Hinter der Kurve herrschte ein Verkehrsstau, weil ein Containerlastzug versuchte, einen Bus zu überholen. Aber irgendwann ging es doch weiter. Ausschau nach einem Tandoori-Restaurant halten, dort rechts abbiegen. So weit, so gut. Mark Pattison Road. Das war es! Langsam fuhr Kate die Straße entlang. Hier waren die Hausnummern noch niedrig, sie aber suchte nach Nummer 104. Rechts und links standen große, ziemlich heruntergewirtschaftete Häuser mit winzigen Vorgärten, in denen alte Fahrräder und Mülleimer vor sich hin gammelten. An den Fenstern klebte Schwarzschimmel, wie er sich gern in feuchten Gebäuden bildete.
Was war dieser Devlin für ein Mensch? Ein Neuling, der erst noch Erfolg haben musste, um sich ein anständiges Leben leisten zu können? Ein Autor, dessen beste Zeiten vorüber waren? Oder vielleicht ein Literat mit hohen Prinzipien, der es vorzog, um der guten Literatur willen seine Finger am Puls des Volkes zu haben? Doch dann erinnerte sich Kate an den Einband von Harleys Buch und schloss die Vermutung, Devlin sei mit außergewöhnlich hohen Geistesgaben gesegnet, weitestgehend aus.
Sie fand das Haus, parkte ihren Wagen zwischen einem überquellenden Müllcontainer und einem alten Ford und ging zur Haustür.
Drinnen war es ausgesprochen laut. Kate fühlte sich an ihre Nachbarn erinnert. So war es bei Krötengesichts zugegangen, ehe Trevor das Weite gesucht hatte. Brüllen, Poltern, spitze Schreie, das dumpfe Dröhnen von Musik
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