Keine E-Mail fuer Dich
Passwörtern zu machen, die nach dem Tod von Angehörigen gelöscht werden können. Damit ist dem Betroffenen eher gedient. Ich gehe davon aus, dass in 20 bis 30 Jahren viele Facebook-Nutzer »tote Freunde« in ihren Freundeslisten haben, da Profile nicht gelöscht werden. Eine gruselige Vorstellung!
Mittlerweile gibt es jede Menge Internetforen für psychische Erkrankungen, darunter auch viele, die Störungsbilder verharmlosen oder sogar als ideale Lebensform propagieren. Dies findet sich häufig bei Essgestörten, z. B. Foren wie »Pro Ana«, wo Magersucht als Schönheitsideal vorgelebt wird. Oder Foren, die selbstverletzendes Verhalten wie Hautaufritzen o. Ä. anpreisen. In diesen Foren treffen sich Gleichgesinnte, bestehende Krankheitsbilder werden eher verstärkt denn entkräftet.
Wenn sich Patienten in meiner Praxis mit dem Thema Suizid beschäftigen oder Suizidgedanken äußern, dann sind sie meist nicht mehr oder weniger online als andere, aber sie sind sehr mit sich allein. Suizidgedanken bzw. Suizidversuche sind Hilfeschreie an die Familie, nahestehende Personen oder Beziehungspartner: »Kümmert euch um mich, helft mir!« Durch die Neuen Medien ist bis jetzt noch keiner meiner Patienten auf die Idee gekommen, sich umzubringen, Todestests im Internet – bei denen durch die Beantwortung diverser Fragen der persönliche Todestag ermittelt wird – wurden jedoch schon einige gemacht.
Generell habe ich nicht den Eindruck, dass sich die Neuen Medien viel mit dem Thema Tod beschäftigen oder sich ernsthaft damit auseinandersetzen. Die »Alten« Medien schreien immer besonders laut, wenn durch die »Neuen« Medien etwas passiert. Es ist schon eine Sensation, wenn im Fernsehen von einem toten Mädchen berichtet wird, das »seinen Killer über Facebook kennenlernte«. Ob es durch die neuen virtuellen Kontaktmöglichkeiten mehr Mord und Totschlag gibt, ist bis jetzt jedoch noch nicht erforscht.
Ich habe einige Patienten, die in Foren oder sozialen Netzwerken andere beleidigen oder zu suizidalen Handlungen auffordern: »Dann bring’ dich doch endlich um« oder »Ich wünschte, du wärst endlich tot, dann hätte ich meine Ruhe«.
Sie beschweren sich dann in meiner Praxis über die negativen Reaktionen, die sie darauf bekommen, und wie schlecht es ihnen damit geht. Wenn ich ihnen vorschlage, solch eine Kommunikation zu unterlassen, höre ich meist »Ich kann aber nicht anders« oder »Ich habe doch das Recht auf meine Meinung«.
Bei Online-Konflikten ist zu beobachten, wie erst versucht wird, den Kontakt weiterhin aufrechtzuerhalten. Wenn es besonders schmerzhaft wird, werden die Leute geblockt oder aus Freundeslisten gelöscht. Manchmal werden nach ein bis zwei Wochen die Kontakte auch wiederhergestellt, man verträgt sich wieder, bis das nächste Drama, der nächste Streit kommt. Diese Reihenfolge beobachte ich regelmäßig.
Dabei ist interessant, dass sowohl Menschen, die sich persönlich kennen, so merkwürdig miteinander umgehen, als auch Menschen, die sich in der Realität noch nie gesehen haben. Das zeigt, dass Hemmschwellen im Internet generell fallen.
Gerade junge Leute nehmen heutzutage Freundschaftsanfragen von Unbekannten an. Hintergrund ist das »Online-Sammeln« von »Freunden«: Je mehr man hat, desto beliebter ist man – ein Irrglaube. Denn viele verlieren den Überblick und schaffen es gar nicht mehr, ihre »500 Freunde« zu »verwalten«. Meiner Meinung nach überfordert das viele und nimmt Aufmerksamkeit und Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Alltag.
Facebook und auch andere soziale Netzwerke befriedigen das Bedürfnis nach Freundschaft und Aufmerksamkeit nicht wirklich, es ist nur ein »schönes« Geschäftsmodell!
Auf Facebook treffen sich schon längst nicht mehr nur Freunde und Bekannte, sondern das soziale Network wird von Privatleuten und Unternehmen gleichermaßen genutzt. Facebook hat die Welt verändert.
Der »Datenfütterer« ist nach Mark Zuckerbergs Maßstäben der ideale Nutzertyp für das soziale Netzwerk. Er teilt alles, z. B. posten seine Smartphone-Apps automatisch den Kalorienverbrauch des morgendlichen Joggings, zurückgelegte Kilometer und auch die dabei gehörte Musik. Solche Mitteilungen werden ergänzt durch Ortsmeldungen, z. B. beim Betreten von Cafés. Der Beziehungsstatus wird gewissenhaft gepflegt. Die sogenannten »Freunde« dieses Nutzertyps lassen seine Meldeflut längst ausblenden. Er hingegen freut sich sogar über Spam in seinem Posteingang.
Das
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