Keine E-Mail fuer Dich
einer Überprüfung durch die Umwelt geschützt zu sein. Flirt-, Erotik- und Sex-Chats sind beliebt, weil sie sexuellen Genuss versprechen. Anders als bei der »analogen Masturbation« spielt bei einer virtuellen Begegnung die Reaktion des Gegenübers eine große Rolle. Dies ermöglicht Neugier, Spannung und einen offenen Ausgang. Dadurch gewinnt die nun »virtuelle Masturbation« Realitätsnähe. Sex-Chats locken mit tabuloser Inszenierung ohne Vorspiel, der andere muss nicht berührt werden, sondern berührt sich selbst, unerwünschte Handlungen werden einfach weggeklickt, Erektionsprobleme werden kaschiert, und der Höflichkeitskaffee »danach« fällt aus. Das ist praktisch, effektiv und zeitsparend. Webcam und Ton können somit gezielt zur sexuellen Stimulierung auf Distanz genutzt werden. Userinnen posieren nackt vor der Webcam, lassen andere beim Masturbieren zuschauen und leiten Männer dazu an, dasselbe zu tun. Diese virtuellen sexuellen Kontakte sind das, was die meisten Menschen sich unter »Cybersex« vorstellen. Wer dafür bezahlt, kann alles sehen, dadurch wird in der Sexindustrie sehr viel Geld verdient. Das Bordell oder die Strip-Show werden ins eigene Wohnzimmer geholt. Anonymität erlaubt hier eine differenzierte Auswahl.
Chats ermöglichen Menschen in sozialer Isolation, mit Kontaktstörungen, physischen oder psychischen Handicaps den offenen erotischen Kontakt. Chat-Kontakte können sexuell stimulieren, und häufig verwischen die Grenzen zwischen virtuell und real. Sexuelle Erregung, Neugierde, das Gefühl von Vertrautheit im anonymen Chat sind im subjektiven Erleben sehr real. Viele unterliegen der großen Verführungsmacht und der Reizüberflutung.
Auch im privaten Bereich werden sexuell freizügige Fotos und Filme online gestellt. Der Kick des Tabubruchs scheint in unserer Gesellschaft sehr hoch zu sein. Es gibt über Werbung finanzierte kostenfreie Portale, in denen Laien ihre eigenen Clips mit hetero- und homosexuellen Inhalten einstellen können. Diese sind privat produziert und werden dann einer breiten Internetöffentlichkeit kostenlos zugänglich gemacht. Eine Vielzahl der User solcher Portale sind gleichzeitig Hersteller und Konsumenten von Sexvideos. Im Netz frönt man dem Exhibitionismus, denn auch Webcam-Portale, wo Männern und Frauen live beim Sex zugeschaut werden kann, erfreuen sich großer Beliebtheit. Diese körperlich-sexuelle Selbstinszenierung ist eine Re-Inszenierung der eigenen Sexualität, die auf die sexuelle Erregung des voyeuristischen Betrachters abzielt. Im Netz nimmt die gefilmte Sexualität dann ein »zweites Leben« an.
Ein Großteil der Bevölkerung (davon 80 Prozent Männer) nutzt regelmäßig sexuelle Angebote im Internet, dadurch ist internetgestützte Sexualität zum normalen Bestandteil ihres Alltags geworden. Internetsex ist mehr als nur eine bloße Erweiterung der herkömmlichen sexuellen Erfahrungen. Es ist einerseits eine »Entkörperlichung« der Sexualität, andererseits ein Mittel zur Beschleunigung von Face-to-Face-Beziehungen. Wer sich über einen Chat kennenlernt, weiß über die Sexualität des anderen vor der ersten realen Begegnung Bescheid und hat selbst seine sexuellen Vorlieben offenbart. Die auf Sexportalen eingestellten Profile sind sehr freizügig und kommen daher ohne die übliche »Verpackung« der realen Welt daher. Sexuelle Vorlieben und Abneigungen werden abgeglichen, dies wird spätestens beim Chatten geklärt. Dann wird »abgecheckt«, ob ein wirkliches Interesse besteht. Dieser ganze Kommunikationsprozess wird von vielen als lustvoll und sexuell aufgeladen geschildert. Kommt es nach dem Chat tatsächlich zu einer realen Begegnung, ist durch die vorher zur Sprache gebrachte sexuelle Fantasie das Drehbuch meist schon vorgegeben. In den meisten Fällen stellen sich solche Treffen aber als Enttäuschung heraus, denn Sex im Internet und Sex in der Realität ist eben doch ein Unterschied. Das Internet ist eine Fabrik sexueller Träume, die mit der Realität wenig zu tun haben.
Beim »Cybersex« geht es um wechselseitige Sexualisierung, beide nehmen jeweils an, dass der andere erregt ist, weil er oder sie den anderen erregt hat. Diese Annahme und dieses Erleben sind narzisstisch sehr befriedigend. Das Netz ist somit ein idealer Ort, um Sexualität zentriert auszuleben. Man kann sich von einem Sexpartner zum nächsten bewegen, sogar aus allen Kontinenten, denn tatsächliche räumliche Anwesenheit ist nicht nötig. Es wird nur sexuelle
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