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Internetsexualität zu einer neuen Sexualform geworden. Der Anteil der Männer, die das Internet zu sexuellen Zwecken oder mit sexuellen Motiven aufsuchen, liegt bei homosexuellen Männern sehr viel höher als bei heterosexuellen. Die hohen User-Zahlen von Portalen wie GayRomeo deuten darauf hin. Der Besuch solcher Portale ist für die meisten Homosexuellen mittlerweile Alltag. Das bedeutet nicht, dass Sex im Internet den traditionellen Sex abgelöst hat. Vielmehr werden solche Portale für die schnelle Partnerrekrutierung genutzt und sind dadurch mit den »traditionellen Treffpunkten« der Schwulenszene, wie Clubs oder Bars, in harte Konkurrenz getreten. Laut Studien haben mindestens 85 Prozent der Homosexuellen bereits einen Sexpartner online kennengelernt. Heterosexuelle Männer finden deutlich weniger Sexualpartnerinnen auf diesem Wege. Bei schwulen Männern geht es besonders online in einem rasanten Tempo zu. Mehrere Dates an einem Tag zu arrangieren und sich daraus ergebende reale sexuelle Kontakte sind keine Seltenheit.
Ein Fallbeispiel:
Robert, 31 Jahre alt, Umwelttechniker, datet Jungs auf GayRomeo, trifft sich ein bis zwei Stunden später schon mit den »Boys«. Als er zu mir kommt, lebt er noch in einer Beziehung mit einer Krankenschwester, diese ahnt noch nichts von seiner Bisexualität. Auch seine Familie weiß nichts von seinen homosexuellen Neigungen. Diese möchte er nun endlich öffentlich machen, aber er weiß nicht, wie. Seine neuen Kontakte mit Männern steigern sein Selbstwertgefühl. »Es war noch nie so einfach, an Sex zu kommen.« Er fühle sich in seiner neuen Rolle großartig.
Ein anderes Fallbeispiel:
Anton, Student, 27 Jahre alt, wurde auf Facebook öffentlich als schwul geoutet und bloßgestellt. Nun traut er sich nicht mehr auf die Straße. In Online-Kontaktbörsen sucht er ständig unverbindliche Kontakte. Ein reales Treffen kommt aber nie zustande, da er Angst hat.
Seit Langem wird die Frage diskutiert, ob homosexuelle Männer, die Sexualkontakte über Chats und Dating-Portale herstellen, weniger präventiv handeln, um sich vor HIV zu schützen. Dazu ein Fall aus meiner Praxis:
Mark, 33 Jahre alt, Sportbekleidungsverkäufer, ist fast jeden Abend online, datet andere Männer und verabredet Sexdates. Er sucht online Männer, die es mit ihm ohne Kondom machen wollen. HIV -Positive sind herzlich willkommen. Ob er sich dabei ansteckt, ist für ihn jedes Mal ein Kick, ein Nervenkitzel, den er braucht. Er beschreibt sich als »schon immer sehr selbstzerstörerisch« und lässt sich gern von anderen benutzen. Trotzdem leidet er darunter und möchte verstehen, warum er das tut.
Das Bundesministerium für Gesundheit hat zum Thema Prävention und Internet im Jahr 2006 eine Studie in Auftrag gegeben. Dazu wurden Fragebögen auf entsprechende Seiten wie GayRomeo, EuroGay, Homo.net oder poppen.de gestellt. Bei der Auswertung kam heraus, dass diese Seiten hauptsächlich zur Kontaktanbahnung, zum Online-Austausch in Chats und zur Masturbation genutzt werden. Außerdem wurde ausgewertet, dass mehr Kontakte online als offline geknüpft wurden. Die Anzahl der homosexuellen Männer, die mehr als fünf Kontakte innerhalb eines Jahres geknüpft hatten, lag sogar bei 41 Prozent. Somit ist das Internet als Ort der Sexpartnerakquise besonders geeignet. Auch ein hoher Anteil von Männern mit riskantem sexuellen Verhalten konnte in der Studie festgestellt werden. Dort gaben 35 Prozent der Homosexuellen an, ungeschützten Analverkehr gehabt zu haben. Gerade bei flüchtigen Kontakten wird weniger Verantwortung auch für den anderen übernommen. Nicht HIV -positive Männer scheinen bei online hergestellten Kontakten ein größeres Risiko einzugehen als bei Offline-Kontakten. Aber warum ist das so?
Verschiedene Faktoren scheinen mit dem Risikoverhalten in Zusammenhang zu stehen, darunter Altersgruppe, Drogenkonsum und Anzahl vorheriger Partner. HIV -negative oder ungetestete Männer unter 30 Jahren verhalten sich risikofreudiger als ältere. Auch der Konsum illegaler Substanzen und das Risikoverhalten spielen eine Rolle, dadurch sinkt die Hemmschwelle. Bei HIV -Positiven, die ihre Sexpartner potenziell gefährden, tritt ungeschützter Geschlechtsverkehr eher in Offline-Settings bei gleichzeitigem Gebrauch von MDMA , Crystal, Speed oder Kokain auf. Es wird vermutet, dass diese Substanzen eher offline in Gruppenkonstellationen, als bei online angebahnten Kontakten konsumiert werden. Je höher die Anzahl der
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