Keine Gnade
sehen.«
»Und wieso das?«
»Vielleicht weil ich Ihnen Angst einjage.«
»Ich fühle mich ziemlich sicher.«
»Sind Sie das? Sind Sie wirklich sicher? Nun sagen Sie mir nur, dass ich Sie nicht in Ihren Träumen heimsuche.« Simon neigte seinen Kopf zur Seite, und Sami spürte, dass er gleich zuschlagen würde. »Ich träume oft von Ihnen.«
Sie spürte, wie ihre Haut anfing zu kribbeln.
»Ich denke darüber nach, was hätte sein können«, sagte er.
Sie hatte keine Ahnung, was sie erwidern könnte.
Das Anstarren ging weiter.
»Sie sind ein paar Tage zu früh gekommen. Die Festlichkeiten beginnen erst Freitagmittag. Keine Generalprobe, kein Verschieben.«
Sie wollte keine verbalen Spitzen mit ihm austauschen. »GenieÃen Sie Ihren kurzen Aufenthalt hier?«
»Es ist wie das Ritz. Dreiundzwanzig Stunden lang im Einzelzimmer, drei Feinschmeckeressen pro Tag, eine warme Dusche, eine Stunde Erholung, und die guten alten Jungs haben nur zweimal versucht, mich zu vergewaltigen.«
»Ernsthaft?«
»Wollen Sie die Narben sehen?«
»Aber Sie sind in Isolationshaft.«
»Nicht in der Dusche.«
Sie hatte kein Mitleid mit ihm. »Das Gefängnisleben war nie als Urlaub gedacht, aber â¦Â«
»Bitte, ersparen Sie mir das philosophische Gerede. Ich bin ein groÃer Junge, und ich kann selbst auf mich aufpassen.«
»Offenbar doch nicht.«
»Die drei Jungs, die jetzt ihr Essen mümmeln müssen, könnten da anderer Meinung sein.« Er streckte seinen Hals, erst die eine Seite, dann die andere, als ob er versuchte, eine Verspannung zu lockern. »So, Sami, nun erzählen Sie mir doch mal, warum Sie bei der Polizei aufgehört haben.«
»Das geht Sie gar nichts an.«
»Sie waren doch aber als weiblicher Dirty Harry vorgesehen. Warum sind Sie gegangen?«
Sie lehnte sich vor, ihr Gesicht war nur wenige ZentiÂmeter vor dem Plexiglas. »Sie wissen, dass Sie in der Hölle schmoren werden, richtig?«
Er ignorierte ihren Kommentar. »Sie haben meinetwegen aufgehört, nicht wahr?«
»Bilden Sie sich bloà nicht zu viel ein. Es waren persönliche Gründe.«
»Nun kommen Sie schon, Sami, lassen Sie uns ehrlich sein. Ich geistere durch Ihre Träume, oder? Sie denken jeden Tag und jede Nacht an mich.«
»Sie sind nicht mehr als eine schwache Erinnerung.«
»O, wirklich? Ich habe eine Theorie, die Sie vielleicht interessieren könnte. Ich glaube nicht, dass Sie ein cleverer Cop sind. Tatsächlich sind Sie ziemlich dumm. Ein Abendessen mit einem Mann, den Sie kaum kennen. Bei ihm zu Hause ? Also wirklich, Sami. Wie verzweifelt waren Sie denn? Was haben Sie sich dabei gedacht?«
»Gar nichts. Aber ich bin hier drauÃen, und Sie sind da drinnen.«
»Wissen Sie, was mich mehr als alles andere überrascht hat?«, fragte er. »Ich musste nicht mehr tun, als zu winken und zu lächeln, und schon waren Sie bereit, Ihre Beine breitzumachen. Sie sind eine gröÃere Schlampe als die vier Huren, die ich gekreuzigt habe.«
Sie spürte, wie ihr Gesicht flammend rot wurde. Er machte, was er am besten konnte.
»Und wissen Sie, was die eigentliche Ironie an der Sache ist? So sehr Sie auch Sex mit mir haben wollten, ich fand Sie einfach nur unattraktiv und abstoÃend.«
»Ficken Sie sich doch, Simon.«
»Meine liebe Sami, ist das alles, was Sie können? Verletzt die Wahrheit Sie wirklich so sehr? Warum sind Sie hergekommen?«
Sie konnte die Frage nicht beantworten. Sie konnte sich daran erinnern, dass er ein Meister darin gewesen war, sie während der vielen Stunden im Erlösungsraum immer in der Defensive zu halten. Doch jetzt schien er sogar noch stärker zu sein.
»Wissen Sie, was ich am meisten bereue?«, fragte er. »Dass ich nur eine Gelegenheit mit Angelina hatte.« Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Sie war die süÃeste Blüte, die ich je gekostet habe.«
Jetzt hätte Sami ihn am liebsten umgebracht, sie hielt ihre Wut kaum unter Kontrolle. »Sie mieser Hundesohn! Und Sie wollen ein Mann Gottes sein?« Sie stand auf und schlug mit ihrer Faust gegen das Plexiglas.
In weniger als zehn Sekunden waren die beiden Strafvollzugsbeamten, die etwa drei Meter hinter Simon standen, bei ihm, griffen sich jeder einen Arm und zogen ihn hoch. Sami hatte noch einiges zu sagen, doch Simon hatte das
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