Keine große Affäre
stand in seinem Laufstühlchen, das
Ginger ihm zu Weihnachten geschenkt hatte, und lachte leise in sich hinein. Er
hatte zwar noch nicht herausgefunden, wie er sich fortbewegen konnte, aber es
machte ihm Spaß, aufrecht zu stehen. Er stützte sich auf das vordere Brett, als
würde er sich an eine Theke lehnen, und war fasziniert von seiner neuen
Perspektive auf sein Lieblingsspielzeug, einen Satz stapelbarer Ringe.
»Er ist ein sehr fröhliches Kerlchen,
nicht?« bemerkte ihr Vater plötzlich und beobachtete ihn interessiert, als
würde er ihn zum ersten Mal sehen. »Liebling«, rief er seiner Frau am anderen
Ende des Raumes zu, »scheint Guy nicht schon sehr weit zu sein? Ich kann mich
nicht erinnern, daß die Mädchen das in dem Alter schon konnten.«
»Oh ja, er ist sehr weit«, stimmte
ihre Mutter geistesabwesend zu.
Bis zu diesem Augenblick hatte Ginger
nicht gewußt, woher der Ausdruck »stolzgeschwellt« kam. Sie fühlte sich
eindeutig größer und bedeutender, als sie sich im Lob der Eltern über ihren
Sohn sonnte.
Ihr Vater wandte sich ihr wieder zu
und zwinkerte. »Nächstes Jahr nehmen wir ihn in unser Team auf, Ginger.«
Es war, als hätte Daddy seinen Enkel
endlich in der Familie willkommen geheißen.
Als Pete und Cheryl nach Hause fahren
wollten, beobachtete Lia, wie Neil seinem Bruder Sturzhelm und
Motorradschlüssel überreichte. Cheryl stieg in das Auto, mit dem sie am Morgen
zu ihnen gefahren war, und Pete setzte sich auf Neils Motorrad. Beide hupten.
»Wieso nimmt Pete deine Maschine mit?«
fragte Lia, die ihnen nach winkte.
»Teilzahlung für das Auto«,
informierte Neil sie und ging zurück ins Haus, weil er nicht mitansehen konnte,
wie das Motorrad, das er nicht mehr sein eigen nannte, aus dem Blickfeld
verschwand.
Lia folgte ihm hinein und brach in
Tränen aus. »Aber ich wollte doch nicht, daß du deine Maschine verkaufst«,
schluchzte sie. »Warum hast du das nicht mit mir besprochen?«
Er sagte nichts. Das war kein Grund zu
heulen. Es war schließlich nur ein Motorrad. Hatte sie überhaupt eine
Vorstellung davon, was ein Auto kostete? Woher sollten sie soviel Geld nehmen?
Er ging in die Küche und holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank. Dann kam er
zurück und setzte sich mit dem Bier in der einen, der Fernbedienung in der
anderen Hand vor den Fernseher.
Oben wachte Anouska auf. Lia ging zu
ihr. Als sie wieder nach unten kam, hatte sie aufgehört zu weinen und trug
seinen Bademantel.
»Willst du das sehen?« fragte sie.
»Nicht unbedingt«, sagte Neil, ohne
den Blick vom Bildschirm zu wenden.
Sie glitt auf seinen Schoß. Sie saß
ihm zugewandt, die Beine um seine Taille geschlungen. Dann löste sie ihren
Gürtel und schüttelte sich den Bademantel von den Schultern. Sie trug die
dunkelrote Spitzenunterwäsche, die er ihr am Morgen geschenkt hatte. Im Licht
des verglühenden Feuers sah ihre Haut golden aus. Ihm fiel auf, daß sie immer
noch leicht betrunken war.
»Das war ein schöner Tag, oder?«
fragte sie und strich ihm das Haar aus dem Gesicht.
»Ja.« Er schielte unter ihrem Arm
hindurch, um das Motorbootrennen zu verfolgen. »Ja, du hast ein gutes
Mittagessen gekocht.«
»Nicht schlecht für den ersten
Versuch.« Sie lächelte ihn an und bewegte die Hüften. Dann beugte sie sich nach
vorne, küßte seinen Hals und fing an, ihm das Hemd aufzuknöpfen. Sie zeichnete
mit der Zunge eine feuchte Linie bis zur Mitte seiner Brust und kniete sich auf
den Boden. Er spürte, wie sie den Reißverschluß seiner Jeans öffnete. Er hielt
den Blick immer noch auf den Bildschrim gerichtet, verfolgte das Geschehen aber
nicht. Er faßte sie an den Schultern und schubste sie sanft weg.
»Was ist los?« fragte sie. Ihre Augen
füllten sich wieder mit Tränen.
Ich habe das Gefühl, du tust das als
Gegenleistung dafür, daß ich das Motorrad aufgegeben habe, hätte er am liebsten
gesagt.
»Ich habe keine Lust«, sagte er.
»Okay.« Sie setzte sich neben ihn aufs
Sofa und tat so, als würde es ihr nichts ausmachen. »Ich glaube, Anouska hat
das Geschenkpapier besser gefallen als alles andere«, sagte sie. Sie bemühte
sich um ein neutrales Gesprächsthema.
»Ja.«
»Bist du sauer wegen meinem Job?«
»Nein.«
»Ich liebe dich, Neil«, sagte sie und
kuschelte sich an ihn, den Kopf auf seiner Schulter.
»Ja, ich liebe dich auch«, sagte er.
Er entspannte sich ein bißchen und drückte einen Kuß auf ihr süß duftendes
Haar.
»Willst du mich heiraten?« fragte sie.
In ihrer
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