Keine große Affäre
ich fahre nicht, wenn ich getrunken habe.«
»Sehr vernünftig«, sagte Charlie und
führte sie in den Raum.
Er war kalt, dunkel und klamm, und es
roch nach Feuchtigkeit und Asche, die auf dem Teppich zertreten war und noch
von einer früheren Pressevorführung stammte. Sonst war niemand anwesend, nur
ein Filmvorführer in einem Kasten hinter der letzten Reihe.
»Oh, bin ich zu früh?« fragte Ginger.
»Nein«, sagte Charlie und deutete auf
einen Holztisch, der mit einem weißen Tischtuch gedeckt war, und auf dem ein
silberner Eimer mit Eis und einer Flasche Bollinger und zwei Champagnerflöten
standen. Er öffnete die Flasche mit genau dem richtigen Knall und goß ihr ein
Glas ein. Dann zeigte er auf die Sitzreihen, um anzudeuten, daß sie sich
hinsetzen konnte, wohin sie wollte. Sie setzte sich in die erste Reihe. Charlie
stellte sich vor die Leinwand und fing an, eine Rede zu halten.
»Meine Damen und Herren, bevor wir mit
der heutigen Vorführung beginnen, möchte ich ein paar Worte darüber verlieren,
wie das alles erst möglich wurde«, fing er an, als würde er die Oscarverleihung
moderieren. »Wir sind überglücklich, heute abend die Person begrüßen zu dürfen,
ohne die diese Show niemals zustande gekommen wäre. Sie ist eine talentierte,
kleine Lady, und ich möchte Sie um einen Riesenapplaus bitten. Herzlich
willkommen, Miss Ginger Prospect.« Er gab dem Filmvorführer ein Zeichen.
Aus den Lautsprechern ertönte
ohrenbetäubender Applaus vom Band.
Ginger konnte sich ein Lächeln nicht
verkneifen.
»Und nun lehnen Sie sich zurück, und
viel Spaß bei Wild in der Küche...«
Das Licht ging aus. Charlie griff nach
der Champagnerflasche und kam zu ihr, um sich neben sie zu setzen. Er duckte
sich, damit sein Schatten nicht auf die Leinwand fiel.
Eine eingängige Erkennungsmelodie
erklang, und es erschienen knallige Graphiken. Dann mehr Applaus, der erstarb,
als die Aufzeichnung begann. Im Studio waren zwei Küchen mit überdimensionalen,
erleuchteten Plastikzwiebeln und Peperoni aufgebaut. Von der Decke baumelten
Früchte.
Gingers Konzept war ein lebensnahes
Küchenquiz gewesen. Es hatte Quizfragen beinhaltet, Schmecken mit verbundenen
Augen und praktische Aufgaben für die prominenten Kandidaten, zum Beispiel in
zwei Minuten Mayonnaise zu machen oder ein Ei zu pochieren. Sie mußte zugeben,
daß Charlies Produktionsfirma ihre Idee wirklich zum Leben erweckt hatte. Die
Show war witzig und informativ, ohne herablassend zu sein, und, was der wichtigste
Bestandteil gewesen war, sie gab den Leuten reichlich Gelegenheit, sich
lächerlich zu machen. Sie rechnete mit guten Einschaltquoten, war sehr stolz
auf sich, und, was noch seltsamer war, sie war Charlie dankbar dafür, daß er
ihre Idee verwirklicht hatte.
Sie spürte, wie er sie im Dunkeln von
der Seite anschaute, um zu sehen, wie sie reagierte, und sie fühlte, wie er
sich auf dem Sitz neben ihr entspannte, als sie lächelte, sogar ein oder
zweimal über die Witze lachte. Als der Gastgeber sich am Ende der Show
verabschiedete, wandte sie sich zu Charlie, um ihm zu gratulieren, aber er
stupste sie heftig am Arm.
»Nein, sieh hin, jetzt kommt das
Beste«, sagte er, als der Abspann zu laufen begann, und nach den Kameramännern,
Bühnenbildnern und Produktionsassistenten kam der Satz: Nach einer Idee von
Ginger Prospect.
Es war das erste Mal, daß sie ihren
Namen auf der Leinwand sah, und sie war fasziniert. »Jetzt mußt du mir was für
die Idee zahlen«, flüsterte sie.
»Wir werden schon einen Weg finden,
dich prozentual zu beteiligen«, entgegnete Charlie, stets in der Rolle des
Geschäftsmanns.
Später nahm er sie mit in seinen Club,
und der Oberkellner begrüßte sie, als wären sie alte Freunde, obwohl sie erst
zum dritten Mal dort war. Sie tranken noch mehr Champagner, und sie fühlte sich
langsam nahezu euphorisch. Als sie sich zum Essen hinsetzten, erzählte sie
Charlie, wie sehr ihr die Vorführung gefallen hatte. Nachsichtig lächelte er
sie an. Es war wenigstens das sechste Mal, daß sie es sagte.
»Und ich kann dich trotzdem nicht
überreden, für mich zu arbeiten?« fragte er.
»Nein«, sagte sie und hoffte, er würde
sie nicht nach dem Grund fragen, denn der war ihr vorübergehend entfallen.
»Na ja, wenn ich dich in der Woche
nicht öfter sehen kann, wie wär’s dann mit einem Wochenende?« fragte Charlie.
Vielleicht hatte Pic recht, dachte
sie, und er wollte eine Beziehung. Durch den Champagner drehte sich ihr Gehirn
in
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