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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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hatte,
hatte ihre Mutter mit ihm gesprochen wie mit einem Paria und ihm befohlen, nie
wieder anzurufen.
    Und jetzt behauptete Alison, daß sie
ihn immer geliebt hatte, und sprach von ihrer Trennung, als wäre sie für sie
genauso schmerzhaft gewesen. Und das Seltsame war, daß er ihr glaubte. Was war
damals geschehen? Er mußte wissen, warum er sich zwanzig Jahre lang gefühlt
hatte, als wäre ihm ein Teil seiner Liebesfähigkeit amputiert worden.
    Er wollte das nur klären, sagte er
sich und drückte die Zigarette aus. Schluß machen. Damit er von vorne anfangen
und sein Leben weiterleben konnte.
    Es war fast soweit.
     
    Er schloß die Wohnung auf. Sie hatte
einen Schlüssel für ihn machen lassen, aber er wartete trotzdem lieber im Pub
auf sie. Er fand es nicht richtig, sich dort allein aufzuhalten. Er setzte sich
aufs Sofa und schlug den Evening Standard auf. Es war wie im Wartezimmer
beim Zahnarzt, kurz vor dem Bohren. Dann, bevor er dazu kam, seine Rede noch
einmal im Kopf durchzugehen, sah er durchs Fenster, wie ihre Beine die
gußeisernen Stufen herunterstiegen. Als sie ihn erblickte, veränderte sich ihr
Gesicht ganz plötzlich. Ihr strenger Gesichtsausdruck wich einem so
unschuldigen, freudigen Lächeln, daß sie zwanzig Jahre jünger aussah. Er hatte
das Bedürfnis, sie in den Arm zu nehmen, zu küssen und zu beschützen.
    Er zwang sich, sitzen zu bleiben.
    »Tut mir leid... Das ist lächerlich,
wo es für mich doch nur ein paar Meilen sind, während du quer durch die ganze
Stadt mußt...«, entschuldigte sie sich für ihre Verspätung. Sie warf ihre
Handtasche auf den Tisch, schleuderte die schicken, schwarzen Schuhe von sich
und sprang auf seinen Schoß.
    Sie strich ihm das Haar aus dem
Gesicht und bemerkte etwas verspätet seine steife, unzugängliche Haltung. »Was
ist los?«
    »Nichts«, sagte er.
    Sie neigte den Kopf und küßte ihn. Er
versuchte nicht zu reagieren, aber es war unmöglich. Sie saß mit gespreizten
Beinen auf ihm, ihr Hintern auf seinen Oberschenkeln.
    »Wir müssen reden«, murmelte er
zwischen Küssen.
    »Später. Ich habe dich vermißt«, sagte
sie bestimmt, nahm seine Hand, zog ihn hoch und führte ihn ins Schlafzimmer.
     
    Danach lagen sie nebeneinander und
rauchten.
    »Wenn ich hier bei dir bin, fühle ich
mich, als wäre ich endlich nach Hause gekommen. Ich habe mich noch nie so
gefühlt. Ich habe mein Zuhause immer gehaßt...« Sie lachte. »Weißt du, was ich
meine?«
    Sie hatte genau das in Worte gefaßt,
was er empfand. Er fühlte sich sicher, wenn sie hier mit ihm in der Wohnung
war. Egal, was er sich vorher alles vorgenommen hatte, wenn er neben ihr lag,
stellte er fest, daß die ganzen Schuldgefühle und die Ängste, die er in der
Welt dort draußen verspürte, sich einfach in nichts auflösten, und er hatte
große Mühe, auf den Punkt zu bringen, warum er sich eigentlich Sorgen gemacht
hatte. Es war die natürlichste Sache der Welt, sie zu lieben und mit ihr im
Bett zu liegen und zu reden. Er hatte das Gefühl, nur dafür geschaffen zu sein.
Er versuchte, an Lia und Anouska zu denken, aber sie waren Gestalten in der
Ferne, und er konnte ihren Schmerz nicht fühlen.
    »Wie kommst du mit den Schuldgefühlen
klar?« fragte er sie leise.
    Unsicher, ob sie ihn richtig
verstanden hatte, sah sie ihn an. Sie sprachen nicht über ihre Partner. Sie
begaben sich auf neues Territorium.
    »Ich sage mir, daß ich niemandem weh
tue, wenn sie es nicht wissen«, sagte sie schließlich.
    Es war ein sehr schwaches Argument,
das hatte sie schon vorher gewußt, doch laut ausgesprochen klang es noch
schwächer.
    »Aber wäre Stephen nicht wütend, wenn
er es wüßte?« fragte er zögernd.
    »Wütend?« Sie dachte darüber nach.
»Nein, ich glaube, er wäre traurig.«
    Als sie sich das sagen hörte, wurde
auch sie traurig. Sie dachte an Stephens Gesicht, als er sie zwischen den
Chorräumen in St. Bride’s Church auf sich zukommen sah. Er war sich ihrer so
sicher gewesen. Sie war seiner Liebe nicht gerecht geworden.
    »Manchmal beobachte ich sie«, fuhr sie
leise fort. Ihr Kopf lag auf demselben Kissen wie seiner, und sie sprach gegen
seinen Hals. »Wenn sie zusammen spielen und so glücklich sind... Stephen ist so
gut darin, mit den simpelsten Sachen Spiele zu erfinden. Er beherrscht Dinge
wie >Hier ist das Mäuschen< und so. Ich konnte das nie«, seufzte sie,
legte den Kopf zurück, um Neil genau zu betrachten, und holte tief Luft. »Und
dann frage ich mich, was passieren würde, wenn ich

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