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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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Stephen vor, wie er im
Sessel saß und sie anlächelte, als sie sich vor ihm drehte. Und dann hielt sie
inne. Nicht Stephen, Neil, erinnerte sie sich. Aber sie konnte sich ihn nicht
in dem Sessel vorstellen. Er würde in dieser Umgebung entweder verlegen
rumstehen oder sie auf dem Tisch ficken. Frech lächelte sie sich im Spiegel an
und zog dann den schweren Vorhang zurück, um sich John Fabrizio zu
präsentieren.
    »Ja«, sagte er und machte mit dem
Finger einen Kreis in der Luft.
    Gehorsam drehte sie sich um die eigene
Achse.
    »Sie haben die richtige Größe dafür«,
sagte er. »Aber wenn ich es für Sie anfertigen würde, würde ich mich für Gold
entscheiden.« Er hielt ein anderes Textilmuster neben ihr Gesicht. »Bei Ihrem
Teint und in Ihrem Alter kann man kein Silber tragen...«, sagte er, und seine
beiläufige Beurteilung setzte ihrer Hochstimmung abrupt ein Ende.
    Jetzt verstand sie, warum er der große
Junge der Modewelt genannt wurde. Er war äußerst talentiert und auf eine rauhe
Art sehr attraktiv, und er war genauso unkompliziert wie die Kleider, die er
entwarf. Er sagte haargenau, was er dachte.
    Als sie das schöne Kleid wieder
auszog, tröstete sie sich mit dem Gedanken, daß die ganze Episode einen guten
Artikel abgeben würde.
    »Wir haben sonntags manchmal eine Art
Brunch für Exilbriten«, sagte John Fabrizio zu ihr, als sie wieder aus dem Zelt
kam. »Wenn Sie morgen noch da sind, würden Sie gern kommen?«
    »Sehr gern«, sagte sie automatisch,
weil sie sich durch die Einladung geschmeichelt fühlte.
    Er gab ihr seine Adresse. »Vielleicht
gewinnen Sie dort ein paar Einblicke, aber das wäre alles nur inoffiziell...«,
warnte er sie.
    »Natürlich. Um wieviel Uhr ungefähr?«
    Er sagte ihr, sie sollte nicht vor
zwölf kommen, und dann schüttelten sie sich die Hände und trennten sich. Sobald
sie wieder auf der Straße war, machte sie einen kleinen Freudenhüpfer und
rannte dann den ganzen Weg zu ihrem Rendezvous mit Neil.
    »Wir sind eigentlich ganz gut
miteinander ausgekommen, er hat mich morgen zum Lunch, na ja, Brunch
eingeladen«, erzählte sie ihm atemlos, winkte einen Kellner heran und bestellte
sich einen Kaffee. »Das macht dir doch nichts aus, oder? Ich meine, das ist ein
ganz schöner Coup. Ich hatte den Kick vergessen, den man davon kriegt...«,
sagte sie und bedankte sich bei dem Kellner, der eine Tasse vor sie stellte.
    »Wovon?« fragte er.
    Ihre Wangen waren gerötet, und ihre
Augen blitzten so triumphierend, wie er es noch nie bei ihr gesehen hatte.
    »Über etwas zu schreiben, das einen
interessiert«, erklärte sie und fügte hinzu: »Er hat mir erlaubt, ein Kleid
anzuprobieren!«
    Er verstand nicht, wie außergewöhnlich
das war.
    »Es war wahrscheinlich zehn Riesen
wert!« erzählte sie ihm stolz.
    »Die Leute bezahlen zehntausend Pfund
für ein Kleid? Das ist krank«, sagte Neil.
    Es kam ihr vor, als hätte er ihre
Seifenblase der Begeisterung mit einer Nadel zum Platzen gebracht.
»Wahrscheinlich hast du recht«, sagte sie. Das Gedränge der Redewendungen, die
ihren Kopf gefüllt hatten, als sie zum Café hetzte, kam abrupt zum Stillstand.
Sie wünschte, sie wäre auf der Straße einfach stehengeblieben und hätte sie
aufgeschrieben.
    »Du gehst also morgen zu ihm zum Brunch?« Höhnisch betonte er das Wort »Brunch«, als wäre das ein furchtbar großkotziger
Begriff für eine Schüssel Cornflakes.
    »Ja«, sagte sie und ärgerte sich jetzt
doch über seine Weigerung, an ihrer Aufregung teilzunehmen. Er glaubte doch
wohl nicht, daß er ein Mitspracherecht hatte, ob sie ging?
    »Na gut«, sagte Neil.
    »Hey, du bist doch nicht eifersüchtig,
oder?« fragte sie und versuchte, sich nichts aus der miesen Laune zu machen,
die ihn plötzlich zu überkommen schien. »Er ist übrigens schwul.«
    »Nein, ich bin nicht eifersüchtig«,
sagte Neil gelassen.
    »Gut«, sagte sie.
    »Du hast wohl nicht erwähnt, daß du
nicht allein hier bist?« fragte Neil sie.
    »Nein, natürlich nicht.« Sie verstand
langsam, wieso er so eingeschnappt wirkte. »Das ist Arbeit«, sagte sie
freundlicher. »Man kann nicht einfach sagen: >Ach übrigens, kann ich einen
Freund mitbringen?< Das wäre einfach unprofessionell...«
    »Aber es ist absolut okay, vor seinen
Augen ein Kleid anzuprobieren?« sagte Neil.
    Sie merkte, daß sie ihn unterschätzt
hatte, und wurde vor Verlegenheit rot. Er hatte die Diskrepanz in ihrem
Verhalten erkannt und sofort den Finger auf etwas gelegt, das ihr sowieso

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