Keine große Affäre
so
unterstützt hatte, wie sie es sich gewünscht hätte, dann lag der Grund darin,
daß es für ihn nur ein medizinisches Verfahren war, das entweder klappte oder
nicht. Wenn sie ihm nicht von den Ängsten erzählt hatte, die sie mit sich
herumschleppte, dann weil sie dachte, er würde sie nicht verstehen. Aber das
war nicht seine Schuld. Mit dem Stillen war es dasselbe. Er war sehr gut darin,
Statistiken von Gefühlen zu trennen. In seinem Beruf mußte er das auch.
Morgen, versprach sie sich selbst,
wird es anders sein. Wir liehen uns. Wir haben zusammen ein schönes, gesundes
Baby gezeugt. Das ist es, was wir wollten. Darum ging es die ganze Zeit. Wir
werden glücklich sein.
Am nächsten Morgen, als Stephen auf
dem Weg zur Arbeit hereinschaute, versuchte sie gerade, das Baby zu stillen. Er
belohnte sie mit einem erfreuten Lächeln, und sie spürte, wie es sein mußte,
eine seiner Lieblingsstudentinnen zu sein.
»Kannst du mir was Schönes zu essen
mitbringen, wenn du zurückkommst?« fragte sie, legte das Baby hin und hielt
verächtlich ein dreieckiges Stück Krankenhaustoast in die Höhe. »Das macht es
auch nicht grad besser.«
»Natürlich. Was hättest du denn
gerne?«
»Parmaschinken, ungesalzene Butter und
frisches, französisches Brot«, informierte sie ihn.
»Gut. Ich gebe mir Mühe, nicht zu spät
zu kommen«, sagte er und küßte zuerst sie, dann das Baby auf die Stirn.
Während sie noch im Krankenhaus war,
sah er keine Veranlassung, Urlaub zu nehmen. Er argumentierte, es wäre
sinnvoller, Zeit füreinander zu haben, wenn sie nach Hause käme und ihn
brauchte. Sie sah ein, daß das logisch war, aber als er aus dem Zimmer ging,
wünschte sie sich, daß er bliebe und einfach nur mit ihr reden würde. Die Zeit
verging im Krankenhaus so langsam. Sie nahm ein Buch aus ihrem Nachttisch und
versuchte zu lesen, aber sie konnte sich nicht konzentrieren. Ihr Gehirn fühlte
sich an wie Watte. Sie wünschte, sie hätte ihn auch um ein paar Zeitschriften
gebeten, und spielte mit dem Gedanken, ihn anzupiepen, widerstand jedoch der
Versuchung, als sie sich vorstellte, was für ein Gesicht er machen würde, wenn
sie ihn wegen einer solchen Lappalie bei etwas Wichtigem stören würde.
»Wie geht es deinem Kopf heute morgen?
Meiner fühlt sich an, als würde eine Rockband drin spielen.« Ginger stand
gestiefelt und gespornt an der Tür und wollte nach Hause. Neben ihr stand eine
Frau, die ihr so sehr glich, daß es fast verstörend war. Sie trug Guy, der in
einem brandneuen Kindersitz festgeschnallt war.
»Das ist meine Schwester Pic«, sagte
Ginger und trat ein. »Und das«, erklärte sie Pic, »sind meine Freundin Alison
und ihr Sohn. Hast du mir schon seinen Namen gesagt?«
»Wir haben uns noch nicht
entschieden... Vielleicht Benedict«, antwortete Alison. »Aber wir überlegen es
uns ständig anders... Gefällt es dir nicht?« fügte sie hinzu, als sie das
unverhohlene Entsetzen bemerkte, das über Gingers Gesicht huschte.
»Klingt ein bißchen zu sehr nach einem
Heiligen oder einem Mönch oder sowas, aber Ben ist okay, denke ich«, antwortete
Ginger.
»Also ehrlich, Ginger«, schimpfte ihre
Schwester. »Es ist ein hübscher Name«, versicherte sie Alison.
Alison, der Gingers Offenheit lieber
war, erklärte: »Na ja, ich mag den Namen Ben... aber dann stellt sich die
Frage, ob Benjamin oder Benedikt, und Stephen sagt, normalerweise heißt der
jüngste Sohn Benjamin. Ich hoffe nur, das bedeutet nicht, daß er noch einen will...«,
fügte sie mit einem kurzen, trockenen Lachen hinzu.
»Wenigstens darüber brauche ich mir
keine Sorgen zu machen«, sagte Ginger mit einem Stirnrunzeln auf dem sonst so
lausbübischen Gesicht.
Ginger war so blasiert und
selbstsicher, daß es schwer vorstellbar war, daß sie sich überhaupt über irgend
etwas Sorgen machte, dachte Alison. Dabei mußte sie unheimliche Angst haben.
Sie fand es schwierig genug, sich vorzustellen, wie sie zurechtkommen würde,
wenn sie nach Hause kam, obwohl sie Stephen hatte. Plötzlich sah sie Ginger in
einem neuen Licht. Am Abend vorher hatte sie sie für lustig und altklug
gehalten; jetzt erschien sie ihr eher mutig.
»Sag mir Bescheid, wenn du zu Hause
bist«, sagte Ginger, näherte sich beiläufig dem Bett und drückte unerwartet einen
Kuß auf Alisons Wange.
»Mach ich«, sagte Alison, die von der
demonstrativen Zuneigung überrascht und ziemlich gerührt war. »Viel Glück!«
rief sie, als die Zwillinge verschwanden.
Minuten später
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