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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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den
deprimierenden Kommentar in ein Kompliment, indem er hinzufügte: »Deine Haut
ist immer schön.«
    »Nicht am Bauch«, sagte sie und kniff
die lose Falte unter dem schwarzen Nicole-Farhi-Wollkleid zusammen. »Findest
du, ich sollte ihn straffen lassen?« fragte sie nur halb im Ernst.
    »Wie meinst du das?«
    »Eine Schönheitsoperation — um diese
ausgeleierte Haut über der Narbe wegzukriegen.«
    »Ich bin der Überzeugung, daß
plastische Chirurgie ohne vernünftigen medizinischen oder psychologischen Grund
absolut unangebracht ist«, verkündete er im schönsten Facharztton. Als ihm
bewußt wurde, wie pompös er klang, fügte er hinzu: »Außerdem liebe ich diese
lose Flaut und deine Narbe, und alles, was sie mir über dich erzählen. Wahre
Schönheit liegt im Inneren — in dem Teil, den kein Chirurg auf der Welt
>verschönern< kann, in dem Teil, den selbst ich nicht berühren kann, wenn
ich die Hand im Herzen eines Menschen habe...«
    »Bäh, du verdirbst mir den Appetit
aufs Mittagessen«, sagte sie scherzhaft. Doch seine Worte hatten sie bewegt,
und sie fragte sich, wie so oft, wenn er sie überraschte, indem er etwas völlig
Unerwartetes, unbeabsichtigt Poetisches sagte, womit sie die Liebe dieses
lieben, guten Mannes verdient hatte.

Kapitel 6
    ------------
     
     
    Dezember
     
    »Er hat mich gefragt, wieso du
plötzlich zur Sprecherin für ledige Mütter avanciert bist, also hab ich ihm
erzählt, daß du ein Baby gekriegt hast«, sagte Robert.
    »Aber die Sendung ist doch schon
wochenlang her«, sagte Ginger und dachte, wie seltsam es doch war, daß so viele
Leute sie im Fernsehen gesehen hatten. Sie hatte sich seitdem vor Anrufen nicht
mehr retten können. Anscheinend hatten fast alle in ihrem Bekanntenkreis Zeit,
vormittags fernzusehen, obwohl sie ihr ständig vorheulten, wie sehr sie schuften
müßten.
    »Na ja, wir haben uns nie erreicht, du
weißt ja, wie es ist«, klärte Robert sie auf und fügte sarkastisch hinzu:
»Vielleicht hast du einfach nicht ganz oben auf seiner Liste gestanden?«
    »Und sonst hast du ihm nichts
erzählt?« hakte Ginger nach, die sich durch seine Bosheit nicht provozieren
ließ.
    »Natürlich nicht«, sagte Robert, der
leicht beleidigt klang, weil sie seine Integrität in Frage zu stellen schien.
    »Na gut. Danke, daß du es mir erzählt
hast. Also, wann sehen wir uns mal wieder?«
    »Ich bin im Moment beschäftigt wie ein
Heinzelmännchen«, sagte er neckisch. »Und diese ewigen Expeditionen nach
Richmond finde ich ziemlich lästig. Warum kommst du nicht mal nach Soho?«
    »Robert, du warst seit Guys Geburt
erst zweimal hier, und du weißt genau, wie schwierig es für mich ist, in die
Stadt zu kommen, solange ich ihn noch stille«, protestierte Ginger.
    »Stillst du ihn etwa immer noch?« Er
klang, als würde sie etwas völlig Abartiges tun.
    »Ja, im neuen Jahr höre ich damit
auf«, antwortete sie mit zusammengebissenen Zähnen.
    Es überraschte sie immer wieder, wie
viele Leute sich das Recht herausnahmen zu kritisieren, wie man sein Kind
aufzog, insbesondere diejenigen, die von Kindern absolut keine Ahnung hatten,
sich jedoch ansatzweise mit Psychoanalyse auskannten.
    »Aber du kommst doch zu meiner Party?«
fragte Robert, dem die Verärgerung in ihrer Stimme nicht entging.
    »Wenn Pic auf Guy aufpaßt, schon...
Oh, aber Charlie kommt auch«, fiel ihr ein.
    »Tja, irgendwann wird er dir sowieso
über den Weg laufen. Dann lieber auf vertrautem Terrain und ohne
Miniaturdoppelgänger im Schlepptau«, riet Robert.
    »Wahrscheinlich hast du recht«, räumte
sie ein.
    »Muß jetzt Schluß machen. Bye!«
    »Oh, okay. Bye!« Ginger starrte auf
den Hörer. Jetzt, wo sie es am eigenen Leib erfuhr, haßte sie es, wie
überstürzt Leute aus der Medienbranche ihre Gespräche abbrachen. Eine
Abschiedsfloskel der Form halber, und ein Knopfdruck beendete die Unterhaltung.
Dann wurde sofort eine neue Nummer eingetippt, und der Hörer war wie unterm
Kiefer festgewachsen.
    Guy hing in einem Babyhopser vom
Türrahmen und klimperte, während er fröhlich auf und ab hüpfte. Sie winkte ihm
zu, und ein freudiges Lächeln erhellte sein Gesicht. Sie hatte schon immer
gewußt, daß der Charakter eines Menschen genetisch festgelegt sein mußte — wie
sonst konnten sie und Pic trotz derselben Erziehung so unterschiedlich sein — ,
aber es war trotzdem eine wunderbare Überraschung gewesen, dieses winzige,
robuste und kooperative Persönchen kennenzulernen, das eine Weile in ihrem Bauch
vor

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