Keine große Affäre
der
Tür aus. Ihr war die leichte Verlegenheit nicht entgangen.
Es gab zwei Arten von guten Müttern,
überlegte Alison, die der Champagner seltsam müde machte. Da gab es solche wie
Ginger, die selbst viele kindliche Eigenschaften hatten. Ginger mußte sich gar
nicht erst auf Guys Niveau herunterbegeben. Mit ihrer lebhaften Phantasie und
ihrer Begeisterung für einfache Spiele befand sie sich gewissermaßen schon
dort. Als Ginger zu ihrer Party losgezogen war, hatte Alison gesehen, wie
schmerzhaft es für sie war, sich auch nur für ein paar Stunden von ihrem Sohn
zu trennen, obwohl er schon schlief.
Dann gab es solche, für die Muttersein
ganz natürlich war, wie Lia, die anscheinend instinktiv spürten, was Kinder
brauchten, und die eine gewisse innere Ruhe auf das Kind übertragen konnten.
Und dann gab es Mütter, die gar nicht
so genau wußten, was sie tun sollten, und denen es auch ziemlich egal war,
dachte sie und nahm noch einen Schluck aus ihrem Glas. Sie saß auf der Armlehne
des Sessels, auf dem Stephen es sich bequem gemacht hatte, und beobachtete
neidisch, wie Lia zuerst Guy und dann Anouska nach oben brachte, dabei
beruhigende Schlaflieder summte und sie in Wärme und Fürsorge einhüllte.
»Das ging ja schnell«, sagte sie, als
Lia zurückkam.
»Na ja, Guy war sowieso schon weg, und
Annie habe ich jetzt wach hingelegt.«
»Sie legen sie wach hin, und sie
schläft ein?« fragte Stephen ungläubig.
»Ja — sie hat so ein Ding, das
aufleuchtet und eine Melodie spielt, und sie döst einfach ein.«
»Sowas müssen wir auch kaufen,
Liebling«, sagte Stephen zu Alison.
»Ich glaube nicht, daß das viel helfen
würde«, sagte Alison, die sich ein wenig über die Andeutung ärgerte, daß Ben
nicht so gut einschlief wie die anderen Kinder.
»Wo haben Sie das gekauft«, hakte
Stephen nach.
»Auf einem Flohmarkt... Es war
spottbillig. Natürlich mußten wir Batterien dafür kaufen. Manchmal wünschte
ich, es gäbe sowas auch für Erwachsene«, fuhr Lia fort. »Es muß schön sein,
einzuschlafen, wenn diese kleinen Bilder sich an der Decke drehen. Wie
Magie...«
»Ich kann mir das gar nicht
vorstellen«, sagte Stephen. »Kann ich es mal sehen, wenn sie schläft?«
Lia lächelte. »Natürlich, wollen wir
gleich nach oben gehen?«
»Wirklich?« Stephen stand auf. »Ich
liebe es, ihnen beim Schlafen zuzusehen... Sie sind so schön und unschuldig.«
Liebevoll blickte er auf seinen Sohn, der auf seinem Kindersitz schlummerte.
Alison wechselte einen Blick mit Neil.
Keiner von ihnen sagte ein Wort, aber sie wußte, daß sie dasselbe dachten. Dann
stand er auf und holte sich noch ein Bier aus der Küche, und sie sah auf die
Uhr und fragte sich, wie lange sie es dort noch aushalten würde. Sie war
hungrig und müde. Sie hatte das Mittagessen ausfallen lassen, weil Drucktag
war, und als sie endlich nach Hause kam, nachdem sie zwanzig Minuten in einem
defekten Zug festgesessen hatte, hatte sie alles andere gewollt als auszugehen.
Ausnahmsweise war Stephen vor ihr
daheim gewesen, und als sie Lias Einladung erwähnte, war er sehr gern
mitgekommen. Sie hatte angenommen, daß er das Gerede über Babys schnell leid
würde und sie sich sehr bald wieder verabschieden und vielleicht zusammen essen
gehen könnten. Es war einer der Abende, an denen Justine babysittete, und es
wäre schade gewesen, sich die seltene Gelegenheit entgehen zu lassen, etwas
Zeit miteinander zu verbringen. Aber Stephen schien vollauf zufrieden zu sein,
mit den Babys zu spielen und mit Lia über Entwicklungsphasen zu sprechen. Sie
wußte es zu schätzen, daß er so reizend zu ihren Freundinnen war, aber jetzt
wurde sie langsam ungeduldig.
»Was macht ihr Weihnachten?« fragte
Neil sie, weniger aus Interesse als aus der Verpflichtung heraus, das gähnende
Schweigen zwischen ihnen zu überbrücken.
»Wir fahren zu meiner Mutter«,
erzählte sie ihm.
»Aha... Wohnt sie noch in...?«
Alison sah nervös zur Treppe.
»Rustington, ja. Das liegt am Meer«, fügte sie unnötigerweise hinzu.
»Und dein Vater?«
»Ist vor ’ner Weile gestorben... Kurz
vor meiner Hochzeit.«
»Tut mir leid.«
»Danke«, sagte sie und wünschte,
Stephen würde wieder herunterkommen. »Das Haus ist jetzt sehr groß für sie
allein, aber sie hat Freunde...«
»Natürlich«, sagte er.
Ihr war bewußt, daß die Höflichkeit es
wahrscheinlich gebot, sich auch nach seinen Eltern zu erkundigen, aber sie fand
die hölzerne Konversation fast unerträglich.
»Du bist
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