Keine Lady fuer Lord Strensham
davon, dass nur Marcus sie retten konnte. „Sie sind ein kluger Mann, Mylord. Mithilfe meines Vermögens würde es Sie nicht viel Zeit kosten, Ihr Gut wieder aufzubauen. Nach nur ein, zwei Jahren werden Sie meine Mittel gar nicht mehr nötig haben. Aber wir beide bekämen eine neue Chance, sehen Sie das denn nicht? Wir könnten beide einem unerträglichen Schicksal entfliehen, ohne dass einer von uns Schaden erleidet.“
„Zwei Jahre der Enthaltsamkeit könnten sich als ein zu großes Opfer für mich erweisen, Miss Hardy. Sie wissen sehr gut, ich bin kein Heiliger. Dennoch stellt für mich reines Eigeninteresse keinen ehrenhaften Grund für eine Ehe dar.“
„Glauben Sie mir, Mylord, die Vorstellung, die neue Lady Winforde zu werden, ist nicht die Art Ehrenhaftigkeit, die ich anstrebe. Wahrscheinlich habe ich zu große Angst davor, um mir Ihre allzu moralischen Ansprüche leisten zu können.“
„Ich bin nicht der vollkommene Gentleman, für den Sie mich zu halten scheinen, Miss Hardy. Jeder Mensch in Ihrer Lage würde um jeden Preis einen Ausweg suchen. Allerdings berücksichtigen Sie die menschliche Natur nicht. Glauben Sie tatsächlich, Sie könnten mich heiraten und danach noch lange unberührt bleiben?“
Das klang fast, als wäre die Versuchung groß, aber natürlich wollte er nur galant sein. In den vergangenen Tagen schien es ihm ja nicht besonders schwergefallen zu sein, sie zu übersehen.
„Sie lieben mich nicht, warum also nicht?“, entgegnete sie leichthin, doch entschlossen, seine unvernünftigen Skrupel und ihre eigenen Zweifel aus der Welt zu schaffen. Alles war besser, als Granby in die Hände zu fallen.
„Ja, warum eigentlich nicht?“, wiederholte Marcus nachdenklich und erinnerte sich an seinen Entschluss, eine Frau zu nehmen, die er respektieren, wenn schon nicht lieben konnte.
Und diese außergewöhnliche junge Frau respektierte er sogar sehr – für ihren Mut und ihre unbeugsame Willensstärke, einem Schicksal zu entfliehen, das viele andere Frauen demütig akzeptiert hätten. Auch intelligent war sie wie nur wenige, die er kannte. Immerhin war es ihr gelungen, ihrem Vormund zu entkommen und in eine Rolle zu schlüpfen, die einer Dame völlig fremd sein musste. Darüber hinaus hatte sie sich die Kenntnis einer klassischen Sprache angeeignet, obwohl die Gesellschaft, in der sie aufwuchs, nicht mehr von ihr verlangte als minimale Lese- und Schreibfähigkeit. Wie konnte er also keine Hochachtung für sie empfinden?
„Sie werden doch wohl kaum aus Liebe heiraten wollen, wenn Sie gar nicht an die Liebe glauben, Mylord?“, fuhr Thea fort.
„Nein, Liebe ist ein Gefühl, das allgemein weit überschätzt wird“, antwortete er so bestimmt, dass es in Thea eine Hoffnung tötete, der sie sich nicht einmal bewusst gewesen war.
„In der Tat. Liebe ist viel zu unbequem. Warum sollte man sie also anstreben?“, stimmte sie zu, ohne sich ihre Enttäuschung anmerken zu lassen.
Marcus nickte nachdenklich. „Als meine Gattin wären Sie vor Ihrem Vormund sicher. Und ich bin bereit, eine Frau zu heiraten, wenn ich sie respektieren kann.“
Wollte er es sich also doch überlegen? Andererseits konnte er unmöglich ein Mädchen respektieren, das ihn zuerst irregeführt und sich ihm dann schamlos an den Hals geworfen hatte.
Als hätte er ihre Gedanken gelesen, fuhr er fort: „Ich bewundere Ihre unerschütterliche Entschlossenheit, Miss Hardy. Und es kann Ihnen ja wohl kaum entgangen sein, wie sehr ich mich auf einer rein persönlichen Ebene zu Ihnen hingezogen fühle.“
Die letzte Bemerkung nahm Thea einen Augenblick den Atem. In ihrem Entzücken verpasste sie fast die Fortsetzung seiner sorgfältig formulierten Rede.
„Ich glaube, wir könnten eine gute Ehe führen“, fuhr er gelassen fort. Er bemerkte offenbar nicht, dass Thea mit den Tränen kämpfte. „Ich würde auch nicht auf meinen Rechten als Ihr Gatte bestehen, bis Sie selbst bereit sind, sie mir zu gewähren. Andererseits hielte ich sehr gerne eines Tages Ihre Kinder in den Armen. Falls es also einen Weg gibt zueinanderzufinden, erweisen Sie mir dann die Ehre, mir Ihre Hand zur Ehe zu reichen, Miss Hardy?“
„Es soll also mit der Zeit doch eine echte Ehe werden?“, fragte sie hoffnungsvoll.
„Das ist der einzige Antrag, den ich Ihnen machen kann, ohne gänzlich die Achtung vor mir zu verlieren. Je länger ich übrigens darüber nachdenke, desto mehr freunde ich mich mit diesem Gedanken an. Schließlich habe ich nicht sehr
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