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Keine Lady ohne Tadel

Keine Lady ohne Tadel

Titel: Keine Lady ohne Tadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eloisa James
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beileibe kein Lakai. Nicht einmal von Ned hatte sie sich so kalte und missbilligende Blicke gefallen lassen müssen. Und natürlich war Mr Fairfax-Lacy nach seinem mitternächtlichen Ausflug in die Gemächer der Gräfin befriedigt. Allein das würde ihn für ihre wie auch immer gearteten Reize unempfänglich machen.
    »Ned?«, fragte er erstaunt. »Dieser Gentleman wird wohl nicht hier erwartet, sondern lebt einzig und allein in Ihren Gedanken?«
    »Korrekt«, antwortete Bea, schmiegte ihr Kinn an die Knie und redete sich ein, dass es ihr nichts ausmachte, dass er eben bei Helene gewesen war. »Und wie ist Ihr Befinden, Mr Fairfax-Lacy? Können Sie nicht schlafen?«
    »Etwas in der Art«, erwiderte er und machte ein Gesicht, als könne ihn kein Wässerchen trüben.
    Was in aller Welt tat er hier in der Bibliothek, statt sich an den dürren Körper seiner Geliebten zu schmiegen? Das war ein gemeiner Gedanke, schalt sie sich. Du bist doch die Frau mit dem wattierten Busen. Aber ihre Eigenschelte trug nicht gerade zu besserer Laune bei.
    »Nun, was haben Sie in der Bibliothek zu suchen?«, fuhr Bea fort. »Ich dachte, Sie hätten Wichtigeres zu tun.«
    Er antwortete nicht sogleich, sondern trat näher und drehte den Docht der Petroleumlampe herunter. »Eigentlich bin ich hier, um den Lyrikband zu suchen, den Sie Lady Godwin zum Vorlesen gaben.«
    »Warum – wollen Sie etwa eine private Lesung abhalten?«, erkundigte sie sich.
    Das kleine Luder hatte es sich auf der Polsterbank bequem gemacht, sich zusammengerollt wie ein Kätzchen. Eigentlich hätte sie mit den offenen Haaren kindlich wirken müssen, doch dieser Eindruck wurde von dem Grübchen zunichtegemacht, das ihr einen wissenden Ausdruck verlieh. Außerdem hatte sie die Angewohnheit, einen Schmollmund zu ziehen, als erwarte sie einen Kuss.
    Er ging auf sie zu. »Warum haben Sie Lady Godwin ausgerechnet dieses Gedicht zum Vorlesen gegeben?«
    »Hat es Ihnen nicht gefallen?«, fragte sie dagegen.
    Von Nahem betrachtet, hatte sie weiß Gott nichts Kindliches mehr. Ihr Haar war so rot wie glühende Kohlen. Wie ein Wasserfall ergoss es sich über ihren Rücken. »Sie haben Ihr Gesicht gewaschen«, stellte er fest. Und ohne auf die Warnsignale zu achten, ging er vor der Bank in die Hocke, um ihr gerade in die Augen schauen zu können. »Ja, was ist denn das?«, spottete er. »Ich glaube gar, Ihre Augenbrauen sind so gelb wie Gänseblümchen!«
    »Eher rötlich«, berichtigte sie ihn. »Ich verabscheue sie. Und falls Sie zu meinen Wimpern auch etwas bemerken möchten: Die haben genau die gleiche Farbe.«
    »Das ist eigentlich seltsam. Wieso sind sie nicht rot wie Ihr Haar?«
    Bea zog die Knie enger an sich und krauste das Näschen. »Wer weiß das schon? Eine meiner Schwestern hat rote Haare und wunderbare Wimpern. Meine aber wären unsichtbar, wenn ich sie nicht tuschen würde.«
    »Sie sind aber dennoch sehr lang.« Er musste sich beherrschen, um sie nicht zu berühren.
    »Und von Natur aus geschwungen. Ich sollte dankbar sein für ein Material, mit dem ich arbeiten kann. Wenn ich sie schwärze, sehen sie ganz annehmbar aus. Natürlich erlaube ich nie einem Mann, mich ungeschminkt zu sehen.«
    »Und was bin ich dann für Sie?«, fragte Stephen. Im Grunde war sie jetzt viel verführerischer, als wenn sie versuchte, verführerisch zu sein. Sie duftete nach Limonen und nicht nach einem schweren französischen Parfüm. Und ihre Lippen hatten einen bezaubernden Rosaton, die Farbe von Blumen in einem Sommergarten.
    »Ich halte Sie durchaus für einen Mann. Aber Männer, die bereits befriedigt sind, haben mich noch nie interessiert.«
    »Wie außerordentlich grob Sie sich ausdrücken! Und vulgär dazu.«
    »Was erstaunt Sie daran?«, gab sie zurück, offenbar von seiner Kritik unbeeindruckt. »Sicherlich haben Sie schon das eine oder andere Mal mit einer Frau geredet, die nicht gerade ein Muster von Anstand war.«
    »Ehrlich gesagt haben Bordelle mich nie interessiert. Ich habe stets andernorts willige Gefährtinnen gefunden.«
    Bea zuckte lediglich die Achseln. Stephen war nicht der Erste, der ihr durch die Blume zu verstehen gab, dass sie eine Dirne war. Sie fand jedoch, dass diese Einschätzung nicht gerade für seine Intelligenz sprach. Es gab einen gewaltigen Unterschied zwischen ihr, die sie gelegentlich die Gesellschaft eines Mannes erfreute, und jenen Dämchen, die es für Geld taten, und wenn er diesen Unterschied nicht sah, dann war er ebenso beschränkt wie die

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