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Keine Lady ohne Tadel

Keine Lady ohne Tadel

Titel: Keine Lady ohne Tadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eloisa James
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es genau vor sich: wie seine Muskeln die fein gesponnene Wolle seiner Hose strafften. Sie sah seinen Hosenbund, der glatt anlag, ohne dass ein Bauchansatz das Bild verunstaltet hätte. Und sie sah sogar – und keine anständige Frau hätte dies bemerken dürfen – die Schwellung zwischen seinen Beinen vor sich, die höchstes Vergnügen versprach.
    Bea rutschte unruhig auf der Polsterbank herum. Es war schlimmer, als wenn sie ihn sehen konnte. Erregung durchströmte sie, sammelte sich zwischen ihren Beinen. Vielleicht half es, wenn sie sich an die Rückenlehne sinken ließ und sich ein wenig streckte. Vielleicht würde ihr Nachthemd aus hauchzarter Spitze, von Exil-Parisern hergestellt, das bewirken, was sie selbst anscheinend nicht fertigbrachte: ihn zu verführen. Vielleicht konnte sie ihm eine Ahnung der Sehnsucht vermitteln, von der sie ergriffen war.
    Doch all das hatte sie ja schon versucht. Es war nachgerade beschämend, wie sehr sie es darauf angelegt hatte, einen Funken des Verlangens in seinen Augen zu entzünden. Sie hatte sich an ihm gerieben wie eine Katze und sich so oft vorgebeugt und ihr Dekolleté präsentiert, dass er glauben musste, sie litte unter Rückenschmerzen. Doch keines dieser Manöver hatte auch nur das geringste Interesse in dem Mann wachgerufen. Nur einmal, als sie vom Regen durchweicht und mit Schlamm bedeckt war, da hatte er sie küssen mögen.
    Bea biss sich auf die Lippen. Sie sollte sich lieber zurückziehen. Doch sie musste sich eingestehen, dass sie ebenso wenig Neigung verspürte, auf ihr Zimmer zu gehen wie das Atmen einzustellen. Nicht, wenn noch eine winzige Möglichkeit bestand, dass er sie küsste, dass er verstand, dass er …
    Oh, gib, dass das Gedicht ihn erregt, da ich es anscheinend nicht vermag, betete sie zu einer beliebigen heidnischen Göttin. Bitte gib, dass es ebenso wirkt wie bei Helene.
    »
Wenn’s Sünde ist, zu lieben einen hübschen Knaben
«, las er.
    Seine Stimme war so tief, so sinnlich, dass Bea erbebte. Auf sie wirkte das Gedicht, keine Frage. Sie spürte, dass er sich vorbeugte. Doch sie selbst verbot sich jede Bewegung.
    »
Des’ bernsteinfarb’ne Locken, hoch gefasst im Netz, munter umspielen die schöne Wange
…«
    Bea zitterte heftig, als seine Hand ihren Kopf berührte.
    »Ihr Haar ist dunkler als Bernstein, Lady Beatrix. Es hat eher die Farbe von …«
    »Wein?«, fragte Bea mit nervösem Kichern. Es verunsicherte sie zutiefst, nichts sehen zu können. Sonst war sie diejenige, die eine Unterhaltung dominierte.
    »Rostfarben würde ich es nicht nennen. Vielleicht … eine Farbe wie Rote Bete?«
    »Wie poetisch! Mir wäre ein Vergleich mit Rosen oder Flammen lieber.«
    »Aber Rote Bete hat genau diesen Ton aus tiefem Rot und kräftigem Orange.«
    »Na, wunderbar! Bea, die Rote Bete.«
    »Das wäre viel zu lieblich«, stimmte er zu. »Natürlich sähe es weniger betenartig aus, wenn Sie Perlen oder Blumen einflechten würden, so wie der Knabe in dem Gedicht. Denn seine bernsteinfarbenen Locken sind – lassen Sie mich kurz nachschauen – mit Perlen und Blumen durchwirkt.«
    »Blumen sind derzeit nicht modern«, sagte Bea verächtlich. »Vielleicht eine Feder. Und Perlen sind so altbacken.«
    »
Wenn’s Sünde ist, zu lieben eine hübsche Dame
«, las er. »
So will ich sündigen, dass ihre Liebe mich behüte

    Bea verschlug es fast den Atem. Sie wollte diese Stimme trinken – sie wollte, dass diese Stimme sie trank. Sie wollte zärtliche Worte hören … »Sie haben da etwas verändert«, mahnte sie. »Es heißt:
Wenn’s Sünde ist, zu lieben einen hübschen Knaben

    »Es gibt in meinem Leben keinen Knaben, den ich liebe«, erwiderte Stephen schlicht. Nun musste er sie berühren – er konnte sich nicht länger zurückhalten. Er klappte das Buch zu und legte es neben sich. Bea saß immer noch zusammengerollt wie ein Kätzchen da und wirkte merkwürdig hilflos ohne die Waffe ihrer blitzenden Augen, die ständig Einladungen in alle Richtungen aussandten. Eigentlich vermisste er ihre Blicke sogar.
    Vage nahm er das Zittern seiner Hände wahr, bevor er sie berührte. Er hob ihr Kinn an und streifte ihren Mund mit den Lippen. Sie seufzte – war es möglich, dass sie sich ebenso nach seinen Küssen sehnte? Sie schlang ihre Arme um seinen Nacken.
    Doch nun gefiel es Stephen nicht mehr, dass ihre herrlichen Augen bedeckt waren. Und wenn sie schon hundert Männer vor ihm so leidenschaftlich angeschaut hatten – was machte das? Mit einer

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