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Keine Macht den Doofen

Keine Macht den Doofen

Titel: Keine Macht den Doofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schmidt-Salomon
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Nützling
Mensch ganz aus den Augen verlieren. Doch warum sollten wir
notwendigerweise so viel blöder sein als alle anderen
Spezies? Warum sollte uns Menschen nicht das Gleiche gelingen, was
Ameisen schon seit Jahrmillionen in vorbildlicher Weise praktizieren? Könnten
nicht auch wir Produktion und Konsumtion so intelligent gestalten, dass sie
nicht bloß unschädlich , sondern sogar nützlich für die Biosphäre sind?
    Dass dies möglich ist, haben Michael Braungart und William McDonough
in ihrem ausgezeichneten Buch »Einfach intelligent produzieren« dargelegt. 38 Sie dokumentieren nicht
nur eindringlich, warum wir uns von der bisherigen Produktionsform, die von der Wiege der Rohstoffgewinnung zur Bahre der Sondermülldeponien führt, schnellstens verabschieden sollten, sondern
zeigen mit ihrem Cradle to Cradle- Prinzip (übersetzt: von der Wiege zur Wiege ) auf, wie es anders gehen
könnte: In einer echten Kreislaufwirtschaft müssten
biologische und technologische Nährstoffe konsequent voneinander getrennt
werden. Statt auf Nimmerwiedersehen verloren zu gehen, würden sie dem
Produktions- und Konsumtionsprozess erhalten bleiben, was verlangt, dass schon
bei der Planung und Herstellung eines Produkts seine spätere Wiederverwertung
einkalkuliert wird. Abfälle im Sinne wertlosen Mülls gibt es in einem solchen
Kreislaufsystem gar nicht mehr, da jeder Abfall zugleich Nahrung für den
nächsten Stoffwechselprozess ist – so wie es uns die Natur seit Jahrmillionen
vormacht.
    Das Bemerkenswerte an Cradle to Cradle ist, dass das Konzept nicht nur konsequent ökologisch ,
sondern auch konsequent humanistisch ist. Der Mensch
erscheint hier nicht von vornherein als Belastung für den
Planeten , sondern als potenzielle Bereicherung .
Das ist ein gewaltiger Unterschied zu den traditionellen Ansätzen, die meist im
ökologischen Büßergewand daherkommen, die Litanei unserer tiefen Schuld
predigen und Sühne für die schwere Versündigung des Menschen an »Gottes heiler
Schöpfung« einklagen. 39 Dieser Unterschied in der Grundkonzeption hat weitreichende praktische
Konsequenzen: Anders als die traditionellen Ansätze fordert Cradle
to Cradle nicht zu Reduktion, zu Verzicht und Nullwachstum auf (der
traurigen Dreifaltigkeit des frommen Ökologismus), sondern zu mehr Kreativität, mehr Schönheit und einer intelligenten Erweiterung
unserer technischen Möglichkeiten . Leitbild von C2C (wie das Konzept
abgekürzt wird) ist nicht die kahle, asketische Mönchsstube ,
sondern der blühende Kirschbaum , der seine Ressourcen
Jahr für Jahr auf so wunderbar effektive Weise verschwendet, dass nicht nur er,
sondern auch sein Umfeld nachhaltig davon profitieren.
    Mittlerweile haben Braungart und McDonough zusammen mit
internationalen Partnern bewiesen, dass das Cradle to Cradle -Konzept
aufgeht. Sie haben Fabriken errichtet, aus denen das Wasser sauberer heraus-
als hineinfließt, Häuser gebaut, die mehr Energie erzeugen, als sie
verbrauchen, Bildschirme entworfen, die komplett recycelt werden können,
Textilien hergestellt, die man nicht nur bedenkenlos anziehen kann
(normalerweise tragen wir Sondermüll auf der Haut), sondern die später sogar
als Kompost im Garten dienen können. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben
gezeigt, dass die C2C-Revolution, die unseren Stoffwechsel mit der Natur
grundlegend ändern würde, sehr wohl machbar wäre. Renommierte Firmen haben
bereits erfolgreich mit dem Konzept gearbeitet 40 – und ohne Zweifel wären schon jetzt viele,
viele Unternehmen mehr an Bord, wenn (ja: wenn!) es stärkere ökonomische
Anreize für die Betriebe gäbe, aus dem absurden System der Ökologiotie auszusteigen.
    Doch genau hier liegt das Problem: Ökologische
Blödheit (Ökologiotie) und ökonomischer Schwachsinn (Ökonomiotie) sind einander
verstärkende Prozesse. Die schreckliche Wahrheit ist, dass nicht nur
viele Güter, die wir täglich produzieren und konsumieren, unintelligent designt
sind, sondern dass unser gesamtes Wirtschaftssystem auf
unintelligentem Design beruht! Als würde es nicht genügen, dass wir
dumme Produkte erschaffen, versagen wir auch noch bei der Aufgabe, den
Austausch dieser Produkte vernünftig zu organisieren. Zwar ergibt minus mal
minus mathematisch ein Plus – aber das fette Plus, das aus der doofen Verteilung doofer Produkte resultiert, landet wie
durch Zauberhand auf den Konten einiger weniger, während der überwiegende Teil
der Menschheit blöde aus der toxisch belasteten Wäsche

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