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Keine Macht den Doofen

Keine Macht den Doofen

Titel: Keine Macht den Doofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schmidt-Salomon
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schaut.

Ökonomische Schwarmdummheit
    Eigentlich sollte eine funktionierende Wirtschaft den
reibungslosen Austausch von Gütern und Dienstleistungen garantieren.
Theoretisch dürften wir sogar erwarten, dass aufgrund der stetig nachwachsenden
Reichtümer der Natur und der enorm gestiegenen Produktivität des Menschen jedes
einzelnes Individuum auf diesem Planeten ein mehr oder weniger sorgenfreies
Leben führen könnte. Doch, wie wir alle wissen, sieht die Realität deutlich
anders aus: Viele Menschen genießen heute zwar einen Luxus, vor dem selbst die
mächtigsten Kaiser, Könige und Päpste der Vergangenheit vor Neid erblassen würden,
gleichzeitig aber sterben Tag für Tag 30 000 Kinder unter fünf Jahren an den
Folgen von Unterernährung, fehlender Hygiene und mangelhafter medizinischer
Versorgung. Während wir die Sektkorken knallen lassen, haben eine Milliarde
Menschen nicht einmal Zugang zu sauberem Trinkwasser. Während wir ins Fitnesscenter
gehen, um überschüssige Kalorien abzutrainieren, sind 700 Millionen Menschen
vom Hungertod bedroht. Es ist das große Paradoxon unserer Zeit: Nie war die Menschheit reicher, nie war sie ärmer als heute. Nie zuvor gab es solch grandiosen Wohlstand und zugleich so fürchterliches
Elend.
    Manche sehen hierin ein Problem der Moral. Sie meinen, dass wir, die
Menschen der reichen Industrienationen, einfach zu raffgierig seien und den
Ärmsten der Armen vorsätzlich noch die letzten Brotkrümel vom Teller stehlen
würden. Doch ist das wirklich wahr? Sind wir wirklich so hartherzig, dass uns
das Leid der anderen nicht berührt? Streben wir tatsächlich danach, unser Glück
auf dem Unglück der Allerärmsten zu gründen? Nein! Die meisten von uns sind
sich absolut im Klaren darüber, dass es so wie bisher nicht weitergehen darf.
Die große Mehrheit der Menschen in den Industrienationen wünscht sich eine andere, eine gerechtere Welt , in der jeder Einzelne
sorgenfrei leben kann.
    Es liegt eben nicht am fehlenden Weltethos ,
sondern an fehlender Intelligenz , dass die Dinge noch
immer so sind, wie sie sind. Die ernüchternde Wahrheit ist: Wir
sind nicht zu böse, sondern zu blöde, um eine gerechtere Welt zu schaffen! Und das ist die eigentliche Tragik unserer Situation: Niemand will es, jeder
beklagt es – und doch passiert es: Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer
weiter auf – und zwar nicht nur im globalen Maßstab, sondern auch innerhalb der
reichen Nationen.
    Nach den Lehren der klassischen Ökonomie hätte es dazu eigentlich
gar nicht kommen dürfen. Die von Adam Smith beschriebene »unsichtbare Hand des
Marktes« hätte den Eigennutz der Individuen so steuern müssen, dass sie im
Laufe der Zeit den Wohlstand aller garantiert. Doch es kam anders: Während die unsichtbare Hand des Marktes die einen streichelte,
erdrosselte sie die anderen. Man könnte den Einsatz eines »unsichtbaren
Killers«, der Millionen von Opfern produziert und auf keinem Fahndungsfoto der
Welt erscheint, als »perfektes Verbrechen« bezeichnen – allerdings nur, wenn
das Ganze bewusst geplant worden wäre. Aber eben das war nicht der Fall. Ebenso
wenig wie es ein intelligentes Design in der Natur gibt (die biologische Evolution ist so voller Pleiten, Pech und Pannen, dass
sich die Annahme eines intelligenten Planers von selbst verbietet), lässt sich
in unserer Wirtschaftsweise irgendeine Form von höherer
Intelligenz erkennen. Im Gegenteil: Es gibt kaum ein
Gebiet, auf dem sich menschliche Schwarmdoofheit so offenkundig manifestiert
wie auf dem Gebiet der Ökonomie.

Finde den nächstgrößeren Deppen!
    Denken Sie nur an die Turbulenzen auf den internationalen
Finanzmärkten: Jetzt, da ich dies schreibe, ist der Euro aufgrund der
kolossalen Staatsschulden in Griechenland, aber auch in vielen anderen
europäischen Ländern, massiv unter Druck. Obgleich die Regierungen immer
größere, in ihren Ausmaßen kaum noch vorstellbare »Rettungsschirme« beschließen,
spekulieren gewiefte Hedgefonds-Manager weiterhin erfolgreich gegen die angeschlagene
europäische Währung. Natürlich werden sie dafür in den Medien und in der
Politik zu den großen Buhmännern unserer Zeit stilisiert. Was dabei jedoch
übersehen wird: Das Kapital, mit dem die Manager gegen den
Euro wetten, stammt nicht unwesentlich aus der Eurozone selbst! So haben
deutsche Pensionskassen, um die Altersvorsorge ihrer Mitglieder zu sichern, ihr
Kapital gerade auch in jenen lukrativen Hedgefonds angelegt, die

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