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Keine Macht den Doofen

Keine Macht den Doofen

Titel: Keine Macht den Doofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schmidt-Salomon
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den beiden reicheren Haushaltsgruppen. Die größten
Gewinner waren dabei die reichsten 10 Prozent der deutschen Haushalte, die zu
ihrem ohnehin üppigen Vermögen einen Zinsgewinn (Zinseinnahmen minus Zinslasten)
von mehr als 231 Milliarden Euro verbuchen konnten. 52
    Macht man sich bewusst, dass dieser zinsbedingte Geldtransfer von
Arm auf Reich nicht nur 2007 stattfand, sondern seit Jahrzehnten erfolgt, wird
klar, warum die reichsten 10 Prozent der deutschen Bevölkerung mittlerweile mehr als 60 Prozent des bundesweiten Vermögens besitzen (1988
    lag ihr Anteil am Gesamtvermögen noch bei 45 Prozent, 2002 schon bei 57,9 Prozent, 2007 bei 61,7 Prozent, Tendenz steigend). 53 Den reichsten 20 Prozent der Haushalte
gehören mittlerweile über 80 Prozent des Vermögens, während 80 Prozent der
Haushalte mit weniger als 20 Prozent des Kapitals auskommen müssen und die
ärmsten 50 Prozent der Haushalte mit Mühe und Not 2 Prozent zusammenkratzen
können. Im globalen Maßstab fällt dieses Missverhältnis von Arm und Reich sogar
noch dramatischer aus: Die reichsten 10 Prozent der
Weltbevölkerung besitzen 85 Prozent des globalen Vermögens, die ärmere Hälfte
der Menschheit zusammengenommen gerade einmal 1 Prozent . 54
    Diese Ungleichverteilung von Vermögen ist nicht nur in ethischer und politischer Hinsicht völlig inakzeptabel (wie
auch sollte man derartige Vermögensunterschiede über reale »Leistungen«
begründen können?!), sondern hat auch fatale
volkswirtschaftliche Konsequenzen . In der ökonomischen Theorie wird
dieses Problem mitunter unter dem Stichwort »Grenznutzen« behandelt. Was ist
damit gemeint? Nun, je mehr Einheiten Sie von einem
Wirtschaftsgut besitzen, desto weniger befriedigend ist es für Sie, noch mehr
Einheiten dieses Wirtschaftsguts zu erhalten. Haben Sie beispielsweise
großen Hunger, so freuen Sie sich über das erste, zweite, dritte, vielleicht
auch noch über das fünfte belegte Brot, doch mit dem zehnten, dem hundertsten,
dem tausendsten Brot, das auf Ihrem Tisch landet, können Sie persönlich nichts
mehr anfangen.
    So ist es auch beim Geld: Für die ärmeren 80 Prozent der Haushalte
in Deutschland wäre jede Erhöhung des Einkommens von praktischem Nutzen, denn
sie würden das zusätzliche Geld weitestgehend in den Konsum investieren und
dadurch die Konjunktur beleben. Für die ohnehin Vermögenden geht jedoch der
reale Nutzen zusätzlicher Gewinne, die ihnen allein schon über den
Zinsmechanismus zufließen, gegen null. Schließlich besitzen sie ohnehin schon
weit mehr Kapital, als sie persönlich ausgeben könnten. Ein zusätzliches Mehr
an Konsum ist für diese Gruppe kaum denkbar und würde ihr auch keine
zusätzliche Befriedigung mehr verschaffen, wie Thomas Strobl sehr richtig
beschreibt: »Luxusartikel sind kein Massengeschäft. Der dritte Porsche macht
bei Weitem nicht mehr so viel Spaß wie der erste. Selbst dann nicht, wenn er
mit Schwarzgeld angeschafft und auch noch frech von der Steuer abgesetzt wird.
Nur mit einer Handvoll Superreicher wird sich eine Marktwirtschaft nicht
betreiben lassen – so viel steht fest.« 55

Ökonomiotische Farce in vier Akten
    Warum das so ist, sollte mittlerweile klar geworden sein:
Durch die zunehmende Konzentration des Vermögens bei einem sehr kleinen Teil
der Bevölkerung geht insgesamt die Binnennachfrage zurück und damit auch der
reale Absatz von Gütern und Dienstleistungen. Folglich entstehen all jene
degenerativen Prozesse, die ich bereits als Konsequenzen des
notorischen Sparens skizziert habe. Im Grunde muss man sich also gar
nicht darüber wundern, dass auf der globalen Finanzbühne gegenwärtig eine so
schauerliche Schmierenkomödie aufgeführt wird. Die von der internationalen
Finanz-Deppokratie dargebotene »Ökonomiotische Farce in vier Akten« lässt sich
etwa folgendermaßen zusammenfassen:
    Erster Akt: Im Zuge des Einbruchs der
Binnenkonjunktur können viele Unternehmen ihre Profite nur noch dadurch erzielen,
dass sie Arbeitskräfte entlassen, was erklärt, warum die Aktienkurse steigen,
wenn ein Unternehmen Rationalisierungsmaßnahmen ankündigt. So clever diese
Strategie im ersten Moment erscheinen mag, auf längere Sicht ist sie von
erschütternder Blödheit: Denn durch die Freisetzung von Arbeitskräften
schwindet auch die allgemeine Kaufkraft auf dem Markt, was zu einem weiteren
Einbruch der Konjunktur führt.
    Zweiter Akt : Um das Schlimmste zu
verhindern, muss der Staat mehr und mehr eingreifen,

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