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Keine Pizza für Commissario Luciani

Titel: Keine Pizza für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Paglieri
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Handvoll Nonnen aufhalten lassen. Aber ich will selbst entscheiden, wo und
     wann wir aufeinandertreffen.« Er schwieg einen Moment. »Ja. Wenn die glauben, sie könnten mich wieder ins Gefängnis werfen,
     das können sie sich abschminken.«
    Marina seufzte. Es war besser, das Thema zu wechseln. Oder auch nicht, vielleicht sollte man ein bisschen darauf eingehen.
    »Welches Gefängnis denn, Onkel?«
    »Wie, welches Gefängnis? Santo Stefano! Das Zuchthaus. Sie wollen es wieder eröffnen, diese Schufte, hab ich in der Zeitung
     gelesen.«
    |83| Gaetano hatte sich an das Tischchen gesetzt und las im Fernsehprogramm. »Er redet von nichts anderem mehr«, sagte er zu Marina,
     als ob Marietto ihn nicht hören würde. »Es ist diese Geschichte, die ihn so aus dem Häuschen bringt.«
    »Warst du denn dort im Gefängnis? Das hast du mir gar nicht erzählt. Warum denn?«
    »Weil Herrn Mussolini die Anarchisten nicht schmeckten. Aber wem haben wir je geschmeckt? Auf uns ist immer von allen Seiten
     geschossen worden: von Faschisten, Katholiken, Kommunisten. Die stecken uns heute immer noch ins Gefängnis und lassen die
     Mörder frei herumlaufen. Wenn einer seine Eltern umbringt, ist er am nächsten Tag schon wieder auf freiem Fuß, und das Erbe
     schmeißen sie ihm auch noch hinterher. Wenn aber einer schreit, dass die wahren Verbrecher die da oben sind, die Politiker,
     die Bankiers, die Geheimdienste, dann kannst du dich drauf verlassen, dass er schnurstracks in den Bau wandert. Die Ideen
     sind es, die den Mächtigen Angst einjagen!«
    Während der Fischer weiterredete, überschlug Marina ein paar Zahlen. Marietto war 1930 geboren, wie also sollte Mussolini
     ihn eingesperrt haben? 1943, beim Sturz des Regimes, war er dreizehn gewesen, bei Kriegsende fünfzehn. Auch an seine Vergangenheit
     als Partisan, von der er immer sprach, wollte sie nicht so recht glauben.
    »Entschuldige mal, Onkel, als Mussolini an der Macht war, warst du noch ein Kind. Bringst du da nicht etwas durcheinander?«
    Gaetano dachte: Ojemine, was tust du nur?! Instinktiv zog er den Kopf ein, um einigermaßen heil durch den Sturm zu kommen,
     der jetzt losbrechen würde.
    Marietto hatte sich stocksteif im Bett aufgesetzt, sein Gesicht war krebsrot, vor Wut oder vielleicht vor Scham.
    »Und du, wie alt bist du denn eigentlich?«
    |84| »Ich? Was hat das damit zu tun?«
    »Wie alt bist du?«, schrie er.
    »Neunundzwanzig. Und weiter?«
    »Und weiter sagst du mir, wie du die Tochter meines Bruders Piero sein willst, wenn der seit über dreißig Jahren tot ist!«
    Marina blieb der Mund offen stehen. »Aber Onkel, was erzählst du denn da?«
    »Wer bist du? Du bist nicht meine Nichte!«
    »Onkel, jetzt beruhige dich, dein Bruder Piero ist später gestorben, 1982 war das. Mama …«
    »Ich weiß genau, wann mein Bruder gestorben ist!«, schrie er. »Ich bin doch nicht verblödet! Was willst du von mir? Wer hat
     dich geschickt? Haben sie dich geschickt? Sag ihnen, sie sollen mich in Frieden lassen, oder nein … Sag ihnen, wenn sie sie
     nicht in Ruhe lassen, wenn sie ihr auch nur ein Haar krümmen, dann bringe ich sie um, verstanden?! Sie gehört mir! Mir! Ich
     werde nie zulassen, dass sie sie in dieses grauenhafte Gefängnis werfen!«
    Das Mädchen war vom Bett aufgestanden, hielt die Hände vor den Mund und zitterte. Gaetano war ebenfalls aufgestanden, er gab
     ihr einen Wink, sie solle aus dem Zimmer gehen. Dann redete er beschwichtigend auf Marietto ein.
    »Das ist nicht meine Nichte! Frag sie, wer sie ist! Sie ist eine Hure! Eine Spionin der Faschisten. Solche brachten wir um,
     Spione wie die! Mit Genickschuss!«
    Marina griff sich Mantel und Schal und lief weinend zur Tür hinaus, sie war wütend, eher auf sich denn auf ihn. Sie setzte
     sich ins Wartezimmer, und als sie sich beruhigt hatte, ging sie zur Direktorin.
     
    Schwester Maura saß in ihrem Arbeitszimmer am Schreibtisch und spielte mit einem Stift herum. »Es tut mir leid, |85| dass Ihr Onkel Sie erschreckt hat. Seit dem Fieber ist er nicht mehr er selbst. Er ist aufgewühlt. Sein Gedächtnis hat gelitten,
     er verwechselt Daten und redet wirres Zeug. Und dann hat ihn dieser Verfolgungswahn befallen. Signor Gaetano hat mir gesagt,
     dass er nachts aufwacht und im Zimmer herumwandert. Er versteckt seine Sachen, weil er meint, man stehle sie ihm. Er hat sehr
     abgebaut.«
    »Aber so auf einen Schlag?«
    »Das kommt in diesem Alter leider vor.«
    »Signor Gaetano sagt, dass eine alte

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