Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)
herumfahren sehen. Also die waren auf jeden Fall verdächtig.«
»Können Sie sich an die Farbe des Wagens erinnern?«
»Ja, der war schwarz, also so ein ganz … ich weiß nicht, böses Schwarz.«
»Gut, danke, ich habe das notiert, danke für den Hinweis.«
Wir suchen einen grünen, grünen, grünen, du Spießer, dachte Merten.
Er hatte alles, was die Kollegen rausgegeben hatten, vor sich und konnte so die Angaben vergleichen. Sie hielten immer bestimmte Details zurück, um Nulpen gleich ausschließen zu können.
»Unser Nachbar macht seit Wochen Schießübungen auf dem Grundstück. Und seit zwei Tagen ist er weg. Der hat zwar keinen Skoda, aber einen Mercedes, Kombi, mit Ledersitzen und Chromleisten. Also, das kann der sich eigentlich nicht leisten.«
»Danke. Ich hab das notiert. Danke.«
»Hören Sie mal, ich halte den Hörer an mein Radio, da können sie die Stimme hören. Hören Sie? Ja? Sehen Sie.«
»Ich habe die Polizisten erschossen, ich wollte ein Zeichen setzen.«
Die Irren hielten einen immer richtig lange auf, weil man versuchen musste, ihre Adresse zu bekommen. Damit Kollegen, die ja sonst nichts vorhatten, vorbeifahren und nachsehen konnten, ob da Betreuungsbedarf bestand.
Gerade wurde es ruhiger. Merten sah zu Tina rüber.
»Ich hol Kaffee. Du auch?«
Tina hatte den Hörer am Ohr, lächelte ihn an und machte »thumbs up«.
Merten ging in die kleine Kaffeeküche.
Kanne leer. Er kramte im Oberschrank nach Filtertüten. Spülte die Kanne einmal aus. Füllte Kaffee und Wasser ein. Drückte den Knopf. Gurgelnd setzte sich die Maschine in Gang.
Merten guckte aus dem winzigen Fenster in den Hof der Direktion. Kollegen stiegen in Fahrzeuge, fuhren los. Andere kamen rein. Einer füllte schon den Kopf des Einsatzberichts aus, während der Fahrer einparkte.
Das wollte er. Draußen sein. Bulle sein.
Er hatte sich heute Nacht so gut gefühlt. Kein schlechtes Gewissen. Einfach nur Mann sein. Vögeln bis zur Erschöpfung und dann am Morgen in die Uniform steigen und zum Dienst fahren.
Jana war das krasse Gegenteil von Svenja. In allem. Sie hatte vor nichts Angst. Sie brauchte jede halbe Stunde einen Kick. Sie lachte laut. Sie aß gierig. Sie trank schnell. Sie schrie beim Sex. Und zwar Sachen, die andere nicht mal flüstern würden. Und sie würde keinen Typ haben wollen, der in einer Scheißtelefonzentrale hockte. Sie würde einen Cop haben wollen. Einen, der mit blauem Auge und geprellten Rippen von der Arbeit kam und sie als Erstes im Flur gegen die Wand drückte.
Die Maschine sprotzte. Das Wasser war durchgelaufen.
Merten schaltete sie aus und beobachtete, wie die letzten Tropfen auf die tiefbraune Oberfläche fielen. Eintauchten und dabei Flüssigkeit verdrängten. Die sich kreisförmig ausbreitete, sich aufwölbte, weil der Widerstand des Kaffees zu groß war. Der Rand kräuselte sich, der winzige Krater fiel nach einem Augenblick in sich zusammen, und in seiner Mitte entstand ein neuer Tropfen, der nach oben flog und dann wieder zurückfiel. Und das schwarze Wasser in Wellen schlug.
Jana. Svenja. Kim. Sich kräuselnder Dampf aus Kaffeebechern im Sonnenlicht. Kondenswasser, das an einer Flasche eiskaltem Bier herunterlief. Gitarren. Schweiß. Starker Duft.
Leben.
Merten schloss die Augen. Er versaute gerade alles. Und fühlte sich so lebendig dabei. Obwohl alles falsch schien.
Er zog das Handy aus der Tasche. Rief die Mobilbox an. Hörte noch mal Janas Nachricht. Etwas in Merten wollte es nicht wahrhaben, aber es konnte eigentlich keinen Zweifel geben.
Jana war die Anruferin in der Zentrale gewesen.
Jana hatte Kim und Bernie auf der Straße liegen lassen und war weitergefahren. Jana war vielleicht überhaupt der Grund dafür, dass die beiden auf der Straße verreckt waren. Und das wirklich Unglaubliche daran war: dass er sie nicht dafür hasste. Dass er sich noch mehr nach ihr sehnte.
Sie war ein dunkler Engel.
Und war alles, was er noch wollte.
Der Neandertaler saß am Laptop. Checkte die Bilder und lachte die ganze Zeit.
»Ey, der ist ja so abgegangen. Und guckt, als hätte er Angst vor dir.«
Sie drehte die Augen zur Decke.
»Mann, ist das geil. Jetzt hab ich Pornofotos von dir. Ich kann dich erpressen. Hahaaaa.« Er lachte sich kaputt.
»Und ich bin froh, dass du nicht mit drauf bist. Hättest vermutlich die ganze Zeit blöd in die Linse gegrinst und deine Muckis gezeigt.«
Und prompt machte er genau so ein Gesicht, er hatte sich einfach nicht im Griff. O my god. Er war
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