Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)
produzieren. Sollte sich was ergeben, ruf ich dich an.« Er stellte sich auf eine gepfefferte Antwort ein, aber es kam nichts. Therese nahm einfach ihre Tasche vom Haken der Garderobe, griff ihre Lederjacke und stürmte aus dem Büro.
Prima. Lief doch mal wieder alles rund.
Er saß auf dem Bett. Das Handy war heiß von seinen unzähligen Versuchen, Gandalf zu erreichen. Und sie erreichte er auch nicht seit ihrem Streit. Wahrscheinlich rannte sie irgendwo wie eine Irre. Machte sie ja immer.
Er wusste, dass er ziemlich auf dicke Hose machte. Und dass eigentlich sie das Sagen hatte. Aber jetzt hatte er das Gefühl, etwas entscheiden zu müssen. Der Dicke war auch keine Hilfe. Typisch Politiker, auch wenn er gerade einen auf Untergrund machte. Und jetzt kniff er schon beim Geld. Die Preiserhöhung war echt happig. Aber was erwarteten die eigentlich von einem türkischen Basarhändler?
Dem sollte man mal richtig …
Aber half ja nix.
Passau war schon ziemlich scheiße gelaufen, das musste man zugeben. Und dann die beiden Bullen.
Es tat ihm nicht leid. Ihr auch nicht. Sie hatten auch kein weiteres Wort mehr drüber verloren. Einfach weitergemacht.
Man konnte echt gut mir ihr arbeiten. Sie war hart. Und skrupellos.
Gandalf hatte ihnen klar gesagt, dass sie nichts Schwerwiegendes entscheiden sollten, ohne ihn zu kontaktieren. Aber Passau hatte er ihnen schließlich allein überlassen.
Na ja. War ja auch beinahe schiefgegangen.
Gandalf war gut. Sehr gut. Er hatte einen Heidenrespekt vor dem Grauen. Der hatte Sachen gemacht und erlebt … Und sicher nicht mal die Hälfte davon erzählt.
Er war ein Profi.
Und so gut das einerseits war, so sehr nervte es auch oft. Weil der Graue alles von allen Seiten anschaute. Ewig Geduld hatte. Immer wieder warnte, wie viele Aktionen schiefgelaufen seien, weil einer die Nerven nicht mehr hatte. Blablabla.
Bestimmt hatte er recht. Aber.
Es ging doch um was. Um die Sache. Um Herzblut.
Passau hatten sie echt gut geplant. Lange beobachtet. Alles vorbereitet. Und dann passierte was, und der ganze Plan hing, und beinahe wären sie im Arsch gewesen.
Die beiden Bullen. Auch wegen Passau.
Und der Überfall mit der meisten Beute, das war eine Spontanaktion gewesen. Gesehen, dass die Bank leer war, Fahrräder in eine Hofeinfahrt. Sturmmasken auf die Rübe, Knarren raus und rein in den Laden.
Fünfzehn Minuten später waren sie schon in Richtung Stadtrand unterwegs, keine Verfolger, und hatten fast vierzigtausend Euronen im Sack.
Hammer.
So musste man das machen.
Er wählte noch mal die Nummer. Teilnehmer derzeit nicht erreichbar. Gibt’s doch nicht. Seit Stunden schon. So eine Kacke.
Er schrieb ihr einen Zettel. Und dann machte er sich auf den Weg.
»Pressetermine sind immer eine gute Gelegenheit, die Außensicht einzufangen. Aus den Fragen der Journalisten kann man eine Menge herauslesen. Auch und gerade über eigene Versäumnisse.« Kindler schraubte umständlich an einer Flasche Wasser herum, bis sie endlich wieder zu war.
Grewe hing für seinen Geschmack zu tief im Sessel, um sich auf Augenhöhe zu fühlen. War vermutlich auch Sinn der neuen Möbel.
»Wir geben kein gutes Bild ab. Das können Sie sich ja denken.« Kindler schob Grewe das Wasserglas über den Tisch zu.
Grewe nickte, trank einen Schluck, obwohl er keinen Durst hatte. Friedenspfeife. So was. Obwohl ziemlich klar war, wie das hier laufen würde.
»Natürlich kann man keine Ergebnisse behaupten, die man nun mal nicht erzielt hat. Und im Großen und Ganzen sind wir da heute auch gut rausgekommen.«
Grewe würde einfach nichts sagen. Ihn nur aufmerksam ansehen, nicken oder gegebenenfalls den Kopf schütteln und ganz seiner Meinung sein.
»Aber es ist absehbar, dass wir bald im Fokus der gesamten deutschen Presse- und Medienlandschaft stehen werden. Dessen müssen wir uns immer bewusst sein.«
Kindlers Blick wurde unscharf, er war jetzt ganz bei seinem Thema und der Frage, wie er es dem Kleinstadtkriminaler, der schlaff im Besuchersessel hing, wohl verständlich machen sollte.
Grewe schaute sich unauffällig im Büro um. Bei Kertsch war es immer karg und sachlich eingerichtet gewesen. Lediglich Fotos seiner Frau, der Kinder und später deren Kinder waren auf dem Schreibtisch gestanden. An den Wänden die üblichen »Die Kriminalpolizei rät«-Poster und immer eines von jeder der beiden Gewerkschaften. Ein paar Topfpflanzen.
Bei Kindler dagegen echter Designwille. Kunstdrucke. Keine Pflanzen, dafür zwei
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