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Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)

Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregor Weber
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nickte.
    »Danke.«
    Er wusste, dass das nicht das war, was Drossel ihm eigentlich sagen wollte. Und wartete ab.
    Drossel schloss die Augen, kniff sie zusammen.
    »Wenn Niklas da drüben etwas zustößt, wird niemand schuld sein. Niemand wird etwas aussagen, und niemand wird angeklagt werden. Wir werden den Rest unseres Lebens einfach dasitzen mit dem Bild von irgendeiner staubigen Straße irgendwo in Afghanistan und einer Blutlache im Sand und einem Helm, der ihm nichts genutzt hat.«
    Drossels Mundwinkel zuckten, sein Kiefer mahlte, die Arme waren angespannt.
    Grewe legte seine Hand auf Drossels Schulter. Er schwieg. Drossel weinte.
    Irgendwann presste er aus dem Schluchzen einen Satz.
    »Wir haben seit einer Woche nichts von ihm gehört.«
    Der junge Mann in dem schwer gesicherten Gebäude hatte noch keinen solchen Tag erlebt. Er spürte in jedem Augenblick, dass er ihn tatsächlich nie vergessen würde.
    Das Vertrauen des Alten, das aber genauso gut raffinierte Manipulation sein konnte. Das Auftauchen eines Schattens aus Zeiten, in denen ein Geheimdienst wirklich noch das war, wonach der Begriff klang. Der lautlose Angriff auf Krombholz.
    Er sah sich selbst, wie er sich im Park über den ohnmächtigen Personenschützer beugte. Die Atmung kontrollierte, das Herz, während der Alte leise mit der Dienststelle telefonierte. Sie konnten keinen offiziellen Notarzteinsatz gebrauchen, es musste ein Team aus dem Dienst kommen.
    Er hatte sofort mit Herz-Lungen-Wiederbelebung begonnen. Dreißig Stöße, zweimal Beatmen, dreißig Stöße, zweimal Beatmen. Es war anstrengender, als er gedacht hätte. In den Auffrischungskursen machte man das immer nur zwei Minuten an einer Puppe mit ausgeleiertem Korpus.
    Krombholz hatte einen äußerst stabilen Brustkorb. Es mussten erst mal zwei Rippen brechen, bis sich wirklich etwas tat beim Drücken. Und fast fünfzehn Minuten hatte es gedauert, bis der Notarztwagen vor Ort war. Die hatten Krombholz intubiert und dann mitgenommen.
    Jetzt lag er im Bundeswehrkrankenhaus, dort konnte man ihn am besten abschirmen. Offiziell war der Unfall beim Boxtraining passiert, man hatte Krombholz noch auf der Fahrt Sportzeug angezogen. Wahnsinn.
    Und jetzt der Anruf. Ihr V-Mann hatte sich gemeldet. Die Operation lief möglicherweise doch aus dem Ruder.
    Natürlich musste er dem Alten berichten. Aber er hatte das dringende Bedürfnis, die Informationen zu sortieren. Vorher. Vielleicht ein Muster zu erkennen. Einen Weg zu sehen. Abzuschätzen, in welche Richtung sich die Dinge entwickeln könnten. Mit welcher Wahrscheinlichkeit. Was das Schlechteste wäre und was das Beste. Und welche Entwicklung ausgeschlossen werden könnte.
    Analyse.
    Das war sein Job. Er war Analyst. Kein Agent im eigentlichen Sinne. Was ihm auch mehr und mehr zu schaffen machte. Er kannte den Werdegang des Alten. Der war alles gewesen und überall. Posten im Ostblock während des Kalten Krieges. Naher und Mittlerer Osten. Und auch im Inland hatte er an den heikelsten Operationen teilgenommen. Dinge, die tief in den Kellern des Dienstes vergraben waren, wenn es überhaupt noch Material darüber gab.
    Strategie der Spannung. Der tiefe Staat. Das waren für viele nur noch Worte. Aus Seminaren der Politikwissenschaft.
    Der Alte war dabei gewesen.
    Und seine Frau war deswegen gestorben. Ermordet. Von Terroristen. Die Täter waren nie gefasst worden, und niemand konnte erklären, wie es ihnen gelungen war, einen Geheimdienstler zu identifizieren, der mit ihrer Bekämpfung beschäftigt war.
    Und wenn er jetzt diese Informationen nicht vernünftig auszuwerten in der Lage war, bevor er sie weitergab, dann war er wieder allein auf die Erklärungen angewiesen, die der Alte ihm geben würde. Und auf die Anordnungen.
    Der Alte würde weiter sein Spiel mit ihm spielen, und er würde nicht wissen, welche Figur er auf dem Brett war.
    Er hasste es.
    Und doch faszinierte es ihn auch. Spielball zu sein. Blind zu gehen.
    So musste es sich anfühlen, bei einer Operation an vorderster Front zu stehen. Er schloss für einen Moment die Augen.
    Dann goss er sich einen frischen Grüntee ein und machte sich an die Arbeit.
    Sie war seit fast drei Stunden draußen. Zuerst gelaufen. Bis in den Staatsforst. Dort gab es einen alten Trimm-dich-Pfad. Crazy. Den machte sie dreimal durch. Beim ersten Mal wütend. Beim zweiten Mal konzentriert und mit vielen Wiederholungen. Beim dritten Mal war es nur noch ein Kampf gegen die Erschöpfung. Das war der beste Durchgang.

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