Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)
Auto auf einem Feldweg, wo er drei Stunden schlief. Fuhr wieder auf die Autobahn, dann wieder runter zu einem Autohof. Duschte dort, frühstückte ausgiebig und kaufte sich eine neue Prepaidkarte.
Er konnte die beiden nicht erreichen.
Dafür konnte es Gründe geben, aber es war nicht gut. Nicht in der aktuellen Lage. Sein, Gandalfs, Verschwinden sollte sie eigentlich automatisch bewegungslos machen und in Bereitschaft versetzen. Sie mussten erreichbar sein.
Er fuhr weiter und weiter. Als er nur noch achtzig Kilometer von der Stadt entfernt war, kaufte er an einer Raststätte einen Falkplan. Suchte Schwankwitz’ Adresse und fuhr wieder weiter.
Verließ die Autobahn aber, noch bevor er die Stadt erreichte, und setzte den Weg über Landstraßen fort. Versuchte immer wieder, die beiden zu erreichen. Ohne Erfolg.
Er hielt bei einem Waldparkplatz und ging eine halbe Stunde spazieren. Dachte nach.
Es spielte keine Rolle, warum er die beiden nicht erreichte, und es war auch unbedeutend, ob er sie noch erreichen würde. Entscheidend war, sich jetzt darauf vorzubereiten, was es für das Vorhaben bedeuten konnte, wenn bei ihnen etwas schiefgelaufen war.
Konnte er sie nicht erreichen, musste er Schwankwitz aufsuchen, das war klar. Der kannte Gandalf nicht, aber das war kein Problem. Ein Anruf, und Schwankwitz würde ihn zweifelsfrei überprüft haben. Die Leute aus Thüringen, die den Kontakt eingefädelt hatten, hatten Gandalf mehrmals getroffen.
Schwankwitz hatte die Verbindung zu dem Waffenhändler.
Eine Frage war also, ob der Ausfall der beiden von Dauer und in einer Art und Weise vonstattengegangen war, die die Aktion gefährdete. Eine andere, ob Schwankwitz zuverlässig genug war und die Eier hatte, den Deal unter Gandalfs Aufsicht alleine durchzuziehen. Er selbst wollte dem Händler gegenüber gar nicht in Erscheinung treten, damit er die Abwicklung aus der Deckung überwachen konnte.
Das größte Problem hatte Gandalf, wenn die Polizei jetzt schon im Spiel war. Wenn Schwankwitz überwacht wurde. Das musste er checken.
Okay. Soweit das.
Alles andere hing davon ab, ob die Aktion noch durchführbar war. Es war alles bereit.
Die Dokumente hatte er in Schließfächern deponiert. Digitale Kopien lagen als Hardcopy dabei und waren auch noch mal auf zwei verschiedenen Servern gespeichert. Falls er selbst nicht in der Lage sein würde, würde Rodriguez dafür sorgen, dass alles ankam.
Auch wenn die ganze Aktion schiefging, der Mann in der Villa war erledigt. Und wenn Gandalf alles, wirklich alles bis zum Ende bringen konnte, dann würde der Sturz des Alten und alles, was damit zusammenhing, diesen verlogenen Staat in seinen Grundfesten erschüttern.
Wenn man mit einer Operation mehr als ein Hauptziel verfolgte, musste man klare Prioritäten setzen und sich in Drucksituationen konsequent daran halten. No worries, no regrets. Ein nicht erreichbares Ziel musste man sofort aufgeben, wenn man damit die Chance wahren konnte, ein anderes zu erreichen. Auch daran scheiterten Amateure und Semiprofessionals. Die RAF , die ganze terroristische Linke der Siebziger und Achtziger, das waren Amateure. Erst als die Dienste anfingen mitzuspielen, wurden sie professioneller. Und aus der dritten Generation der RAF wurde dann auch fast keiner mehr erwischt. Allerdings konnte man auch nicht mehr sagen, wer alles von einem Dienst in die Szene reingesetzt worden war. Es gab Informanten, V-Leute und Agenten. Gab es überhaupt noch echte Terroristen? Das Bild verschwamm und schlierte, aber das Spiel wurde von zu vielen Spielern mit zu viel Ernst und Verbissenheit gespielt, als dass es aufzuhalten gewesen wäre. Es gab riesige Geheimbudgets und Tarnfirmen. Politiker besoffen sich an dem wenigen Geheimwissen, das die Dienste ihnen zukommen ließen, um dahinter den eigentlichen Wahnsinn zu verbergen. Sie raunten immer nur von der inneren Sicherheit und von der Last der Verantwortung, die sie mit diesen schmutzigen Geheimnissen im Namen und zum Schutz der Demokratie trugen. Denen hätte man jeden Tag die Posener Rede von Himmler vorspielen müssen, wo er von der Last schwadronierte, die die SS -Männer beim Judenvernichten trugen. So ein Scheiß. Das hatte keinem einzigen SS -Mann auf der Seele gelegen. Das halbintellektuelle Weichei Himmler hatte es vor sich selbst verbrämen müssen und sich an seiner eigenen Skrupellosigkeit dann doch aufgegeilt. Den Männern, die töteten, war es völlig egal. Sie hatten Spaß daran.
Gandalf wusste
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