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Keine wie sie (keine wie ...) (German Edition)

Keine wie sie (keine wie ...) (German Edition)

Titel: Keine wie sie (keine wie ...) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kera Jung
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Menschenrechte. Zumindest gebärdeten sie sich derart. Allen voran Nicole, die ihre miese Laune zur Schau trug, wann immer Tina in Sichtweite kam. Die wusste nicht genau, wie sie mit der Situation umgehen sollte, hielt sich mangels Alternative jedoch weiter an die drei Mädchen. Obwohl sie sich in deren Gegenwart zunehmend wie ein Alien vorkam.
    Kleider
machten
Leute, eine anständige Frisur auch. Ein ausgeklügeltes Make-up und reine Haut waren ebenfalls nicht zu verachten und eine Brille, die dem entsprechenden Gesicht stand, schon gar nicht. Von Tina unbemerkt war ihr Selbstbewusstsein stetig gestiegen. Die schlug sich derweil mit anderen Dingen herum, nicht zuletzt mit dem blöden Gips.
    Doch an jenem Morgen, als sie zum ersten Mal nicht humpelnd den Campus überquerte, fiel es endlich auch ihr auf:
    Tina war nicht mehr die Alte.
    Nicht nur ihr Äußeres unterlag momentan starken Veränderungen, auf ihren Geist traf dies ebenfalls zu.
    Die kindischen Themen der Mädchen interessierten nicht mehr. Längst gaffte Tina keinen Jungs mehr nach und wusste nichts zu den allgemeinen Hasstiraden über die Professoren beizutragen. Gegen den irren Prof muteten die alle nur als lahme Versuche an. Gern hätte Tina sich andere Gesellschaft gesucht. Doch die einzige Alternative weilte während der Pausen bei seiner Überfliegertruppe. Und so duldete sie, was sie eigentlich längst nicht mehr ertragen wollte.
    * * *
    Nicoles
, Lynns und Abigails Begrüßung fiel wie neuerdings üblich aus. Die Blicke sprachen Bände, die Sätze wurden einsilbig und die Augen kleiner. Auch jetzt noch sahen sie beim Lunch zum Elitetisch. Allerdings wurde nicht mehr gekichert. Stattdessen existierte ein äußerst erwartungsvolles Schweigen, das Tina nicht einordnen konnte. Zunehmend ratlos saß sie neben den drei grimmig, stillen Mädchen. Dabei bemühte sie sich, nicht zu Daniel hinüber zu blicken und hoffte auf das baldige Ende der Folter.
    Übrigens, nicht nur Kleider machten Leute,
Figur
auch!
    Die vierzehn Tage Diät unter Aufsicht des Profs hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. Mit Sicherheit trug auch die Abnahme des Gipses ihren Anteil daran, dass Tina beim morgendlichen Wiegen eine fröhliche 68 entgegen prangte.
    Nein, es lag nicht
nur
am fehlenden Gips. Sie bemerkte es an den locker sitzenden Jeans, ihrem schmaleren Gesicht und dem Bauch, an dem viel weniger schwabbelte. Jedenfalls wähnte sie sich auf dem richtigen Weg und das Ziel rückte ganz ohne lästige Trainingseinheiten in greifbare Nähe!
    Und genau das sah der Prof ganz anders. Pünktlich nach Vorlesungsschluss erwartete er Tina grinsend vor dem Gebäude. Deren halbherziger Versuch ihn zu übersehen, misslang auf gesamter Linie.
    „Vergiss es!“ Damit legte er ihr einen verdammt schweren Arm um die Schultern. „Versuch es wenigstens. Mir zuliebe.“
    Als sie zu ihm aufsah, blickte sie direkt hinein in ihren Untergang:
    Grüne Augen mit winzigen braunen Pünktchen.
    * * *
    Nie
zuvor war Tina in einem Fitnesscenter gewesen.
    Diesbezüglich hielt sie es wie ihr Dad. Der verabscheute diese Einrichtungen. Deren Betreiber hielt er für Halsabschneider und die gesamte Erfindung für eine dieser ekelhaften, neumodischen Wellen. Nach seiner Überzeugung würden die bereits der Vergangenheit angehören, bevor man bis drei zählen konnte.
    Mr. Hunt bevorzugte es, auf seinem Sofa den Spielen im TV beizuwohnen. Damit erklärte sich Tina verdammt einverstanden. Ihr gestörtes Verhältnis zur Körperertüchtigung lag nicht zuletzt an ihrer extremen Sehschwäche.
    Selbst mit Brille sah sie die Tennisbälle immer erst, wenn alles Racettschwingen nichts mehr half. Anfliegende Volleybälle landeten in neun von zehn Fällen auf ihrer Stirn und nicht in ihren einladend ausgebreiteten Armen. Vom Stufenbarren fiel sie ständig herunter, weil sie ihre Sehhilfe richten musste. Ähnlich sah es mit den meisten anderen sportlichen Aktivitäten aus.
    Mit Ausnahme der Leichtathletik.
    Im Alter von acht Jahren entschied Tina jedoch, Dauerlauf strikt zu meiden, weil sie lieber in Ruhe und Frieden
ging
, beziehungsweise atmete. Der Sinn, sich um Luft und Leben zu bringen, indem man stundenlang über irgendwelche Bahnen joggte, erschloss sich ihr nie. Und der Gesundheitsgehalt der Aktion blieb ihr auch immer verborgen. Jetzt in dieses Fitnesscenter genötigt zu werden, fühlte sich an, als würde sie zum Schafott geführt.
    * * *
    Zunächst hielt sich das Grauen in Grenzen, denn sie wurde vom Prof in Richtung

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