Keine wie sie (keine wie ...) (German Edition)
ergriff Carmen plötzlich das Wort.
„Wie habt ihr euch das überhaupt ab Juli gedacht?“
Daniel hob eine Augenbraue. „Soll heißen?“
„Na ja, Chris und ich haben keine Probleme. Wir bleiben beide in New York. Aber du bist in Phoenix. Das ist ziemlich weit. Besucht Tina dich dort oder kommst du hierher?“
Die wagte nicht, ihn anzusehen. Damit brachte Carmen nämlich nicht nur auf den Punkt, was sie heimlich bewegte, sondern auch, was Gott und die Welt annahm, inklusive Jane und Tina.
Dass da nämlich doch etwas zwischen ihnen lief. Und nicht nur ein bisschen, ein Techtelmechtel, irgendetwas nicht Spruchreifes, sondern etwas Wahres, viel, viel mehr, als es bei Daniel und Jane jemals existieren würde.
Als sie behutsam zu Chris schielte und dessen Grinsen sah, bestätigte dies ihre Vermutung, dass der Ähnliches glaubte.
Nur Daniel reagierte entnervt. „Und was soll
Tina
deiner Meinung nach bei mir?“ Und dann bewies er einmal mehr, was er in Wahrheit nur darstellte: einen riesigen, miesen, verdammt von sich eingenommenen, verletzenden Idioten!
„Ich weiß nicht, eigentlich müsste ich bereits einen Bart haben und das trotz täglicher Rasur.
Mit ihr läuft nichts!
“ Dass
'ihr'
direkt neben ihm saß, scherte ihn offensichtlich nicht. „Dabei wird es immer bleiben! Wann kapiert ihr das endlich? So langsam geht mir das Gewäsch verdammt auf die Nerven!“
Niemand antwortete, Carmen beschäftigte sich plötzlich intensiv mit dem Buch auf ihren Knien, Chris musterte Daniel mit erhobenen Augenbrauen und Tina senkte hastig den Blick.
Ab sofort mied sie es, jemanden anzusehen, und zwar für den Rest der Zeit, die sie in diesem verdammten Wald zubrachten. Auf Chris und Carmens Blicke verzichtete sie dankend, schien deren visuelle Botschaft doch so grauenvoll treffend:
Baby, du hast es doch gewusst! Tja, das war jetzt peinlich, aber ehrlich, was dachtest du? Auf jeden Fall sind wir jetzt alle schlauer und du Hawkins, oder?
Mit einem Mal konnte sie Daniel nicht mehr ertragen.
Seine Selbstsicherheit widerte sie an. Der Tonfall, in dem er mit ihr sprach, machte sie wahnsinnig. Selbst sein verboten attraktives Äußeres empfand Tina neuerdings als Betrug. Wie konnte jemand wie ein Engel aussehen, wenn er in Wahrheit nun einmal den grünäugigen Dämon verkörperte?
Weder wollte sie mit ihm sprechen, noch länger bei ihm sein und ihm damit weiterhin die Gelegenheit geben, sie ungeniert zu verletzen und zu verhöhnen.
Und als dieser verdammte Ausflug endlich beendet, Tina nicht länger den zunehmend fragenden Blicken der anderen ausgesetzt und sie endlich wieder zu Hause, sicher in ihrem Zimmer war, schwor sie, dem ein Ende zu bereiten.
Sie wollte sich nicht länger zum Narren machen.
18.
Egal
was Tina sich vorgenommen hatte, leicht wurde es nicht.
Immer wieder drohte sie zu straucheln, wollte ihre so guten und richtigen Vorsätze in den Wind werfen und doch klein beigeben. Mit jedem Tag, den sie ihre neue, unnahbare Linie verfolgte, wurden die Dinge schwieriger.
Nicht etwa für Daniel, der reagierte überhaupt nicht. Aber Tina litt dafür wie ein Hund!
Und als ihr baldiges Versagen im Grunde bereits feststand, trat unvorhergesehen ein Wunder ein, das sie davor bewahrte.
Ricardo.
Er war ein hübscher Latino-Junge aus der New Yorker Bronx. Selten hatte Tina einen so durchtrainierten Körper gesehen (genau genommen bisher einmal). Seine Haut war tiefbraun und die dunklen Augen wirkten fast schwarz, zeugten jedoch von ausgewählter Wärme, wenn er es wollte.
Die beiden lernten sich auf dem Campus kennen. Tunlichst hielt Tina sich vom Elitetisch fern, denn sie ging Daniel geflissentlich aus dem Weg. Was ein ziemlich dämliches Unterfangen darstellte, wenn man bedachte, dass sie zusammenwohnten.
Lieber blieb sie allein, ging allen aus dem Weg und übersah die vielen Blicke, sowohl die fragenden, als auch übrigen. Selbst ihr Make-up fiel nicht mehr sehr ausufernd aus, damit setzte sie ein Zeichen: Die Barbie war ausgeflogen. Sollte Daniel sich eine andere suchen.
Das warme Wetter hielt sich. Da niemand mit Tina sprach oder sie kein Gespräch suchte, das hielt sich die Waage, verbrachte sie die Zeiten zwischen den Vorlesungen meistens auf der Wiese des Campus.
Hier lief ihr Ric über den Weg.
Sie saß unter einem der alten, ehrwürdigen Bäume und er stolperte über ihre ausgestreckten Füße.
„Kannst du nicht aufpassen?“
Es kam von beiden gleichzeitig. Doch während Tina die Situation witzig
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