Keine Zeit für Vampire
voneinander gelöst. Mehr kann ich nicht sehen.«
»Wie bitte?«, entfuhr es mir mit einem entsetzten Schrei. »Sie meinen, dass dies alles meine Schuld ist? Weil ich durch das wirbelnde Portal gegangen bin?«
»Du bist eine Weberin«, wiederholte sie, als ob das alles erklären würde. »Du kannst Zeitportale erschaffen und wieder verschwinden lassen. Du hast ja schon berichtet, dass du durch ein Portal gereist bist, das du heraufbeschworen hast. Allerdings hast du nicht erwähnt, ob du es auch wieder verschlossen hast, damit niemand außer dir es benutzen kann.«
»Aber … aber …« Ich verstummte und sah mich Hilfe suchend nach Nikola um, dessen Gedanken plötzlich von wilden Mutmaßungen erfüllt waren, aber auch von Sorge.
»Ihr wollt damit sagen, dass außer uns noch jemand das Portal benutzt hat, durch das wir gekommen sind?«, fragte Nikola angespannt.
»Ja. Entweder ist es schon geschehen, oder es wird in der Zukunft passieren«, bestätigte Tallulah, und ihr ernster Blick lastete dabei auf mir. »Hast du das Portal verschlossen?«
»Nein! Das heißt, ich weiß es nicht. Vielleicht doch. Ich wusste bis vor Kurzem nicht einmal, dass es so etwas wie Weber gibt, geschweige denn, dass ich auch eine von ihnen bin.«
»Ich habe nur einmal ein Portal im Zauberwald gesehen, und das war, als der Dämonenlord mich verflucht hat«, berichtete Nikola und streichelte dabei meinen Handrücken. »Mir war ebenfalls unbekannt, dass solche Wesen existieren, aber es würde erklären, warum es mit dir zusammen erschien und auch wieder verschwand.«
»Hast du es geschlossen?«, fragte mich Ben, sah dabei aber seinen Vater an.
»Keine Ahnung. Wenn man etwas Spezielles tun muss, um es zu verschließen, dann wohl nicht. Als ich es zum letzten Mal sah, war es schon ziemlich verblasst. Nikola hielt es für verbraucht. Ist das dasselbe?«
»Nein«, erwiderte Tallulah. »Ein Portal ist einfach nur ein Tor, ein Zugang zu einem anderen Ort oder einer anderen Zeit. Es kann nicht aus eigener Kraft existieren, sondern bezieht seine Energie von seinem Beherrscher. Nur wenige Wesen sind dazu in der Lage – ein Dämonenlord, wie Nikola ihn erwähnte, Wächter und selbstverständlich auch Weber. Wenn du noch unerfahren darin bist, ein Portal zu kontrollieren, dann war, nachdem du es benutzt hast, höchstwahrscheinlich all seine Energie verbraucht, und es musste sich erst wieder erholen, bevor du es erneut benutzen konntest.«
»Es musste also quasi seine Batterien wieder aufladen?«, fragte ich und versuchte, mich mit der Vorstellung anzufreunden, dass ich tatsächlich Zaubertüren in der Zeit öffnen konnte.
»Wenn du es so ausdrücken möchtest. Allerdings kann es das, wie gesagt, nicht aus eigener Kraft. Du bewirkst das. Habe ich richtig verstanden, dass ihr den Verdacht hegt, dass noch jemand außer euch das Portal benutzt hat?«
Diese Frage war an Nikola adressiert, der düster erwiderte: »Ich glaube schon.«
»Hast du eine Ahnung, wer das gewesen sein könnte?«
»Ja.« Er sah mir in die Augen, und plötzlich bekam ich Angst, denn ich spürte die Verzweiflung, die von ihm Besitz ergriffen hatte. »Als wir in der Stadt waren, dachte ich, ich hätte einen meiner Brüder gesehen.«
Die Panik in mir wuchs. »Oh nein! Lieber Himmel, wenn sie zugesehen haben, wie wir das wirbelnde Portal benutzt haben – aber wie konnten sie es denn passieren, wenn es doch keinen Saft mehr hatte? Beziehungsweise ich nach der Benutzung keine Energie mehr hatte?«
»Möglicherweise hatte es noch nicht all seine Kraft aufgebraucht«, schlug Nikola vor und malte dabei mit seinen Fingern beiläufig Symbole auf die Tischplatte. »Wenn sie gesehen haben, wie wir darin verschwunden sind – oder durch unsere Abwesenheit und die Existenz des Portals ihre eigenen Schlüsse gezogen haben –, dann könnten sie es durchaus benutzt haben, während wir hier in deiner Zeit noch ohnmächtig waren.«
»Stimmt, wir waren eine Weile bewusstlos. Wir haben es nachts betreten, und als wir hier ankamen, war Nachmittag. Heiliges Essiggürkchen, Batman, deine mordlüsternen Halbbrüder laufen frei in der Gegenwart herum und stellen weiß Gott was für schlimme Dinge an. Was, wenn sie dich noch immer umbringen wollen?«
»Oder dich«, bemerkte er und zog mich näher an sich. »Denn das haben sie offenbar in der anderen Vergangenheit getan.«
Ich sah ihn an und war vor Entsetzen sprachlos.
Was hatte ich da bloß angerichtet?
13
Die unglaublichen Abenteuer der
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