Keine Zeit für Vampire
interpretieren. Als wir letzte Woche in Wien waren, haben wir andere Auserwählte getroffen und die meinten, es hinge stark von dem betroffenen Paar ab. Es könnte zum Beispiel so etwas Simples bedeuten, wie, dass man seinen Job, seine Familie und sein altes Leben aufgibt, um mit seinem Vampir zusammen zu sein. Es geht allerdings auch eine Nummer größer.«
»Wie groß genau?« Es macht mir nichts aus, meinen Job aufzugeben, denn momentan habe ich keinen. Auch nähere Angehörige gibt es nicht, somit wäre auch das kein Problem.
»Also … eine Auserwählte warf sich vor ihren Vampir, als jemand versuchte, ihn zu pfählen, und wurde an seiner Stelle erstochen. Einer anderen wurde die Kehle durchgeschnitten, aber das waren besondere Umstände, denn soweit ich weiß, wurde sie verwandelt und hat ihre Seele verloren. Sie hat sie dann aber wieder zurückbekommen. So fand das Ganze wenigstens ein einigermaßen gutes Ende.«
»Oh Gott«, hauchte ich und krallte mich an Nikolas Arm fest. »Tut mir leid, das klingt jetzt bestimmt egoistisch und gleichgültig, aber ich habe wirklich keine Lust, erstochen zu werden oder die Kehle durchgeschnitten zu bekommen. Oder sogar meine Seele zu verlieren!«
»Woher weißt du das alles?«, fragte Nikola Ben. Er hatte sich die ganze Zeit – wie sollte es auch anders sein – Notizen gemacht. »Von mir hast du das nicht gelernt.«
»Nein. Tatsächlich …« Ben räusperte sich. »… habe ich mir dieses Wissen angeeignet, nachdem du dich von uns abgewandt hast. Ich habe den Mährischen Rat um Hilfe gebeten, und sie haben mir weitaus mehr Informationen zugänglich gemacht, als du es jemals getan hast. Ich dachte zuerst, du hättest uns dieses Wissen absichtlich vorenthalten, um uns zu schaden, doch nach all dem, was ich nun über deine Vergangenheit erfahren habe, bin ich bereit zu glauben, dass das nicht in deiner Absicht lag.«
»Ich habe weder von dieser Sache mit den Auserwählten gehört, noch habe ich gewusst, dass man die Vereinigung braucht, um eine zu erschaffen.« Er sah mich an. »Io, im Nachhinein glaube ich, ich hätte die Mährische Gesellschaft viel früher kontaktieren sollen. Die Tatsache, dass sie Dinge wussten, die ich selbst noch nicht herausgefunden hatte, hätte mich nicht davon abhalten dürfen. Ich habe aus falschem Stolz gehandelt.«
»Du hast getan, was du für richtig hieltest«, tröstete ich ihn und gab ihm schnell einen Kuss. »Nachdem der Dämonenlord dich verwandelt hatte, gab es ja niemanden, der dir beigebracht hätte, wie man ein Vampir ist. Woher hättest du denn all diese Regeln kennen sollen?«
»Ich hätte mich mit ihnen in Verbindung setzen sollen«, wiederholte er. »Ich finde zwar lieber alles selbst heraus, aber in dieser Situation hätte ich eine Ausnahme machen sollen. Doch es ist müßig, jetzt damit zu hadern. Diese Auserwählte, von der du erzählt hast. Sie ist im Besitz ihrer Seele, oder?«
»Ja«, antwortete Fran und lächelte Ben dabei zu. »Ich muss schon sagen, ich finde es irgendwie romantisch, dass dein Vater zuerst in die Zukunft reisen musste, um seine wahre Liebe zu finden.«
»Oh, nein, wir sind nicht verliebt«, widersprach ich hastig und fand es etwas peinlich, dass uns offenbar alle für ein romantisches Pärchen hielten. »Also, ich mag Nikola schon sehr gern, es ist schön, mit ihm zusammen zu sein, und es würde mir auch nichts ausmachen, sehr lang mit ihm zusammenzubleiben, denn er ist einfach ein unglaublich faszinierender Mann, aber verliebt sind wir nicht. Wir … mögen uns einfach. So ist es doch, Nikola, nicht wahr?«
»Ich werde unverzüglich einen Brief an den Rat abfassen und verlangen, dass sie mir all das Wissen übermitteln, das sie auch meinem Sohn zur Verfügung gestellt haben«, murmelte Nikola vor sich hin und machte sich dabei weitere Notizen.
»Seht ihr?«, sagte ich und wies dabei auf Nikola.
Jetzt wandte sich Fran an ihren Ehemann: »Du hast mir doch erzählt, dass alle Vampire total vernarrt in ihre Auserwählten wären.«
»Ja, aber …«
»Und riecht Io nicht wie eine Auserwählte?«
Ich straffte mich. »Entschuldige mal!«
»Das würde aber bedeuten, dass er sie liebt«, folgerte Fran und zeigte dabei auf mich. »Warum hält sich dein Vater nicht an die Regeln?«
»Er war schon immer ein wenig … eigen«, meinte Ben entschuldigend.
»Hey! Dein Vater ist so in Ordnung, wie er ist. Er interessiert sich einfach nur für viele Dinge und ist sehr wissbegierig. Nikola, erklär deinem
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